ANN 02.07.2001

Serverletter 07/2001 (Server Fruehe Neuzeit )

Christian Holthaus

Serverletter 07/2001 (Server Fruehe Neuzeit), 01.07.2001

LINK-WINKS IM JUNI:
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(Anm.: Den Volltext der Link-Winks finden sie am Ende des Serverletters)

Link-Wink der Woche vom 25.06.2001 [Gregor Horstkemper]:
Uniting the Kingdoms? (1066-1603)
http://www.pro.gov.uk/utk/default.htm
Das Public Record Office fuehrt im Rahmen seiner Reihe Pathways to the Past
in wichtige Sachverhalte und einschlaegige Quellenarten zur Entwicklung des
Kraefteverhaeltnisses auf den britischen Inseln in Mittelalter und Frueher
Neuzeit ein.

Link-Wink der Woche vom 18.06.2001 [Gregor Horstkemper]:
Archive in der Arbeitsgemeinschaft Alpenlaender
http://www.lad-bw.de/argealp/
Unter den grundlegenden Informationen ueber 36 Staats- und Landesarchive
aus Oesterreich, Italien, Deutschland und der Schweiz ist vor allem die
Hinfuehrung zu solchen Archivalien von Nutzen, die grenzueberschreitende
Bezuege zu anderen Gebieten des Alpenraumes aufweisen.

Link-Wink der Woche vom 11.06.2001 [Claudie Paye]:
Rabelais et la Renaissance.
http://perso.wanadoo.fr/cascade.sarl/rabelais/pages/pagrablais.html
Rabelais und sein Werk stehen zwar im Mittelpunkt dieser Seiten, doch
werden zahlreiche kontextualisierende Informationen ueber das 16.
Jahrhundert mitgeliefert. Zudem wird Gelegenheit zur Reflexion ueber
Praesentationsweisen historischer Sachverhalte geboten.

Link-Wink der Woche vom 05.06.2001 [Gregor Horstkemper]:
Historische Karten der Staats- und Universitaetsbibliothek Bremen.
http://gauss.suub.uni-bremen.de/index.html
Die SuUB Bremen stellt 100 digitalisierte historische Karten zur
Verfuegung, die mit Hilfe einer Zoomsoftware bis in Details hinein
betrachtet werden koennen.

FORUM HEXENFORSCHUNG:
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- Neuer Eintrag: Konferenz: Witchcraft in context, York, April 2002.
- Neuer Eintrag: Konferenz: Popular Culture and Religion in Newcastle.
- Neuer Eintrag: Ausstellung "Volksglaube - Beschwoerung - Segensformel" in
Klagenfurt.
- Neuer Eintrag: Ausstellung "Streghe, diavoli e sibille" (Hexen, Teufel
und Sibyllen) in Como.

KRIEG UND GESELLSCHAFT:
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- Neuer E-Text: Peter H. Wilson: The Origins of Prussian Militarism.
- Neue Mailingliste (sfn und AMG): mil-fnz.

LINK-WINKS IM JUNI IM VOLLTEXT:
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Uniting the Kingdoms? (1066-1603)
http://www.pro.gov.uk/utk/default.htm

Unter dem programmatischen Titel Pathways to the Past baut das englische
Public Record Office (PRO) eine Reihe virtueller Ausstellungen auf, die
sowohl in historische Zusammenhaenge als auch in die jeweils einschlaegigen
Quellenarten einfuehren sollen. Fuer die Zeit zwischen der Invasion
Wilhelms des Eroberers und dem Tod Elisabeths I. wird in diesem
Online-Angebot der Frage nach den wechselnden Machtverhaeltnissen auf den
britischen Inseln nachgegangen. Die Basis dafuer bieten ueber 70
Schluesseldokumente, die in digitaler Form angeboten werden.

Von der Startseite kann zunaechst ueber den "About"-Button eine kurze
Einfuehrung in die Navigationsmoeglichkeiten abgerufen werden.
Anschliessend bietet es sich an, die fuenf Hauptkapitel durchzugehen, die
sich den Themen Scotland, England, France, Wales und Ireland widmen. Jedes
Kapitel beginnt mit einer sehr knapp gehaltenen Einstiegsseite, auf der der
gewagte Versuch unternommen wird, die hier behandelten fuenfeinhalb
Jahrhunderte in zwei oder drei Absaetzen zusammenzufassen. Es folgen
jeweils fuenf bis sieben Unterkapitel, die sich teilweise bestimmten Phasen
der Politikgeschichte, teilweise aber auch uebergreifenden Sachthemen
widmen. Zu Irland beispielsweise werden in drei Unterkapiteln The Conquest
of Ireland, 1169-1172, A Colony in Retreat 1350-1541 und Reform, Conquest
and Rebellion 1541-1603 behandelt. Daneben finden sich zwei Unterkapitel zu
Government and Law sowie Towns and Trade.

Zu einer Reihe von wichtigen Begriffen werden kurze Erlaeuterungen in
kleinen Zusatzfenstern angeboten, zu einigen umfangreicheren Sachverhalten
koennen ausfuehrlichere Darstellungen abgerufen werden. Die in den Text
eingestreuten Abbildungen sind durchweg auch in groesseren Versionen zu
betrachten. Soweit es sich um Abbildungen von schriftlichen Quellen
handelt, wird meist auch eine Transkription mitgeliefert. Den Ausfuehrungen
ueber die 1594 ausgebrochene irische Rebellion wird beispielsweise die
Abbildung einer Seite aus dem 1598 verfassten Bericht des englischen Chief
Justice of Munster, William Saxby, ueber Gewalttaetigkeiten der Iren
beigefuegt. Dabei wird zugleich darauf hingewiesen, dass derartige Berichte
dazu beitrugen, in England das traditionelle Bild von den savage Irish zu
festigen. Alle Kapitel schliessen mit einigen Hinweisen auf neuere
Literatur und auf einschlaegige Internet-Adressen.

Hinter den beiden Stichworten Monarchs und Maps, die auf der Startseite
angeklickt werden koennen, verbergen sich eine simple Regentenliste sowie
fuenf Uebersichtskarten. Einzig die Karte zu Frankreich zeigt die
Entwicklung des englisch-franzoesischen Kraefteverhaeltnisse auf dem
Festland in sechs Schritten, die anderen Karten sind dagegen sehr einfach
gehalten. Eine Suchfunktion fehlt, doch das als Einstieg in die Problematik
von composite monarchies gut geeignete Angebot ist ohnehin eher auf einen
browsenden Zugang hin angelegt.
[Gregor Horstkemper, 25.06.2001]

Archive in der Arbeitsgemeinschaft Alpenlaender
http://www.lad-bw.de/argealp/

Die 1972 als grenzueberschreitende Initiative gegruendete ARGE ALP widmet
sich neben oekologischen, sozialen und wirtschaftlichen Aufgaben auch der
Sicherung des kulturellen Erbes der Alpenlaender. Insgesamt 36 Staats- und
Landesarchive der 11 beteiligten Bundeslaender, Provinzen, Regionen und
Kantone in Oesterreich, Italien, Deutschland und der Schweiz haben ein
gemeinsames Internetangebot erarbeitet, das der Foerderung des
gegenseitigen Geschichtsverstaendnisses dienen soll.

Die Navigationsleiste bietet zunaechst nur drei Hauptoptionen. Einen ersten
Ueberblick ueber die geographische Verteilung der hier vertretenen Archive
bietet die Uebersichtskarte. Die Archivsprengel reichen von Coburg bis
Mantua, von Freiburg im Breisgau bis Salzburg, und erfassen damit ein
Gebiet von etwa 142.000 Quadratkilometern. Der Benutzer kann naehere
Informationen zu den jeweiligen Archiven abrufen, indem er entweder die
betreffenden Orte auf der Karte anklickt oder in der Navigationsleiste
ueber den Menuepunkt Archive das Gesuchte ansteuert. Hinter dem Menuepunkt
Allgemein verbergen sich Informationen zu diesem Internetangebot und seinen
Betreibern sowie eine leistungsfaehige und gut differenzierbare
Suchfunktion.

Die Grundlage dieser Webseiten bildet ein 1995 in Buchform
veroeffentlichter Archivfuehrer der grenzueberschreitenden Ueberlieferung.
Die damals noch fehlenden baden-wuerttembergischen Staatsarchive wurden nun
in der Internetversion einbezogen, doch auch die Eintraege der anderen
Archive wurden - soweit notwendig - ueberarbeitet und aktualisiert. Die
erfassten Informationen sind nach einem festen Schema organisiert, so dass
man sich rasch orientieren kann. Neben Angaben zur historischen und
aktuellen Zustaendigkeit werden Oeffnungszeiten, Ausbildungstaetigkeit,
Umfang der Archivalien oder auch Aktivitaeten im Bereich der
Oeffentlichkeitsarbeit dokumentiert. Die Bestandsuebersichten sind meist
sehr knapp gehalten, die in vielen Faellen angegebene Homepage des
jeweiligen Archives verhilft jedoch haeufig zu detaillierteren Einsichten.

Ein Teil der Archive hat sich um die Hinfuehrung zu Bestaenden bemueht, die
Bezuege zu anderen Mitgliedslaendern der ARGE ALP aufweisen. Im
Staatsarchiv Augsburg beispielsweise finden sich unter den Archivalien der
Reichsabtei St. Ulrich und Afra zahlreiche Sal- und Gueltbuecher des
Spaetmittelalters und der Fruehen Neuzeit, die Bezugsrechte der
Benediktinerabtei aus dem Suedtiroler Weinbau dokumentieren. Im
Staatsarchiv Trient wiederum befinden sich Akten ueber Lehensbeziehungen
zwischen dem Trentino und der erwaehnten Reichsabtei. Spaetestens aufgrund
dieser Vernetzungsfunktion bietet dieses Internetangebot einen
Zusatznutzen, der ueber die Informationsseiten der Einzelarchive
hinausfuehrt. Als Schmankerl werden von einigen - meist
baden-wuerttembergischen - Archiven noch ausgewaehlte Quellenstuecke als
Grafikdateien angeboten.
[Gregor Horstkemper, 18.06.2001]

Rabelais et la Renaissance
http://perso.wanadoo.fr/cascade.sarl/rabelais/pages/pagrablais.html

Dieses vielseitige Angebot bietet wesentlich mehr als nur Informationen
ueber Rabelais. Urspruenglich ist die durchgaengig franzoesisch gehaltene,
ansprechend gestaltete Webseite aus der Recherche- und Dokumentationsarbeit
fuer ein von Remi Morel verfasstes Drehbuch entstanden. Es basierte auf der
Idee, ein fiktives Netzwerk zwischen Rabelais und anderen
Renaissance-Zeitgenossen darzustellen. Fuer alle, die an Verbindungen
zwischen Film-, Geschichts- und Literaturwissenschaft interessiert sind,
ist diese Adresse deswegen empfehlenswert. Sie regt zum Nachdenken an ueber
die Verwandtschaft der Inszenierungsstrategien von Filmemachern und die
historiographische Praxis der eigenen Zunft. Neben aesthetischem Vergnuegen
bietet die Seite auch einige Ueberlegungen zur "Revolution Internet".

Von der Startseite aus kann der Besucher zwischen mehreren Zugaengen zum
Thema waehlen: Unter dem Stichwort "Scenario de fiction" findet sich
zunaechst das Drehbuch Morels. Vorgestellt werden ausserdem in vier
Themenbloecken das Werk Rabelais' ("L'Oeuvre"), wichtige Zeitgenossen
("Personnages"), die konfessionelle Situation ("La Religion") sowie einige
Charakteristika des 16. Jahrhunderts ("Le Siecle"). Insgesamt hat man es
mit einem inhalts- und kontrastreichen Programm zu tun: wenn ueber den
Buchdruck berichtet wird, so gehen die Autoren beispielsweise auch auf die
Zensur ein. Thematische Brennpunkte der heutigen kulturorientierten
Geschichtswissenschaft sind vertreten: Fest, Reisen,
Geschlechterverhaeltnisse, Krieg.

Biographische Angaben finden sich beispielsweise zu Humanisten wie
Rabelais, Bude oder Erasmus ebenso wie zu Theologen und Kirchenleuten wie
Calvin, Luther und Loyola. Von besonderem Nutzen sind die Informationen
ueber Diplomaten und Politiker wie Guillaume und Jean Du Bellay, Antoine
Duprat oder Noel Beda. Die Artikel sind auf sinnvolle Weise miteinander
verlinkt, so dass etwa die Beruehrungspunkte in den Biographien der
erwaehnten Personen leicht aufgesucht werden koennen. Zum Werk von Rabelais
hat der Literaturhistoriker Jean Yves Pouilloux einfuehrende und
erlaeuternde Texte verfasst. Ein einfaches Glossar erleichtert das
Verstaendnis fruehneuzeitlicher Begriffe.

Einige Seiten sind leider noch in Bearbeitung, bedauerlich ist auch, dass
die Suchfunktion nur ueber die Startseite erreichbar ist. Aufgrund des
ueberschaubaren Designs und der klaren Strukturierung des Angebots bereitet
die Navigation jedoch keine Probleme. Insgesamt wird ein gutes
Gleichgewicht zwischen Text-, Bild- und Tonmaterial erreicht, man merkt den
Autoren an, dass sie ueber Inszenierungstalente verfuegen. So bleibt den
als "amis buveurs et vous autres, doctes internautes" angesprochenen
Besuchern eine von Remi Morel seinem Drehbuch vorangeschickte Aufforderung
durchgaengig im Bewusstsein: "Alors place a la fiction..."
[Claudie Paye, 11.06.2001]

Historische Karten der Staats- und Universitaetsbibliothek Bremen
http://gauss.suub.uni-bremen.de/index.html

Im Rahmen eines von der Deutschen Forschungsgemeinschaft finanzierten
Projekts zur retrospektiven Digitalisierung von Kartenmaterial praesentiert
die Staats- und Universitaetsbibliothek Bremen 100 exemplarische Stuecke
ihrer Sammlung historischer Karten. Zu den Schwerpunkten der Kartensammlung
gehoert naturgemaess der nordwestdeutsche und niederlaendische Raum.
Daneben sind jedoch Karten aller Kontinente und auch einige
Spezialsammlungen zur nordamerikanischen Geschichte vorhanden.

Von der Startseite der spartanisch anmutenden Praesentation der SuUB Bremen
aus kann man zunaechst sehr knappe Informationen zum DFG-Projekt sowie zum
Historischen Kartenbestand abrufen. Das eigentliche Angebot erreicht der
Benutzer ueber den Button "Katalog" am Fuss der Seite. Anschliessend kann
mit Hilfe einer Suchmaske nach Titelstichworten, Publikationsjahren,
Schlagworten sowie Personen gesucht werden. Angesichts des ueberschaubaren
Bestands dieser Internet-Praesentation empfiehlt es sich, nicht die
Suchfunktion zu benutzen, sondern aus der Liste der abrufbaren Schlagworte
bzw. Personen einen interessierenden Eintrag auszuwaehlen und anschliessend
den Button "Suche starten" anzuklicken. Falls die Suche mehrere Treffer
ergab, kann man ueber ein Dropdown-Menue wiederum das relevante Dokument
auswaehlen. Danach kann ueber den Button "Erlaeuterung" die
bibliographische Beschreibung des jeweiligen Stuecks oder ueber "Karte
zeigen" die Karte selbst abgerufen werden. Bedauerlich ist, dass ueber die
sehr knappen bibliographischen Angaben hinaus keine weiteren Informationen
angeboten werden.

Die hier verwendete Zoomsoftware erlaubt die Betrachtung der Karten in zwei
verschiedenen Ausschnittgroessen von 400 x 400 bzw. 600 x 600 Pixeln. In
beiden Ausschnittvarianten koennen jeweils drei Zoomstufen genutzt werden,
so dass neben einem Uebersichtsbild der gesamten Karte auch Details
abgerufen werden koennen. Auf diese Weise koennen z. B. in der dem 18.
Jahrhundert entstammenden Umgebungskarte der Reichsstadt Weissenburg die in
die Karte eingebetteten Ansichten der Stadtkirche St. Andreas oder der in
Weissenburg gefundenen "Alterthuemer" in hoher Aufloesung betrachtet
werden.

Ein guter Teil der angebotenen Karten entstammt der Fruehen Neuzeit. Als
Beispiele fuer weitere Stadtansichten seien Ansbach, Wuerzburg, Den Haag
oder Lissabon erwaehnt. Letztere enthaelt zugleich eine dramatische
Darstellung des Erdbebens von 1755. Die Kreise des Reiches dokumentiert
eine 1741 in Nuernberg erschienene Darstellung, als Quelle zur
Kommunikationsgeschichte kann die auf vier Blaettern ausgefuehrte
"Post-Charte der Chur-Braunschweigischen und angrenzenden Lande" dienen.
[Gregor Horstkemper, 05.06.2001]

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Mit vielen Gruessen vom Serverletterteam,
Christian Holthaus (Christian.Holthauslrz.uni-muenchen.de).

01.07.2001

© 2001 Server Fruehe Neuzeit (http://www.sfn.uni-muenchen.de),
alle Rechte
vorbehalten.

Quellennachweis:
ANN: Serverletter 07/2001 (Server Fruehe Neuzeit ). In: ArtHist.net, 02.07.2001. Letzter Zugriff 26.04.2024. <https://arthist.net/archive/24555>.

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