CONF 14.04.2022

Kunst in der Kommune (Gelsenkirchen, 22-24 Jun 22)

Gelsenkirchen, 22.–24.06.2022
Anmeldeschluss: 15.06.2022

Annika Becker

Interdisziplinäre Tagung: Kunst in der Kommune – Über die Gleichzeitigkeit von Innovation und Kontinuität der Kunstpolitik nach 1945

Im Nachkriegsdeutschland stellte sich kommunale Kulturpolitik als eines der wenigen kaum reglementierten oder vorstrukturierten Politikfelder dar, kulturelle Förderung mutete als weitestgehend freiwillig an. Das Begriffspaar Kunst und Politik schien zugleich fast unzertrennlich mit Demokratisierung und Re-Education einerseits sowie Sozialismus und antifaschistischer Erziehung andererseits verbunden zu sein.
Die Kommune kann – noch vor den Einflüssen der Institutionskritik – als der wesentliche Bereich verstanden werden, in dem die Kunst den Menschen unmittelbar gegenübertritt. Die Kunst wurde dementsprechend im Westen Deutschlands zu einem vermeintlichen Demokratisierungsparameter und die Kommune zum Ermöglichungsraum für unterschiedliche Kunstimpulse und -erzählungen. Allerdings war ihre Rolle ambivalent, da Räume für Kunst geschaffen und gleichzeitig verhindert wurden. Dieses Spannungsfeld zeigt sich beispielhaft an zwei konträren Entscheidungen der Stadt Gelsenkirchen:
Einerseits beriet im Oktober 1957 eine Jury über die künstlerischen Arbeiten, welche im und am Bau des neuen Theaters in Gelsenkirchen integriert werden sollten. Die Künstler Robert Adams, Paul Dierkes, Jean Tinguely, Yves Klein und Norbert Kricke wurden ausgewählt. Klein beschrieb die Zusammenarbeit der Künstler mit dem Architektenteam 1958 als von einem „sehr ,avantgardistische(n)‘ Geist“ geprägt. Andererseits erwarb die Stadt im selben Jahr die Olympia des Künstlers Fritz Klimsch und ließ die Skulptur nahe des Rathauses in Gelsenkirchen-Buer aufstellen. Klimsch – als „Gottbegnadeten“-Künstler von den Nationalsozialisten protegiert – hatte an der Olympia im Auftrag der nationalsozialistischen Heeresführung gearbeitet.
Vor diesem Hintergrund stellt die Tagung des Kunstmuseums Gelsenkirchen und des Instituts für Stadtgeschichte Gelsenkirchen die Frage nach der Gleichzeitigkeit von Innovation und Kontinuität in der kommunalen Kunstpolitik in der langen westdeutschen Nachkriegszeit.

Programm

Mittwoch, 22. Juni 2022: Musiktheater im Revier, Gelsenkirchen

19:00 Uhr Podiumsdiskussion „Kunst in der Stadt – Aktuelle Perspektiven der Kunstpolitik“
Moderation: Anke von Heyl (Köln), Teilnehmer:innen: Markus Ambach (Düsseldorf), Lisa Marei Schmidt (Berlin), Christiane Wanken (Gelsenkirchen), N.N.

Donnerstag, 23. Juni 2022: Kunstmuseum Gelsenkirchen

9:00 Uhr Akkreditierung

9:30 Uhr Begrüßung und Einführung: Christiane Wanken und Daniel Schmidt (Gelsenkirchen)

10:00 Uhr Sektion I: Kontinuitäten und Brüche
Moderation: Daniel Schmidt (Gelsenkirchen)

Gloria Köpnick (Quedlinburg)
„Zwischen Kontinuität und Neubeginn. Überlegungen zu Ausstellungs-, Sammlungs- und Museumspolitik am Landesmuseum Oldenburg zwischen 1945 und 1955“

Felix Steffan (Nürnberg)
„,Aus dem Scheintod zu neuem Leben erwacht‘. Brüche und Kontinuitäten der kommunalen Kulturpolitik nach 1945 am Beispiel der Stadt Rosenheim“

Fabian Köster (Münster)
„Die ,Gnade des Anfangs‘? Kunstpolitik in den Industriestädten Gelsenkirchen und Wolfsburg zwischen konservativ und zukunftsgewandt“

12:30 Uhr Mittagspause

13:30 Uhr Sektion II: Folgen nach der NS-Zeit
Moderation: Stefan Goch, Düsseldorf

Wolfgang Brauneis (Köln)
„Die Liste der ,Gottbegnadeten‘. Künstler des Nationalsozialismus in Nordrhein-Westfalen“

Jasmin Hartmann (Bonn)
„Schenkung 1961 – Restitution 2021. Zur Problematik von musealen Nachkriegserwerbungen“

15:30 Uhr Kaffeepause

16:00 Uhr Sektion III: Akteur:innen
Moderation: Christiane Wanken (Gelsenkirchen)

Alexander Kraus (Wolfsburg) / Christoph Lorke (Münster)
„Zeitgenössische Kunst fördern und vermitteln. Neugründungen nordwestdeutscher Kunstvereine nach 1945/49“

Alexandra Apfelbaum (Dortmund)
„Ernst Otto Glasmeier. Kunst und Politik in Gelsenkirchen“

Klara von Lindern (Göttingen)
„Revision des Museums? Werner Hofmanns didaktische Ausstellungskonzepte zwischen Kontinuitäten und Innovation“

Freitag, 24. Juni 2022: Kunstmuseum Gelsenkirchen

9:00 Uhr Sektion IV: Sammlungspolitik
Moderation: Hans-Jürgen Lechtreck (Essen)

Jörg van den Berg (Leverkusen)
„Radikale Moderne vs. Tradition. Zu möglichen Wechselverhältnissen zwischen Ausstellen und Sammeln am Beispiel von Udo Kultermanns Ausstellung ,Monochrome Malerei‘ (1960) im Museum Morsbroich Leverkusen“

Annika Becker (Gelsenkirchen)
„Gelsenkirchen und die städtische Kunstsammlung in den 1950er bis 1970er Jahren – ein avantgardistischer Aufbruch?“

10:30 Uhr Kaffeepause

11:00 Uhr Sektion V: Ost/West – Vergleiche
Moderation: Thomas Großbölting (Hamburg)

Josephin Heller (Leipzig)
„Zurück in die Zukunft? Kunstpolitische Entwicklungen in Leipzig nach 1945 – Netzwerke, Kunstausstellungen und Konzepte“

Dorothea Schöne (Berlin)
„Ent-marginalisierte Orte – oder warum Kassel die documenta bekam«

12:30 Uhr Abschlussdiskussion

Anmeldung
bis zum 15. Juni 2022 unter kunstmuseumgelsenkirchen.de

Orte
Musiktheater im Revier, Kennedyplatz, 45881 Gelsenkirchen
Kunstmuseum Gelsenkirchen, Horster Str. 5-7, 45897 Gelsenkirchen

Kontakt
Christiane Wanken (Kunstmuseum Gelsenkirchen), christiane.wankengelsenkirchen.de
Daniel Schmidt (Institut für Stadtgeschichte Gelsenkirchen), daniel.schmidtgelsenkirchen.de
Annika Becker (Kunstmuseum Gelsenkirchen), annika.beckergelsenkirchen.de
Fabian Köster (Westfälischen Wilhelms-Universität Münster), fabian.koesteruni-muenster.de

Quellennachweis:
CONF: Kunst in der Kommune (Gelsenkirchen, 22-24 Jun 22). In: ArtHist.net, 14.04.2022. Letzter Zugriff 15.05.2024. <https://arthist.net/archive/36400>.

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