CFP 28.09.2019

Studienreise: La Retirada (1939) und Exil (1933-45) (Pyrenäen, 26 Apr-2 May 20)

Château Parc Ducup, Allée des Chênes, 66000 Perpignan u.a., 26.04.–02.05.2020
Eingabeschluss : 15.10.2019

Annette Bußmann

La Retirada (1939) und Exil (1933-45): Die Pyrenäen als Schauplatz von Flucht und Internierung, Verdrängung und Gedenken

Die Arbeitsgemeinschaft „Frauen im Exil“ in der Gesellschaft für Exilforschung e.V. plant in Kooperation mit „Arbeit und Leben Herford“ vom 26.04.-02.05.2020 eine sechstägige Studienreise mit Vorträgen zu den Erinnerungsorten und Gedenkstätten von La Retirada (1939) und Exil (1933-45) in den Ostpyrenäen (Pyrénées-Orientales und Katalonien). Teilnahmevoraussetzung ist ein jeweils 15-minütiges Impulsreferat, ein künstlerischer Beitrag oder ein Aufsatz für den angedachten, anschließend erscheinenden Begleitband.

Geplant sind u.a. Besuche folgender Erinnerungsorte und Gedenkstätten:
- Lager in Argelès
- Internierungslager und Musée Rivesaltes
- Museu Memorial de l’Exili“ (MUME) in La Jonquera
- die Fluchtwege von „La Retirada“ und historischem Exil („F-Route“, heute: „Chemin Benjamin“)
- Dani Karavans Denkmal „Passagen – Gedenkort für Walter Benjamin und die Exilierten der Jahre 1933-45“ (1994), Portbou
- „Maternité Suisse“, Elne

Vorgesehen sind maximal 25 Teilnehmer/-innen. Wohnen und tagen werden wir im Château Parc Ducup, das ca. 5 km vom Zentrum Perpignans entfernt liegt. (Im Unkostenbeitrag in Höhe von ca. 790,- Euro sind die Unterkunft im Doppelzimmer, Verpflegung sowie alle Programm- und Transportkosten vor Ort enthalten. Der Einzelzimmerzuschlag beträgt 120,-- Euro. Nicht enthalten sind die Kosten für die An- und Rückreise sowie der Transfer zum/vom Seminarort.)

Hintergrund:

Als 1990 im katalonischen Grenzort Portbou auf Anregung des damaligen deutschen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker (und mit Unterstütztung der katalonischen Regionalregierung) der Grundstein zu dem von Dani Karavan konzipierten Denkmal „Passagen – Gedenkort für Walter Benjamin und die Exilierten der Jahre 1933-45“ gelegt wurde, sollte Unsichtbares sichtbar werden (Verena Krieger). Vielfach unsichtbar blieb im deutschsprachigen Raum jedoch, dass nur wenige Monate bevor u.a. Lisa und Hans Fittko sowie Varian Fry 1940/41 NS-Verfolgten den Weg über die Pyrenäen bahnten, ein „Exodus“ in umgekehrter Richtung stattgefunden hatte: Bereits Anfang 1939 flohen im Zuge der sog. „La Retirada“ (Rückzug) rund 500.000 Spanier/-innen vor dem Franco-Regime über die Pyrenäen nach Frankreich, wo sie - statt der ersehnten Freiheit - Internierungslager, Zwangsarbeit und Deportation erwarteten. Infolge der katastrophalen Internierungsbedingungen verstarben mehr als 15.000 der Geflüchteten bereits während der ersten Monate. Etwa die Hälfte remigrierte nach Spanien, andere versuchten über Umwege in Frankreich Fuß zu fassen, tauchten unter, kämpften in der Résistance oder entkamen in andere Länder, bspw. nach Mexiko - dank der Unterstützung des mexikanischen Generealkonsuls Gilberto Bosques, der insgesamt bis zu 60.000 Menschen vor dem Franco- und NS-Regime rettete.
Heute erinnern in den Pyrenäen nicht nur Fluchtweg-Markierungen, Gedenktafeln und das Denkmal in Portbou an “La Retirada“ und historisches Exil 1933-45. Dem Thema gewidmet sind zugleich zwei bemerkenswert spät initiierte Museen: das „Museu Memorial de l’Exili“ (MUME, 2008) in La Jonquera/Spanien und das „Musée Rivesaltes“ (2015) in Frankreich. Zudem wurde inzwischen im Gebäude der Entbindungsklinik „Maternité“ in Elne, die 1939 von der Schweizer Primarschullehrerin Elisabeth Eidenbenz gegen die hohe Lager-Säuglingssterblichkeit eingerichtet wurde, ein Dokumentationszentrum installiert.

Mögliche Beitragsthemen zur Studienfahrt:

Erwünscht sind Beiträge, die sich - unter besonderer Berücksichtigung der Genderperspektive sowie bislang marginalisierter Personen, Orte und Initiativen - den Akteur/-innen von „La Retirada“ und historischem Exil (Geflüchtete, Helfer/-innen, Widerständler/-innen, Kollaborateur/-innen etc.), den zugehörigen Fluchtorten und -routen, Exilstätten, Internierungs- und Deportationslagern sowie deren Aufarbeitung bis in die Gegenwart widmen. Berücksichtigt werden könnten dabei z.B. folgende Gesichtspunkte:
- Geschichten von Akteur/-innen
- Scheitern und Überleben: Die Bewältigung von Verfolgung, Flucht, Exil und Internierung in künstlerischen und dokumentarischen (Selbst-)Zeugnissen
- Rezeptionshistorische Besonderheiten und erinnerungspolitische Zielsetzungen (z.B. im Sinne Aleida Assmannscher Fragestellungen: Welche Akteur/-innen erinnern an welche Persönlichkeiten und Gegebenheiten, mit welcher Absicht und aus welcher Perspektive?)
- Ausradiert: Leerstellen und Tabus (u.a. zur Ausblendung insbesondere weiblicher Biographien im Kontext von Flucht, Hilfe und Kollaboration oder zur dekadenlangen Marginalisierung der Pyrenäen-Fluchtbewegungen der 1930/40er Jahre sowie Tabuisierung dortiger Internierungs- und Deportationslager)
- Gedenkstättenkonzeptionen, -gestaltungen und -pädagogik
- Memorialpraktiken (bspw. Gedenkorte als Gratwanderungen zwischen erlebnisorientiertem, empathiefernem „historical slumming“ (Douglas Coupland) und wissensfundierter, sinnlich-„authentischer“ Reflexion)

Die Studienreise ist interdisziplinär angelegt: Bewerbungen können aus allen Fachrichtungen erfolgen, z.B. aus dem Bereich der Kunst-, Literatur-, Geschichts-, Sprach-, Erziehungs-, Musik- oder Sozialwissenschaften, der bildenden Kunst oder Psychologie. Abstracts mit max. 2500 Zeichen inkl. kurzem CV werden erbeten bis zum 15.10.2019 an:

hansen.schabergt-online.de
mailirenebelow.de
mailannettebussmann.de

Die Benachrichtigung über die Annahme des Beitragsangebots erfolgt bis zum 08.11.2019. Im Anschluss erhalten Sie weiterführende Infos sowie das Formular zur verbindlichen Anmeldung bei der Veranstalterin „Arbeit und Leben Herford“.

Irene Below / Annette Bußmann / Inge Hansen-Schaberg

Quellennachweis:
CFP: Studienreise: La Retirada (1939) und Exil (1933-45) (Pyrenäen, 26 Apr-2 May 20). In: ArtHist.net, 28.09.2019. Letzter Zugriff 26.04.2024. <https://arthist.net/archive/21665>.

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