Performanz und Performativität in der Kunst der Frühen Neuzeit
Studientag am Kunsthistorischen Institut der Universität Bern, 14. Juni 2013
Die Begriffe „Performanz“ und „Performativität“ erfahren seit den 1990er Jahren als Analysekategorie kultureller und sozialer Phänomene eine geradezu inflationäre Verwendung in den Geisteswissenschaften. Während Philosophie, Linguistik und Soziologie, ausgehend von Austins
Sprechakttheorie, insbesondere die Frage nach den Gelingensbedingungen sprachlicher Handlungen stellen, beschäftigen sich die kultur- und
medienwissenschaftlich orientierten Disziplinen mit der Prozesshaftigkeit und Wirklichkeit konstituierenden Funktion körperbezogener Handlungen, Aufführungen und Inszenierungen.
Die Kunstgeschichte hat in diesem Kontext in erster Linie die Performance-Kunst ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts fokussiert sowie die Inszenierungsstrategien der sogenannten Neuen Medien im Hinblick auf die Generierung und Speicherung von Wissen untersucht. Die methodischen Zugriffe für die Untersuchung der Wirkmächtigkeit und des handlungsstiftenden Potentials frühneuzeitlicher Kunst erfordern
dagegen angesichts der aktuellen bildtheoretischen Konzepte von Bildakt bzw. Blickakt eine dezidiert gegenstandsbezogene Spezifizierung und
Differenzierung. Darüber hinaus bleibt die Vielschichtigkeit der inszenatorischen Strategien von Objekten angewandter Kunst, die vor allem in zeremoniellen und rituellen Handlungen eine bisher kaum untersuchte performative Valenz besassen, ein Forschungsdesiderat des Faches. Eine gezielte Fokussierung der konkreten historischen Aufführungssituation könnte gerade in diesem Zusammenhang die einzelnen Kunstwerke aus ihrer kanonisch-gattungshierarchischen Einordnung lösen
und deren Verständnis als konstitutive Teile einer komplexen Handlungseinheit von Objekt, Körper und Raum, insbesondere in der Frühen Neuzeit, fördern.
Der Studientag möchte Nachwuchswissenschaftlerinnen und
Nachwuchswissenschaftlern die Möglichkeit bieten, aktuelle Forschungsprojekte zu diskutieren, in welchen auf methodischer Ebene eine performative Perspektive für die Interpretation von Kunstwerken
der Frühen Neuzeit fruchtbar gemacht wird.
VERANSTALTUNGSORT
PROGR Kleine Bühne, PROGR 163
Waisenhausplatz 30, 3011 Bern
PROGRAMM
9.00-9.30 Ariane Koller, Claudia Lehmann: Einführung
PERFORMANZ UND BETRACHTER
9.30-10.15 Christiane Hille, München: ‚Dies ist Wirklichkeit, alles andere Malerei‘: Performanz als Modus des Portraits
10.15- 11.00 Helen Boessenecker, Bonn: Verlebendigung der Statue und Affekterregung beim Betrachter: Zur Performativität römischer Altarskulptur im Seicento am Beispiel zweier Werke des Bildhauers Melchiorre Cafà
11.00-11.30 Pause
PERFORMANZ UND RAUM
11.30-12.15 Felix Vogel, Zürich: Performanz der Echtheit. Inszenierung von Körper und Raum im Hameau de la Reine
12.15-13.00 Katharina Bedenbender, Venedig: Bewegte Bilder: Die „Quadri Laterali“ im Treppenhaus der Scuola Grande di San Rocco
13.00-14.30 Mittagspause
PERFORMANZ UND KOLLEKTIV
14.30-15.15 Kirsten Lee Bierbaum, Köln: Sehen und gesehen werden – Kollektiv und Performanz in der Ausstattung des Rosenkranzoratoriums von Santa Zita in Palermo
15.15-16.00 Berthold Hub, Wien: Semana Santa: Skulpturen in bewegender Bewegung
16.00-16.30 Pause
16.30-17.15 Anna Pawlak, Köln: Mortuus et sepultus. Der Tod als synästhetische Grenzerfahrung in Juan de Valdés Leals „Hieroglyphen unserer letzten Tage“ für das Hospital de la Caridad in Sevilla
18.00 Abschlussdiskussion
Konzeption und Organisation: Ariane Koller & Claudia Lehmann, Bern
Kontakt: ariane.kollerikg.unibe.ch, claudia.lehmannikg.unibe.ch
Quellennachweis:
CONF: Performanz und Performativität in Kunst der Frühen Neuzeit (Bern, 14 Jun 13). In: ArtHist.net, 17.05.2013. Letzter Zugriff 18.04.2025. <https://arthist.net/archive/5378>.