CONF 15.11.2001

Architektur-Geschichte-Theorie, Uni Wuppertal, 6./7.12.01

Prof. Frank Werner

SYMPOSIUM:

"Planen, Bauen, Umbauen, Erhalten oder Zerstoeren als Handlungen
symbolischer Politik"

Von der Heydt-Museum Wuppertal, Deutschland; 06./07. Dezember 2001

http://www.arch.uni-wuppertal.de
agtuni-wuppertal.de

Planen, Bauen, Umbauen, Erhalten oder Zerstoeren als Handlungen
symbolischer Politik

Seit Anbeginn der abendlaendischen Architekturgeschichte sind
Stadtplaene und Bauwerke (zumindest die Bauten jener Auftraggeber,
die wir unter der Rubrik "oeffentliche Hand³ subsumieren) stets
eindeutige Spiegelbilder und Ausdruckstraeger der jeweils
herrschenden politischen Verhaeltnisse gewesen. So haben Kleriker und
Feudalherren unablaessig Bilder entworfen und gebaut, welche als
Panoramen einer relativ einfach zu entschluesselnden politischen
Ikonographie verstanden und "gelesen" wurden. Mit dem Zeitalter der
Aufklaerung, spaetestens jedoch nach den umwaelzenden Revolutionen
des fruehen 20. Jahrhunderts, als das Volk zum Souveraen wurde und
damit endgueltig an die Stelle der verhassten politischen Systeme von
gestern trat, erschloss sich dem oeffentlichen Planen, Bauen,
Umbauen, Erhalten oder Zerstoeren gaenzlich neue und erheblich
komplexere Felder symbolischer Politik. So wuerden weite Bereiche
expressionistischen Bauens, sowjetischer Revolutionsarchitektur, des
sog. Neuen Bauens und der internationalen CIAM-Bewegung ohne das
Wissen um ihre mittelbaren wie unmittelbaren politischen
Implikationen gaenzlich neuer Qualitaet weitgehend unverstaendlich
bleiben. Die totalitaeren Systeme der dreissiger bis fuenfziger Jahre
des 20. Jahrhunderts versuchten anschliessend wohl nicht zum letzten
Mal, den vorrevolutionaeren Status quo symbolischer Politik mit Hilfe
brachialer staedtebaulicher Eingriffe und martialischer Einzelbauten
zu rekonstituieren.

Im internationalen Stil oder "Wirtschaftswunderfunktionalismus³ der
Wiederaufbau- und Konsolidierungsphase nach Ende des zweiten
Weltkrieges verkuemmerten angeblich nahezu alle tradierten
Ausdrucksformen symbolischer Politik zu nichtssagenden Leerformeln.
Angeblich verfluechtigten sie sich in der wohltemperierten Stahl-Glas-
Architektur der Nachkriegsmoderne. Heute wissen wir freilich, dass
sehr wohl politisch ebenso eindeutige wie bedeutende, wenngleich nur
noch unterschwellig ablesbare Beweggruende hinter Abbruch oder Erhalt
geschichtstraechtiger Gebaeude, Strassenzuege oder Quartiere, hinter
Transparenz oder Geschlossenheit von Neubauten der oeffentlichen Hand
standen. Fast gaenzlich aus den Fugen gerieten architektonische
Konnotationen symbolischer Politik aber schliesslich im Zuge einer
sich gegen Ende der siebziger Jahre des 20. Jahrhunderts weltweit
etablierenden Postmoderne. Ironische De- und Neu-Codierungen
bestehender wie neu konzipierter Bauten und Ensembles frei nach
Vanturis Devise "Komplexitaet und Widerspruch³, pragmatische
Enttabuisierungsversuche politisch bis dato als verwerflich
eingestufter Zeichensysteme sowie die vielstimmig eingeforderte
Vielfalt simultaner Ausdruckssysteme jenseits von Raum und Zeit
camoflierten wesentliche Aspekte architektonisch symbolisierter
Politik-Strategien fast bis zur unkenntlichen Beliebigkeit. Mehr denn
je scheinen Investoren, Politiker, Architekten und Projektsteuerer
heute routinierter denn je und nach Art von Werbestrategen ganz
gezielt auf das Unterbewusste unserer Wahrnehmungen und Empfindungen
abhebend Planung, Bau und Umbau, Erhalt oder Zerstoerung (man denke
etwa an den Terminus "ungeliebtes Denkmal³) als Instrumente
symbolischer Politik wiederzuentdecken und fortzuschreiben.

Zielsetzung und Aufgabe des internationalen Symposiums wird daher
sein, moeglichst vielfaeltige Aspekte dieser und jener, durch
Staedtebau oder Architektur gestern, heute wie morgen zum Ausdruck
gebrachten politischen Haltung aufzuspueren und kritisch zu bewerten.
Damit wird dieses Symposium einen ganz wesentlichen Beitrag zur
Schaerfung des Verstaendnisses fuer eine politische Aesthetik im 21.
Jahrhundert liefern.

Programmablauf (vorlaeufig)

Planen, Bauen, Umbauen, Erhalten oder Zerstoeren als Handlungen
symbolischer Politik

Donnerstag, 06.12.

10.00-10.15 Dr. Sabine Fehlemann
Direktorin des Von der Heydt-Museums

Begruessung

10.15-10.30 Prof. Dr. Volker Ronge
Rektor der Bergischen Universitaet Wuppertal

Begruessung

10.30-11.15 Prof. Frank Werner
Dekan des Fachbereichs Architektur, Universitaet Wuppertal

"Politisches Gestalten und die subversiven Plateaus der
Planungskultur³

11.15-11.30 Pause 15 min.

11.30-12.30 Dr. Ernst Seidl
Tuebingen

"Vom barocken Garten zur nationalen Vision. Axiale Perspektiven als
Kontinuum politischer Architektur³

12.30-13.30 Prof. Dr. Michael Speaks
Los Angeles

³Theory, thinking and doing³

13.30-15.00 Pause 90 min.

15.00-16.00 Dipl.-Ing. Wolfgang Kil
Berlin

"Berlin ... immer Streit um die Moderne³

16.00-17.00 Prof. Dr. Thomas Topfstedt
Leipzig

"Shopping statt Demonstrationen. Zur Umgestaltung der
Stadtzentren in Magdeburg, Halberstadt und Dresden in den 1990er
Jahren³

17.00-18.00 Dipl.-Ing. Dietmar Steiner
Wien

"¹Groessere Gegner gesucht¹. Entstehungsgeschichten von
Kulturbauten im Kraeftedreieck von Architektur ­ Politik ­
Oeffentlichkeit³

Freitag, 07.12.

10.00-11.00 Dipl.-Ing. Angelika Schnell
Berlin

Titel wird noch bekannt gegeben

11.00-12.00 Prof. Dr. Michael Mueller
Bremen

"Die ausgestellte Stadt³

12.00-13.00 Prof. Dr. Josep Muntanola
Barcelona

³Architecture Dialogics and Global Change³

AGT
Institut fuer Architektur - Geschichte und - Theorie
Universitaet Wuppertal
Fachbereich 10 Architektur
Pauluskirchstrasse 7
42097 Wuppertal
Germany

Tel. +49-202-439-4117
Fax: +49-202-439-4121

Quellennachweis:
CONF: Architektur-Geschichte-Theorie, Uni Wuppertal, 6./7.12.01. In: ArtHist.net, 15.11.2001. Letzter Zugriff 25.04.2024. <https://arthist.net/archive/24726>.

^