Bild und Bildung im Mittelalter III:
Systematisierung und Transformation von Wissen in Rechtshandschriften
Kolloquium 8./9. Juli 2005
Ort: Kunsthistorisches Institut der Universität zu Köln, An St.
Laurentius 8, 50931 Köln
„Bild und Bildung III“ widmet sich den mittelalterlichen
Rechtshandschriften. Im Hochmittelalter gewinnt die Beschäftigung mit dem
kanonischen, aber auch mit dem zivilen Recht eine neue Bedeutung für die
Begründung und Ordnung weltlicher wie kirchlicher Herrschaft.
Rechtssammlungen werden nicht nur kopiert, erweitert und glossiert,
sondern das Material wird nach systematischen Kriterien neu geordnet.
Diesem neuen Zugriff und dieser neuen Textstruktur, die an Schulen und
Universitäten wie Bologna und Paris vorangetrieben werden, korrespondiert
eine Neugestaltung des Textes durch Layout und Bildschmuck: Komplexe
graphische Verweissysteme unterstützen die Orientierung und Zuordnung von
Text und Kommentar. Betont und interpretiert werden in den Miniaturen zum
kanonischen wie zum Zivilrecht der gesetzgeberische Akt, das Gericht,
aber auch die systematische Inhaltsstruktur des Textes sowie einzelne
Fälle (causae). So kommt es zu einer engen Vernetzung unterschiedlicher
Textsorten, Zeichen und Bilder, die das Studium und die Rezeption des
Rechts visuell leiten und beeinflussen sowie veränderte
Rechtsauffassungen optisch markieren. Immer wieder überarbeitete
Arrangements legen die Frage nahe, ob den Überformungen neue Systematiken
des Wissens zugrunde liegen und wie diese gedeutet werden können.
So veränderlich und komplex Inhalt und Erscheinungsbild der Handschriften
sich darstellen, so vielfältig erscheinen die Möglichkeiten der Bilder,
die Rechtsmaterie zu kommentieren, sie zu interpretieren, deren
diskursive Struktur zu reflektieren, sich verändernden Wissensinhalten
anzupassen sowie die mittelalterliche Rechtspraxis zu normieren und
kritisch zu befragen. Inwiefern geben darüber hinaus die einzelnen
Darstellungen, aber auch die in Layout und Bildschmuck ablesbare
Anlehnung an theologische Texte und die zunehmend bildhafteren
Layoutformen Auskunft über das gewandelte Selbstverständnis
mittelalterlicher Kanonistik? Das Kolloquium wendet sich dem
Erscheinungsbild und der Vernetzung der Medien Schrift und Bild unter dem
Aspekt der Systematisierung, Vermittlung und Übertragung oder Umformung
von Wissen zu. Ziel ist es, Fragestellungen und methodische Zugänge zu
entwickeln und sich durch Zusammenführen verschiedener Fachdisziplinen
einen erweiterten Zugang zum mittelalterlichen Rechtsverständnis zu
verschaffen.
Programm
Freitag, 8. Juli 2005
15.15
Prof. Dr. Susanne Wittekind (Köln)
Begrüßung und Einführung
15.30
Prof. Dr. Klaus Zechiel-Eckes (Köln)
Historisch geordnetes und systematisches Kirchenrecht und seine
frühmittelalterlichen Wechselbeziehungen
16.15
Dr. Martin Bertram (Rom)
Bemerkungen zur Dekoration von Rechtshandschriften aus der Sicht des
Handschriften- und Textforschers, unter besonderer Berücksichtigung der
Dekretalen Gregors IX.
17.00
Pause
17.30
Dr. Kathleen Nieuwenhuisen (Amsterdam)
The Consent in Pictures.
Marriage representations in medieval manuscripts of the Liber Extra (1250-
1400)
18.15
Prof. Dr. Susanne Wittekind (Köln)
AusBildung des Rechts.
Illuminierte königliche Rechtshandschriften in Spanien
19.15
Robert Gibbs, Reader in Art History (Glasgow)
Humana Genera: The Pisan origins of Bolognese illumination
Samstag, 9. Juli 2005
9.15
Dr. Kristin Böse (Köln)
Die Eröffnungsminiaturen im Decretum Gratiani
10.00
Claudia Spitzer M.A. (Erlangen-Nürnberg)
Das Decretum Gratiani W 135
10.45
Pause
11.15
Dr. Christine Jakobi-Mirwald (Weiler)
Der süddeutsche Beitrag zur Entstehung der Ikonographie des Decretum
Gratiani
12.45
Schlussdiskussion
Veranstaltet vom Kunsthistorischen Institut mit Unterstützung des
Zentrums für Mittelalterstudien der Universität zu Köln
Organisation:
Prof. Dr. Susanne Wittekind
Tel.: (0221) 470 2362
Fax.: (0221) 470 5044
E-Mail: susanne.wittekinduni-koeln.de
Quellennachweis:
CONF: Rechtshandschriften (Koeln, 8./9.07.05). In: ArtHist.net, 14.06.2005. Letzter Zugriff 28.01.2025. <https://arthist.net/archive/27279>.