CONF 16.09.2022

Die Stunde der Heimatmaler (Bamberg, 21-22 Oct 22)

Markusstraße 8 a, MG 1, 96047 Bamberg, 21.–22.10.2022

Prof. Dtr. Wolfgang Brassat, IADK

Die Stunde der Heimatmaler. Fritz Bayerlein, die „Gottbegnadeten“ und die NS-Kulturpolitik.
Tagung des Lehrstuhls für Kunstgeschichte, insbes. Neuere und Neueste Kunstgeschichte, der Otto-Friedrich-Universität in Kooperation mit der Stadt Bamberg.

Am 22. Juli 2020 beschloss der Bamberger Stadtrat auf Antrag der Fraktionen Grünes Bamberg, SPD, ÖDP und Volt vier großformatige Gemälde mit Ansichten der Stadt von dem Maler Fritz Bayerlein (1872-1955) aus dem Ratssaal und dem Trauungssaal des Bamberger Rathauses zu entfernen. Dieser Entschluss und seine Ausführung provozierten eine anhaltende Kritik, die vor allem in einer nicht enden wollenden Reihe von Leserbriefen im Fränkischen Tag bekundet wurde. Bayerleins Werk wird von vielen Bambergern immer noch als fester Bestandteil der kulturellen Identität der Stadt angesehen, obwohl bereits zu Beginn der 1990er Jahre Kritisches zur Biografie des Malers vorgebracht und die Forderung erhoben wurde, seine Gemälde im Rathaus abzuhängen. Bayerlein war ein Nazi der ersten Stunde, erfreute sich in der Zeit des „Dritten Reichs“ zahlreicher Aufträge und stattlicher Einkünfte und war auf der zwischen 1937 und 1944 alljährlich stattfindenden Großen Deutschen Kunstausstellung im Haus der Deutschen Kunst mit zahlreichen Werken vertreten. Seine nun aus dem Rathaus entfernten vier Ansichten Bambergs, darunter die beiden in den späten 30er Jahren, in der Regierungszeit des berüchtigten Oberbürgermeisters und NSDAP-Kreisleiters Lorenz Zahneisen für den Ratssaal gemalten Bilder, vergegenwärtigen keinerlei Zeugnisse der Moderne, wie z. B. Pkws oder Industriearchitektur. Das Gemälde mit dem Titel Arbeit, Heimat, Familienglück und Fruchtbarkeit, das 1944 von der Stadt für 10.000 Reichsmark erworben und im Trauungssaal aufgehängt wurde, zeigt am rechten Rand die Staffagefiguren einer stillenden Mutter und eines seine Sense schärfenden Vaters. Gemäß den Beschlüssen des Stadtrates und des Kultursenats der Stadt Bamberg sollen Bayerleins Werk und sein Bezug zur nationalsozialistischen Kulturpolitik wissenschaftlich aufgearbeitet werden.

Die diesem Ziel verpflichtete Tagung Die Stunde der Heimatmaler. Fritz Bayerlein, die „Gottbegnadeten“ und die NS-Kunstpolitik findet am 21./22. Oktober 2022 in Bamberg statt. Die Veranstaltung soll Bayerlein als Akteur der NS-Diktatur profilieren. Unter welchen Vorzeichen wurde eine abbildliche, handwerklich gediegene, heroisches Soldatentum und gemüthafte Bodenständigkeit feiernde ‚Kunst‘ verordnet? Wie konnte ein Landschaftsmaler wie Bayerlein zu einer überregionalen Größe, von Hitler zum Professor ernannt und in die Liste der „Gottbegnadeten“ aufgenommen werden?

Eine ausführlichere Version des Tagungskonzeptes finden Sie unter: https://www.uni-bamberg.de/kunstgesch2/

Es wird keine Teilnahmegebühr erhoben.

Bitte melden Sie sich an per Mail an:
silke.zwikirschuni-bamberg.de (Sekretärin des Lehrstuhls für Kunstgeschichte, insbes. Neuere u. Neueste KG).

TAGUNGSPROGRAMM

21.OKTOBER 2022
14.00 Uhr Begrüßung durch die Stadt Bamberg und die Otto-Friedrich-Universität

14.20 Uhr Wolfgang Brassat (Bamberg): Die Stunde der Heimatmaler. Zu Anlass und Konzept der Tagung
15.00 Uhr Olaf Peters (Halle): „Politische Führung“ und das „Wirken der Kunst“. Prämissen und Konsequenzen der Kunstpolitik des Dritten Reichs
15.40 Uhr Christoph Zuschlag (Bonn): Die Verfemung der Avantgarde

16.20 Uhr Kaffeepause

16.50 Uhr Birgit Schwarz (Wien): Die Münchener Malerschule als Leitbild der Kulturpolitik Hitlers
17.30 Uhr Paula Schwerdtfeger (Hannover): Die Große Deutsche Kunstausstellung
18.10 Uhr Andreas Dornheim (Bamberg): Von „schmierigen Ostjuden“ und antimoderner Besessenheit. Zur Biographie, Mentalität und zu den sozialen Netzwerken Fritz Bayerleins

18.50 Uhr Pause

19.15 Uhr Abendvortrag: Norbert Frei (Jena): Brüche und Kontinuitäten. Vom Umgang mit der NS-Vergangenheit in der Bundesrepublik

22. OKTOBER 2022
9.00 Uhr Wolfgang Brassat (Bamberg): Das Werk von Fritz Bayerlein
9.30 Uhr Felix Steffan (Nürnberg): Hermann Gradl: Akademische Landschaften für den "Führer"
10.00 Uhr Andreas Schroyen (Düsseldorf): Arthur Kampf, Historienmaler des Wilhelminismus und des Dritten Reichs
10.30 Uhr Birgit Dalbajewa (Dresden): Zum Werk von Willy Kriegel

11.00 Uhr Kaffeepause

11.30 Uhr Nikola Doll (Bern): Werner Peiner: „Deutsche Erde“. Landschaftsmalerei und Identitätsstiftung im NS
12.00 Uhr Anke Gröner (München): Carl Theodor Protzen, Maler der Reichsautobahn
12.30 Uhr Wolfgang Brauneis (Köln): Künstler des NS nach 1945

13.00 Uhr Pause mit Mittagsimbiss

14.00 Uhr Christian Fuhrmeister (München): Zum Umgang mit der NS-Kunst
14.30 Uhr Podiumsdiskussion zum Thema „Wie geht man um mit Nazi-Kunst?“ mit Dorothea Schöne (Berlin, Kunsthaus Dahlem) und Kristin Knebel (Museen der Stadt Bamberg)

15.30 Uhr Ende der Tagung

Quellennachweis:
CONF: Die Stunde der Heimatmaler (Bamberg, 21-22 Oct 22). In: ArtHist.net, 16.09.2022. Letzter Zugriff 29.03.2024. <https://arthist.net/archive/37378>.

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