TOC Apr 5, 2013

kritische berichte 1.2013: Menschenbilder in der Populärkultur

Joseph Imorde

kritische berichte 1.2013

Zeitschrift für Kunst- und Kulturwissenschaft Mitteilungsorgan des Ulmer Vereins – Verband für Kunst- und Kulturwissenschaften e.V.

Jahrgang 41

Menschenbilder in der Populärkultur.
Kunst-, Bild-, Medienwissenschaften

Jens Eder, Joseph Imorde, Stefan Zahlmann
Menschenbilder in der Populärkultur.
Kunst-, Bild-, Medienwissenschaften. Editorial 3

Marcus Stiglegger
Körper/Panzer.
Faschistische Männerkörper in der populären Kultur 5

Roman Mauer
Mensch / Bild / Teilung.
Split-Screen als Ästhetik der Dissoziation 25

Gabriele Weyand
Ressourcen- und kontextorientierte Menschenbilder.
Prolegomena bei der Figurenanalyse 37

Anna Grebe / Beate Ochsner
Vom Supercrip zum Superhuman, oder:
Figurationen der Überwindung 47

Maike Brochhaus
Menschenbilder in den Diskursen zum Pornografischen 61

Jörg Scheller
Menschenbilderrahmen.
Heavy Metal und Kulturkritik. Ein Duett 69

Felix Schröter
Systemkonflikt.
Menschenbilder im Computerspiel 75

Daniel Hornuff
«Accessoire auf Taillenhöhe».
Warum plötzlich alle schwanger gehen 83

Robert Feustel
Vom «homo sapiens cyberneticus».
Das Bild des Menschen im Kontext der psychedelischen Revolution 95

Gesine Krüger
Affentheater – Wer sind wir? 109

Anne Röhl
«Bad Art for Bad People». Anthropologie nach Jake und Dinos Chapman 117

Eva Wruck
Hybride Selbstmodellierung in Matthew Barneys The Cremaster Cycle (1994–2002) 127

Menschenbilder in der Populärkultur.
Kunst-, Bild-, Medienwissenschaften.
Editorial

Jens Eder, Joseph Imorde, Stefan Zahlmann

Menschenbilder sind vertrackte Konstrukte. Sie bringen Gewohnheiten, Ideale und Affekte zum Ausdruck, Abstraktes zur Anschauung, erfüllen vielfältigste Funktionen in unterschiedlichsten Kontexten. Menschenbilder sind – wenn man so will – Akteure in religiösen und politischen Debatten, liegen ethischen und juristischen Regelwerken zu Grunde, spielen Hauptrollen in der persönlichen und kollektiven Auseinandersetzung mit Geschichte und Gegenwart, Wirklichkeit und Möglichkeit. In ihrer materiellen und medialen Konkretion legen sie konträre Ansichten und Träume über die Natur, das Wesen oder den Status ‹des› Menschen offen und verweisen zugleich auf sich wandelnde Dispositive ‹seiner› Darstellbarkeit – auf Praktiken, Instrumente, Ideologien und Ökonomien der Präsentation.
Die in ihnen gebundenen Bestimmungen menschlichen Seins und Sollens haben dabei je eigene Kulturalität und Historizität: Vorstellungen vom Menschen entstehen und vergehen, sie unterliegen dem geschichtlichen Wandel. Sie werden tradiert, zitiert, persifliert, haben ein Nachleben oder fallen dem Vergessen anheim. Gerade in der Populärkultur erscheinen Menschenbilder als volatil, sie verbreiten sich epidemisch und treten modisch auf, ohne ihre politische und ökonomische Wirksamkeit einzubüßen. Die globale Reichweite digitaler Netzmedien beschleunigt die Zirkulation und Konfrontation der Bilder vom Menschen, erweitert ihre Pluralität ins Unüberschaubare. Die Bilder vom Menschen, mit denen wir leben und uns erleben, auf deren Grundlage wir handeln, deren Erreichen oder Überwinden wir anstreben, sind dabei stets Produkte kultureller Setzungen und «ihrer Übersetzungen in diskursive und mediale Repräsentationen».1
Diese Repräsentationen innerhalb der Populärkultur zu untersuchen, hat sich die vorliegende Ausgabe der kritischen berichte in einem bewusst offenen und interdisziplinären Vorgehen zum Ziel gesetzt. Das Heft versammelt ausgewählte Beiträge zweier Tagungen, die 2012 an den Universitäten Wien und Siegen stattgefunden haben. Ein wesentliches Ziel der Tagungen bestand darin, die Grundlagen eines interdisziplinären Forschungsverbundes zum Thema «Menschenbilder in der Populärkultur» weiter zu festigen, der bereits einige Jahre zuvor initiiert worden war.2 Die Texte dokumentieren die Weite des untersuchten Gebiets, verdeutlichen aber auch, wie sehr die Welt und ihr Begreifen durch den Einsatz von «Menschenbildern» bestimmt wird. Ohne einen holistischen Abbildungsanspruch zu vertreten, soll diese Weite gerade nicht die Breite denkbarer Themen abstecken, sondern vielmehr als Impuls die wissenschaftliche und interdisziplinäre Vielfalt und Produktivität einer Auseinandersetzung mit Menschenbildern dokumentieren.
Das Heft gliedert sich grob und mit durchlässigen Grenzen in drei disziplinäre Schwerpunkte. Es beginnt mit medienwissenschaftlichen Überlegungen (Stiglegger, Mauer, Weyand, Grebe / Ochsner) und führt über – im weitesten Sinne – bildwissenschaftliche Beiträge (Brochhaus, Scheller, Schröter, Hornuff) hin zu kultur- und kunsthistorischen Untersuchungen (Feustel, Krüger, Röhl, Wruck). Das Ziel ist es, ein medienanthropologisches Forschungsfeld zu konturieren, das enge Bezüge zu Diskursanalyse und Ideologiekritik aufweist und zugleich Wert auf die präzise Auseinandersetzung mit konkreten Texten und Phänomenen in ihrer jeweiligen Materialität, Medialität und historischen und kulturellen Situiertheit legt.

Anmerkungen
1 Keck, Annette u. Nicolas Pethes, «Das Bild des Menschen in den Medien. Einleitende Bemerkungen zu einer Medienanthropologie». In: Keck / Pethes: Mediale Anatomien, S. 9–32, hier S. 10.
2 Die Programmatik dieses Forschungsverbundes wird skizziert in der Einleitung zum Sammelband Medialität und Menschenbild,hg. v. Jens Eder, Joseph Imorde u. Maike Sarah Reinerth, Berlin / Boston 2013 (Reihe Medienkonvergenz, Bd. 4). Eine regelmäßig aktualisierte Übersicht zur Forschung in diesem Bereich bietet die Website Menschenbilder in Medien, Künsten und Wissenschaften (www.menschenbild. org), insbesondere auch die dortige Sammlung von Links.

Reference:
TOC: kritische berichte 1.2013: Menschenbilder in der Populärkultur. In: ArtHist.net, Apr 5, 2013 (accessed Jan 14, 2025), <https://arthist.net/archive/5024>.

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