ANN 14.11.2002

Ehrendoktorwuerde fuer Józef Szajna (Universitaet Oldenburg)

Detlef Hoffmann

Presseerklaerung

Am 4. Dezember 2002 erhaelt der polnische Regisseur, Buehnenbildner und
bildende Kuenstler Józef Szajna von der Carl von Ossietzky Universitaet in
Oldenburg die Ehrendoktorwuerde fuer seine kuenstlerischen Beitraege zur
Erinnerungskultur des 20. Jahrhunderts. Der am 13. Maerz 1922 in Rzeszów
geborene Józef Szajna ist einer der bekanntesten Kuenstler Polens. Im
September 1939 verlaesst er die Schule, geht zur polnischen Armee, nach
deren Niederlage in den Widerstand. Auf der Flucht nimmt der ungarische
Grenzschutz ihn fest, schiebt ihn in die Slowakei ab. Die Slowaken liefern
ihn an die Gestapo in Suedpolen aus. Nach einer kurzen Zeit im Gefaengnis in
Tarnów wird er am 25. Juli 1941 ins Konzentrationslager Auschwitz
eingeliefert, am 21. Januar 1944 von dort in das Konzentrationslager
Buchenwald ueberstellt, wo er zuerst im Steinbruch, dann ­ ab Mitte 1944 ­
im Aussenlager Schoenebeck arbeiten muss. Am 11. April 1945 gelingt ihm die
Flucht von einem Todesmarsch und die Rettung zu den amerikanischen Truppen.
In Haaren an der Ems, das damals polnische Besatzungszone unter dem Namen
Mackov war, schliesst er seine Schulzeit mit dem Abitur ab. Nach seiner
Rueckkehr nach Polen sagt er im November 1947 als Zeuge im Prozess gegen 40
angeklagte Funktionstraeger des KZ Auschwitz aus.

1947 bis 1953 studiert er an der Akademie der schoenen Kuenste in Krakau.
1952 erhaelt er sein Diplom fuer Grafik, 1953 das als Buehnenbildner. Nach
einer Taetigkeit als Lehrkraft an der Kunstakademie in Krakau wird er 1955
bis 1966 Buehnenbildner, danach kuenstlerischer Leiter am "Teatr Ludowy" in
Nowa Huta. Von 1966 bis 1971 arbeitet er als Regisseur an Theatern in Polen
und im Ausland. 1972 wird Józef Szajna Professor an der Akademie der
schoenen Kuenste, hier richtet er ein Aufbaustudium "Buehnenbild" ein.
Gleichzeitig ist er Direktor des "Teatr Klascyzny" in Warschau, das er in
die "Theater-Galerie-Studio", 1980 in das Kunstzentrum "Studio" (Centrum
Sztuki Studio) umwandelt. Die Umwandlung des Theaters in ein Kunstzentrum
ist typisch fuer die Arbeit Szajnas, der niemals die Grenzen der
ueberlieferten Kunstgattungen beachtet. Bis 1981 bleibt er Leiter dieser
Institution.

Mit der Verleihung der Ehrendoktorwuerde an Józef Szajna verweist der
Fachbereich 2 auf die Vergleichbarkeit von kuenstlerischer und
wissenschaftlicher Leistung, die manchmal kaum zu trennen sind. Józef Szajna
verdient diese Anerkennung in besonderem Masse, weil er immer wieder nicht
nur die Grenzen zwischen den einzelnen Kuensten ueberschritten hat, sondern
auch mit seinen grossen Gesamtkunstwerken "Reminiszenzen" und "Replika" das
kollektive Gedaechtnis an die deutschen Verbrechen im 2. Weltkrieg und die
Leiden in den Konzentrationslagern entscheidend beeinflusste. Er arbeitete
an einer allgemein zugaenglichen Symbolisierung des Systems Auschwitz, dass
er dabei den bildlichen Bewaeltigungsstrategien religioeser und politischer
Systeme widersteht und aus dem im System Auschwitz hergestellten Material
Praegnanzbildungen entwickelt, ist seine besondere Leistung. Ein solcher
Beitrag ist durchaus einer wissenschaftlich-textlichen Bedeutungsgenerierung
gleich zu setzen.

Józef Szajna wurde im Maerz dieses Jahres zu seinem 80. Geburtstag in Polen
in mehreren Ausstellungen und Ehrungen gefeiert. Gleichzeitig mit der
Verleihung der Ehrendoktorwuerde in Oldenburg erscheint das von Ingrid
Scheurmann und Volkhard Knigge herausgegebene repraesentative Buch "Józef
Szajna ­ Kunst und Theater". Es wird in Berlin und Bonn ebenfalls Anfang
Dezember vorgestellt werden.

Quellennachweis:
ANN: Ehrendoktorwuerde fuer Józef Szajna (Universitaet Oldenburg). In: ArtHist.net, 14.11.2002. Letzter Zugriff 26.04.2024. <https://arthist.net/archive/25312>.

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