(RE-)INVENTIO. Visuelle Strategien in Neuauflagen nordalpiner Druckgraphiken der Frühen Neuzeit
Die in der Frühen Neuzeit gängige Praxis der Neuauflage druckgraphischer Einzelblätter und Serien war nicht nur von ökonomischen Interessen der Verleger geleitet, sondern zugleich Ausdruck einer innovativen ästhetischen Auseinandersetzung mit bestehenden Bildfindungen. Das Spektrum dieses produktiven Umgangs mit etablierten Inventionen umfasste unveränderte Wiederauflagen respektive Kopien, aber auch konzeptuelle Überarbeitungen und Ergänzungen sowie programmatische Umkontextualisierungen.
Im Anschluss an neuere kunsthistorische Forschungen, die im Akt des zeichnerischen, malerischen oder druckgraphischen Reproduzierens ein enormes gestalterisches Potenzial erkannt haben, sollen derartige Neukonfigurationen in der nordalpinen Druckgraphik als mediale Formen kreativer Aneignung begriffen werden. In diesem Sinne sind Neuauflagen als (Re-)Inventionen zu verstehen, deren spezifischen visuellen Strategien der Anlehnung an und Abweichung von vorhergehenden Auflagen sich die Tagung widmen möchte. Anhand von exemplarischen Fallstudien soll untersucht werden, inwieweit sich die nach wie vor diskutierten Fragen nach den sozioökonomischen Faktoren der Produktion und Rezeption von Druckgraphiken mit Überlegungen zu deren Relevanz als kultureller Artikulationsraum und Medium künstlerischer (Selbst-)Reflexion verbinden lassen.
PROGRAMM
Freitag, 17. Januar 2020
13.00 Begrüßung und Einführung
Antikenrezeption in Text und Bild (Moderation: Isabell Väth)
13.15 Julia Frick (Zürich)
Text - Bild - Kontext. Zur medialen Neukonfiguration der Vergil-Holzschnitte in den Drucken der Straßburger Offizin Johannes Grüningers
14.00 Katharina Ost (Tübingen)
Post translatos fasces – Die intermediale Neukonzeptualisierung von Goltzius’ „Römischen Helden“
14.45 Kaffeepause
Produktions- und Sammlungspraxis
Ortswechsel: Graphische Sammlung, Universitätsbibliothek, Bonatzbau, Wilhelmstr. 32
15.30 Anette Michels (Tübingen)
Druckgraphik in der Frühen Neuzeit – Bild und Gebrauch. Beispiele aus der Graphischen Sammlung am Kunsthistorischen Institut, Eberhard Karls Universität Tübingen
17.00 Pause
Abendvortrag (Moderation: Daniela Wagner)
18.15 Ariane Koller (Bern)
Re-Inventio Brasiliae und die Ökonomisierung des Wissens. Die Neuauflagen der Brasilia qua parte paret Belgis (1647) in Joan Blaeus Atlas maior von 1662
19.30 Abendessen
Samstag, 18. Januar 2020
Weltwissen zwischen Allegorie und Empirie (Moderation: Katharina Bauer)
9.00 Sophie Rüth (Tübingen)
Kosmologisches Theater. Die Editionen des Circulus Vicissitudinis Rerum Humanarum nach Maarten de Vos als Rekonfigurationen der Welt
9.45 Patricia Pia Bornus (Rom)
Die Re-Invention des Weltgefüges. Stefano della Bellas Frontispiz zu Galileo Galileis Dialog und seine nordalpinen Übersetzungen
10.30 Kaffeepause
Konfessionelle Kodierungen (Moderation: Iris Palzer)
11.00 Stavros Vlachos (Bremen)
Selektion und Kolorierung in Neuauflagen protestantischer Druckwerke des 16. Jahrhunderts
11.45 Mariam Hammami (Tübingen)
Disziplinierung der Bilder. Mediale Strategien konfessioneller Aneignung in Jan Evertsz. Cloppenburghs Ausgabe des Doolhof van de dwalende Gheesten
12.30 Mittagspause
Visuelle Autorität im Transfer (Moderation: Katharina Hiery)
14.00 Gitta Bertram (Stuttgart)
Pet. Paul. Rubenius invenit: Gestaltungsprozesse in Peter Paul Rubens’ Titelblattgestaltung
14.45 Rebecca Welkens (Bamberg)
Von Antwerpen nach Amsterdam. Überlegungen zur Rezeption der sogenannten „Bauernköpfe“ der Gebrüder Doetecum
15.30 Abschlussdiskussion
Konzeption und Organisation: Mariam Hammami, Anna Pawlak und Sophie Rüth
Kontakt: mariam.hammamiuni-tuebingen.de / sophie.ruethuni-tuebingen.de
Quellennachweis:
CONF: (RE-)INVENTIO (Tübingen, 17-18 Jan 20). In: ArtHist.net, 13.12.2019. Letzter Zugriff 26.04.2025. <https://arthist.net/archive/22292>.