CFP 03.01.2023

Bauhaus and National Socialism (Weimar, 24-26 May 23)

Klassik Stiftung Weimar, 24.–26.05.2023
Eingabeschluss : 18.02.2022

Anke Blümm, Bauhaus-Museum, Klassik Stiftung Weimar

Fachkolloquium „Bauhaus und Nationalsozialismus“. Organisation: Bauhaus-Museum, Klassik Stiftung Weimar; Universität Erfurt

[For English, please see below]

Bauhaus und Nationalsozialismus galten bis weit nach dem Zweiten Weltkrieg als unvereinbare Gegensätze. Beeinflusst durch die Nachkriegsrezeption, die die vermeintlich „gute“ und verfolgte Moderne gegen das verbrecherische System absetzte, konnte sich lange Zeit die Illusion halten, dass das Bauhaus und alle seine Angehörigen per se vor jeglicher NS-Ideologie gefeit gewesen seien. Eine differenzierte Aufarbeitung setzte erst ab den 1990er Jahren ein, als im Zuge einer wissenschaftlichen Tagung eine erste, biografisch übergreifende und an ausgewählten Themen orientierte Analyse publiziert wurde (Winfried Nerdinger (Hg.): Bauhaus-Moderne im Nationalsozialismus, München 1993). Heute, knapp 30 Jahre danach, sind zwar weitere Einzeluntersuchungen erschienen und neue Quellen erschlossen worden, doch eine umfassende Ausstellung ist bisher ebenso Desiderat geblieben wie eine systematische Aufarbeitung des Themas – obwohl die Mehrheit der Bauhaus-Mitglieder nach 1933 in Deutschland blieb und nicht dem Opferstatus zugerechnet werden kann.

Daher soll das Thema in einem Fachkolloquium neu aufgegriffen und beleuchtet werden, das auf eine gleichnamige Ausstellung „Bauhaus und Nationalsozialismus“ hinführt, die im Mai 2024 in Weimar eröffnet wird. Um ein möglichst vielschichtiges Bild zu erhalten, setzt der Untersuchungszeitraum des Kolloquiums nicht erst 1933, sondern bereits 1919 ein, um die internen Kontroversen am frühen Bauhaus ebenso zu beleuchten wie die politischen Hintergründe der Vertreibung bzw. Schließung der Institutionen in Weimar (1925), Dessau (1932) und Berlin (1933). Ebenso endete an den drei Orten die Auseinandersetzung mit der Schule und ihren sichtbaren Zeugnissen nicht nach 1933, wenn man z.B. an die ideologische Volte der Nachnutzung des Bauhaus-Gebäudes in Dessau durch NS-Institutionen denkt.

Die Analyse der differenten Lebenswege in der Diktatur stellt einen zentralen Kern des Projekts dar: Etliche Bauhäusler:innen erhielten Aufträge im Ausstellungs- und Grafikdesign, sie waren tätig im Industriedesign und Kunsthandwerk, arbeiteten als Architekten oder lehrten an Kunstschulen. Das bedeutet im Gegenzug, dass sie als Künstlerinnen und Künstler in der Reichskulturkammer angemeldet sein mussten, um ihren Beruf ausüben zu können. Darüber hinaus wurden einige Mitglieder der NSDAP.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Institutionen- und Sammlungsgeschichte. Denn die Stadt Weimar und das Land Thüringen spielten in Bezug auf die nationalsozialistische Kulturpolitik eine unrühmliche Vorreiterrolle: Bereits 1930 wurden hier nach Installation der aus einer nationalsozialistischen Mehrheit bestehenden Landesregierung moderne Kunstwerke von Paul Klee, Wassily Kandinsky, László Moholy-Nagy und weiteren aus dem Schlossmuseum der Öffentlichkeit entzogen; im selben Jahr wurde die Wandmalerei von Oskar Schlemmer im Weimarer Hochschulgebäude zerstört. 1937 folgte die inzwischen berüchtigte reichsweite Beschlagnahme-Aktion „Entartete Kunst“. Über 450 Werke wurden aus den Weimarer Sammlungen konfisziert. Die gleichnamige Wanderausstellung „Entartete Kunst“ war 1939 im damaligen Landesmuseum in Weimar zu sehen, wo Werke von Klee, Kandinsky, Moholy-Nagy, Herbert Bayer und weiteren diffamierend ausgestellt wurden. In diese Zeit fällt ebenso die Zerstörung des Märzgefallenen-Denkmals von Walter Gropius auf dem Historischen Friedhof in Weimar. Aber auch hier wäre es verkehrt, von einfachen Dichotomien auszugehen: Auch Bauhäusler, deren Werke als „entartet“ entzogen wurde, beteiligten sich aktiv an repräsentativen NS-Ausstellungen, wie z.B. Hans Haffenrichter, oder traten der NSDAP bei, wie z.B. Hans Groß.

Gewünscht werden daher Einreichungen und neue Forschungsergebnisse zu den genannten Schwerpunkten und Themen, oder darüber hinaus zu folgenden Themenkomplexen:

- Politische und ästhetische Konflikte am Bauhaus 1919-1933 in Weimar, Dessau und Berlin
- Anfeindungen von außen: Gegnerschaft(en) des Bauhauses in Weimar, Dessau und Berlin
- Neue biografie- und werkgeschichtliche Erkenntnisse zu Bauhaus-Studierenden und -Lehrenden zwischen 1933-1945 in Deutschland oder von Deutschland besetzen Ländern oder thematische Untersuchungen zu ihren Tätigkeiten in bestimmten Gattungen wie Kunsthandwerk, Industriedesign, Film, Grafikdesign, Fotografie und Architektur und weitere
- Neue Erkenntnisse zu als „entartet“ beschlagnahmten Kunstwerken von Bauhaus-Künstler/innen
- Ausstellungsbeteiligungen von ehemaligen Bauhaus-Studierenden und -Lehrenden im NS-Kunstbetrieb
- NS Kulturpolitik und ihre Auswirkungen auf ehemalige Bauhaus-Angehörige

Nicht im Fokus des Fachkolloquiums stehen allgemeinere Beiträge zum Verhältnis zwischen Nationalsozialismus und Moderne. Aus den Vorschlägen sollte der Bauhaus-Bezug deutlich hervorgehen.

Organisatorische Hinweise: Fahrt- und Übernachtungskosten können (ggf. anteilig) übernommen werden. Eine Publikation der Beiträge des Fachkolloquiums ist geplant.

Verantwortlich:
Dr. Anke Blümm (Klassik Stiftung Weimar)
Prof. Dr. Elizabeth Otto (University at Buffalo)
Prof. Dr. Patrick Rössler (Universität Erfurt)

Bitte schicken Sie den Titel des vorgeschlagenen Beitrags (Dauer 20 Minuten) und eine Zusammenfassung von maximal 2.000 Zeichen und Kurzvita (max. 1.000 Zeichen) bis zum 18.2.2023 an:
Dr. Anke Blümm: anke.bluemmklassik-stiftung.de

––

Call for Proposals: Conference, “Bauhaus and National Socialism”

The terms Bauhaus and National Socialism have most often been seen as irreconcilable opposites since the conclusion of the Second World War. Scholarly and popular reception almost uniformly positioned Bauhaus modernism and its makers as on the right side of history—as living and working in exile in the United States and elsewhere, or, if they remained in Germany, as persecuted victims of the criminal Nazi government and its agents. Correspondingly, Nazi aesthetics have been almost unvaryingly interpreted as hopelessly nostalgic, aesthetically backward, and unfailingly anti-modernist. However, despite the prevalence of these views, historical facts tell a different story. The majority of Bauhaus members—Bauhäusler, as they called themselves, whether masters or students—remained in Germany after 1933, and only a few of them can be counted as victims of the regime. Most continued working in a wide range of cultural, practical, and even ideological spheres of Nazi Germany, where their applications of Bauhausian aesthetics were tolerated and at times even welcomed.

It was only in the 1990s that a group of scholars first undertook an initial investigation of this history with a major conference and a resulting edited volume, Bauhaus-Moderne im Nationalsozialismus (Nerdinger ed., 1993). In the thirty years since that time, while numerous new sources have come to light and several significant individual analyses have appeared in print, a comprehensive and systematic reappraisal of this important subject has yet to be undertaken.

This scholarly conference thus takes up the task of examining the confluence of “Bauhaus and National Socialism” anew, and it will contribute to an exhibition of the same name set to open in Weimar’s Bauhaus Museum in May 2024. In order to examine this theme in its full complexity, the period of investigations begins not with the National Socialists’ assumption of power in 1933, but in 1919, the founding year of both the Bauhaus and Germany’s first democracy, the Weimar Republic. From its inception, the Bauhaus was the scene of polarized political discussions, which, along with the history of the school’s politically motivated expulsion from all three of its institutional homes—first Weimar (1925), then Dessau (1932), and finally Berlin (1933)—proved an essential prelude to what followed. With the National Socialists’ assumption of power in 1933, debates about the school and its former premises did not end in any of these three locations, evidenced perhaps most vividly in the ideological about face in usage of the Dessau Bauhaus building, which served as home to several Nazi institutions.

The analysis of the divergent life paths of various Bauhaus members after 1933 is another key focus of this project. A number of Bauhäusler participated in exhibitions or received commissions for graphic-design projects. Others were active in industrial design and craft professions; they worked as architects or taught at art schools. This meant, in turn, that they had to be registered as artists in the Reich Chamber of Culture in order to be able to work at all. A significant number of Bauhäusler became members of the NSDAP.

A further major research area draws on the most recent institutional-historical studies on the collection in Weimar, particularly as it was impacted by the Nazi concept of “Degenerate Art,” which resulted in the deaccessioning of works now proudly displayed as modernist masterpieces in museum collections outside of Germany. Weimar played an inglorious pioneering role with regard to National-Socialist cultural policy. As early as 1930, with the election of a National-Socialist majority state government, museum curators were ordered to remove modern art works by Paul Klee, Wassily Kandinsky, László Moholy-Nagy, and other prominent Bauhaus masters from view; meanwhile, Oskar Schlemmer’s famed mural in the Bauhaus building was destroyed this same year. In 1937, these directives culminated in the "Degenerate Art" confiscation action, during which four-hundred-fifty works were removed from the Weimar collections. In 1939, the Nazi blockbuster exhibition of the same name was held in Weimar’s Landesmuseum, with works by numerous Bauhaus members—including Klee, Kandinsky, Moholy-Nagy, and Herbert Bayer—prominently displayed in a defaming manner. The destruction of Walter Gropius’s Monument to the March Dead in Weimar’s Historical Cemetery also occurred during this period. But here, too, it would be wrong to assume simple dichotomies: Bauhäusler whose works were withdrawn as "degenerate" also actively participated in prominent state-sponsored exhibitions, such as Hans Haffenrichter, or joined the Nazi party, such as Hans Groß.

We invite submissions and new research on these focal points, as well as on the following topics:

- Political and aesthetic conflicts at the Bauhaus 1919-1933 in Weimar, Dessau, and/or Berlin
- Politicized external conflicts with the Bauhaus in Weimar, Dessau and/or Berlin
- New research on the lives and works of Bauhaus students and teachers who did not emigrate between 1933-1945 (or who emigrated to countries later annexed or conquered by the Nazi regime) or scholarly analyses of their activities in specific media including but not limited to fine art, industrial design, film, graphic design, weaving, photography, and architecture
- New findings on works of art by Bauhaus artists confiscated as “degenerate”
- Exhibition participation by Bauhaus students and teachers in the Nazi art establishment
- Nazi cultural policy and its effects on former Bauhaus members

Please note that the conference will not include contributions on the more general aspects of the relationship between National Socialism and Modernism. Proposals should clearly relate to the Bauhaus and its members.

Organizational Information: Invited participants will receive lodging and a modest honorarium to help offset travel costs. A publication of the conference proceedings is planned.

Organized by:
Dr. Anke Blümm (Klassik Stiftung Weimar)
Prof. Dr. Elizabeth Otto (Buffalo University)
Prof. Dr. Patrick Rössler (Universität Erfurt)

Please submit the title of the proposed twenty-minute paper, a summary of the topic (max. 2,000 characters), and short CV (max. 1,000 characters) by February 18, 2023 to:
Dr. Anke Blümm: Anke.Bluemmklassik-stiftung.de

We encourage international submissions from scholars outside of Germany.

Quellennachweis:
CFP: Bauhaus and National Socialism (Weimar, 24-26 May 23). In: ArtHist.net, 03.01.2023. Letzter Zugriff 27.04.2024. <https://arthist.net/archive/38208>.

^