CFP 12.09.2019

Himmlische Botschaften in bürgerlichen Welten (14-15 May 20)

Augsburg, 14.–16.05.2020
Eingabeschluss : 03.11.2019

Angelika Dreyer, Universität Augsburg

Himmlische Botschaften in bürgerlichen Welten – Barocke Deckenmalerei in Bürgerhäusern
Internationale Tagung, 14. – 15. Mai 2020
Tagungsort: Städtische Kunstsammlungen Augsburg, Maximilianmuseum
Veranstalter: Lehrstuhl für Kunstgeschichte der Universität Augsburg (Prof. Dr. Andrea Gottdang / Dr. Angelika Dreyer) in Kooperation mit den Städtischen Kunstsammlungen Augsburg (Dr. Christof Trepesch)

(English below)

Frieden und Wohlstand – die untrennbare gegenseitige Bedingtheit von politscher Stabilität und wirtschaftlicher Prosperität bestimmten seit jeher die bürgerliche Lebenswelt in den Städten nach dem Dreißigjährigen Krieg. Ihre vielschichtige Visualisierung erfuhren in den Deckenmalereien des 18. Jahrhunderts. Als relativ schnell herstellbares und damit kostengünstiges Bildmedium eignete sich die Deckenmalerei nicht zuletzt aufgrund der großen Bildfläche ausgezeichnet zur Darstellung komplexer Inhalte.

Im besonderen Maße bot die freie Reichsstadt Augsburg ideale Ausgangsvoraussetzungen: Der Handel, das Verlagswesen, die Textilbranche, der Instrumentenbau und die Silber- und Goldwaren florierten und sicherten der Stadt noch im 18. Jahrhundert ökonomische Stabilität. Im Zentrum des Verlagswesens und der Druckererzeugnisse fand sich ein reichhaltiges Angebot an ikonographischen und gestalterischen Bildfindungen. Zudem zog die bikonfessionell geleitete Kunstakademie zahlreiche Freskanten an – bis Südtirol reichte ihr Einzugsgebiet. Augsburg ist daher geradezu der ideale Austragungsort für eine interdisziplinäre Tagung zur Deckenmalerei in Bürgerhäusern in europäischer Perspektive.

Das zentrales Forschungsinteresse der ersten Sektion gilt der Eigenverortung der bürgerlichen und niederadeligen Auftraggeber zwischen Adaption und Distinktion, zwischen der Wahl eigenständiger und standesbewusster, auf bürgerlichen Tugenden wie Fleiß (Industria) oder Vor-Sehung (Providenzia) fußenden Konzepten einerseits und der Orientierung an den Programmen fürstlicher Residenzen andererseits. Hierzu gehört auch die spezifische Ausweitung der geläufigen frühneuzeitlichen Bildersprache um eine differenzierte Darstellung von Handel und Handwerk als Grundlage für Wachstum und Wohlstand eines Landes. Auf welchen Wegen vollzog sich dieser gewerbebezogene Wandel zwischen der wandfesten Malerei und der Druckgraphik? Welche künstlerischen Synergieeffekte ergaben sich daraus? Wie schlugen sich die merkantilen Entwicklungen ab der Mitte des 18. Jahrhunderts in der Ikonographie synergetisch in anderen Artefakten (z.B. mit Radierung ausgestatteten Geschäftsempfehlungen) nieder? Wie fügt sich weiterhin das vertraute und gängige Ausdrucksmittel der Götter- und Heldenadaption in die bürgerliche Bildsprache?

Der sozialgeschichtliche Zugang steht im Mittelpunkt der zweiten Sektion. Während sich in den Freskenausstattungen der Augsburger Bürgerhäuser die Religionszugehörigkeit zum eigenen Konfessionskörper als positionsbestimmendes Element im besonderen Maße bemerkbar machte, ist für die Tagung die vergleichende Fragestellung bezüglich anderer, konfessionell einseitig und damit auch eindeutig ausgerichteter (Reichs-)städte von besonderem Interesse. Zugleich – und dieser Themenbereich ist in Zeiten der offenen Frage nach der lokalen Identität als gesellschaftsstützendes Moment innerhalb der bürgerlichen Mitte Europas von besonderem Interesse – will diese Tagung ortsspezifischen Besonderheiten in der bürgerlichen Selbstdarstellung nachgehen. Als Vergleiche bieten sich hier z.B. der reiche Bestand an Ausmalungen in den Bürgerhäusern der Hansestädte Lübeck und Hamburg oder die weitreichende Tradition in den Niederlanden und Italien an.

Einen weiteren Schwerpunkt bilden Fragen nach der Künstlersozialgeschichte im Spannungsfeld zu bürgerlichen Auftraggebern. Für welche Künstlergruppen waren bürgerliche Auftraggeber attraktiv und warum? Konnten Bürger auch begehrte Malerpersönlichkeiten für Aufträge gewinnen und gab es personelle Übereinstimmungen zwischen Freskanten, die für den Hof und für Bürger tätig waren? Was machte Aufträge aus dem bürgerlichen Milieu für Künstler attraktiv und wie hoch war die Bezahlung im Vergleich zu landesherrlichen Beschäftigungsverhältnissen? Wie gestaltete sich die Programmfindung für die Deckengemälde jenseits der Verfügbarkeit von Hofgelehrten oder umfangreich intellektuell gebildetem Klerus? Und nicht zuletzt stellt sich auch die Frage nach der Topographie dieser Denkmalbestände: Wo in der jeweiligen Stadt befinden sich bürgerliche und niederadelige Deckengemälde und wie gestaltete sich das soziale Umfeld der Auftraggeber? Welche soziologischen Netzwerke können aus der jeweiligen Auftragssituation rekonstruiert werden?

Als viertes und letztes Themenfeld beschließt die Analyse des historischen Umgangs mit diesem gebäudegebundenen Bildmedium privater Ambitionen die Tagung. Die Aspekte der Wiederentdeckung und der denkmalpflegerischen Erfassung dieses oft nur schwer zugänglichen Kulturgutes gilt es hierbei genauso zu erörtern wie diejenige der Erhaltung, der Rezeptions- und Translationsgeschichte und ideologischer Vereinnahmung. Die Frage nach der Wertschätzung dieses Kulturgutes führt hierbei unmittelbar zu der gesellschaftsrelevanten Verortung in aktuellen Diskursen zur Identitätsstiftung von städtischer Kultur.

Bei Interesse an der Teilnahme freuen wir uns über abstracts (max. 2000 Zeichen) mit einem kurzem CV bis zum 3. November 2019 an angelika.dreyerphilhist.uni-augsburg.de

The heaven of the well-to-do citizen. Baroque ceiling painting in townhouses

Peace and Prosperity – both conditions for political stability and economic prosperity always determined the lifestyle of the upper middle classes and are reflected visually in the ceiling frescoes of the 18 th. century. A speedily executed and therefore affordable medium, ceiling painting was apt for representations of complex subject matters supported by its vast surfaces.

The free imperial city of Augsburg provided ideal conditions. The trade in textiles or silver products flourished as well as banking. In Augsburg, the centre of publishing houses and printing, a rich supply of iconographic and compositional possibilities was available. The bi-confessionally ruled academy attracted many fresco painters from the surrounding territories. Therefore, Augsburg seems to be the ideal place for an interdisciplinary symposium on ceiling paintings in bourgeois houses
within a European context.

A central interest of research focuses on the following question: Where did commissioners of upper middle class citizens and lower nobility place themselves between distinction and adaptation. On one hand, there were concepts originated by their own proud standing, based on civic virtues like hard work (Industria) or good planning (Providentia), on the other hand, the orientation following the concepts of princely residences. One of the new iconographic topics in the early modern period is their enrichment through differentiated representations of trade and handicraft in their role as foundations of growth and well-being of a country. How did these changes take place in fresco painting and in print? Which were the resulting artistic effects? How did iconography reflect changing mercantile developments from the middle of the 18th century in other artefacts (for instance in business cards with illustrating prints? In how far is the familiar and commonly used iconography of deities and heroes reflected within the new imagery?

Centre oft he second section is the socio-historical approach. In civic houses of bi-confessional Augsburg, the religious confession of the owners is a specific element in the fresco decoration; it places them into one of the two Christian communities of the city. For the symposium, it will be interesting to compare this with decorations in other, one-confessional (imperial) communities. The symposium has a special interest in exploring specific local features concerning the self- representation of the upper middle class. This topic is particular importance today, since local identity as a momentum strengthening society within European middle classes remains an open question. Comparison could be offered, amongst others, by the rich material in affluent middle class houses in the Hanscatic cities of Lübeck and Hamburg or the wide ranging traditions in the Netherlands and Italy.

Another focus is places on the issue of social history of the artist and the relation to their civic commissioners. For which circles of artists were civic commissions attractive, and why? Could civic commissioners get sought-after painters to work for them? Were there fresco painters active for both, courts and private citizens? What made orders from private citizens attractive for artist and how were they paid in comparison with artists in continuous service of a ruling prince? How were iconographic programs established without the help of a court scholar or a highly educated cleric? And last but not least, there is the problem of the topography of these monuments in question. Where are houses with ceiling paintings, commissioned by rich citizens and lower nobility, located in the individual towns, and what was the social surrounding of them? Which social networks resulting from the individual commissions can be reconstructed?

The fourth and last topic of the symposium will be the analysis of the historic handling of ceiling paintings originating from private ambitions and connected inseparably with civic buildings. This encompasses the question of rediscovery and inventorisation of such not easily accessible objects of cultural testimony as well as the question of their history of reception or transfer and their ideological appreciation. The question of the appreciation of this cultural heritage that conveys identity consequently leads to middle-class self-conception in the 21st century.

We invite proposals for papers (2000 signs max) and a short CV to be sent to angelika.dreyerphilhist.uni-augsburg.de

Quellennachweis:
CFP: Himmlische Botschaften in bürgerlichen Welten (14-15 May 20). In: ArtHist.net, 12.09.2019. Letzter Zugriff 26.04.2024. <https://arthist.net/archive/21551>.

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