CFP 28.01.2019

Dinge des Glaubens (Jena/Gotha, 7-9 Nov 19)

Historisches Institut der Friedrich-Schiller-Universität Jena in Kooperation mit der Stiftung Schloss Friedenstein in Gotha (Jena, Gotha), 07.–09.11.2019
Eingabeschluss : 15.04.2019

Berit Wagner

Dinge des Glaubens. Materialisierte Frömmigkeit in der Vormoderne

Veranstalterinnen: Dr. Anne Mariss (Regensburg), Prof. Dr. Kim Siebenhüner (Jena), Dr. Berit Wagner (Frankfurt), in Kooperation mit der Stiftung Schloss Friedenstein | Arbeitskreis „Materielle Kultur und Konsum in der Vormoderne“

In fast allen Religionen spielen Dinge eine zentrale Rolle in der religiösen Praxis. Glaube wurde und wird nicht nur ideell, sondern in vielen Fällen auch mit Dingen und durch Dinge vollzogen. Man kann dabei an mobile Buddhastatürchen oder Hindu-Klappaltärchen denken, an Agnus Dei von Katholiken und von Lutheranern ererbten Devotionalien oder an die von Gläubigen des Alten Indien, Buddhisten, Muslimen und Christen gleichermaßen gebrauchten Gebetsschnüre.

Dinge wurden zu religiösen Dingen, indem sie von der Welt des Profanen isoliert, in die religiöse Praxis – sei es in den Vollzug des Kultes, sei es in die Akte persönlicher Frömmigkeit – eingebunden und mit religiöser Bedeutung aufgeladen wurden. Dies impliziert, dass die Sakralisierung von Dingen stets ein Aushandlungsprozess war, und zwar ein reversibler, denn auch religiöse Dinge konnten in ökonomische Kreisläufe zurückgeführt und zur Ware werden. Sie konnten deplatziert und umgedeutet werden, sie konnten entsakralisiert und musealisiert werden.

Im christlich-europäischen Kontext wurden die Dinge des Glaubens durch Reformation und Konfessionalisierung einem grundlegenden Wandel unterzogen. Die Kritik an der ‘altgläubigen’ Praxis, mit religiösen Dingen umzugehen, war ein fester Bestandteil der Auseinandersetzung zwischen Katholiken und Protestanten im Zeitalter der Reformation und wurde als Aberglaube diffamiert. Gleichzeitig entwickelten sich im Zuge wachsender Kulturkontakte und missionarischer Tätigkeit seit 1500 neue Formen materialisierter Frömmigkeit. Es wurden nicht nur christliche Devotionalien nach Asien, Afrika und Amerika geschafft, sondern dort entstanden auch neue, transkulturelle Objekte christlich-hybrider Frömmigkeit. Umgekehrt gelangten über Missionare, Händler und Sammler sowohl solche Objekte als auch sakrale Objekte nicht-christlicher Religionen zurück nach Europa, wo sie nicht selten in die frühneuzeitlichen Kunst- und Wunderkammern eingingen.

Nachdem sich die Forschung zu materieller Kultur vielfach auf weltliche Dinge konzentriert hat, und insbesondere Konsumwandwandel und Kommerzialisierung als vor allem säkulare Prozesse begriffen worden sind, stellt die 4. Jahrestagung des Arbeitskreises „Materielle Kultur und Konsum in der Vormoderne“ Dinge des Glaubens in den Mittelpunkt. Die Beschäftigung mit der Materialität des Glaubens bietet konfessions- und religionsübergreifend einen produktiven Ansatz, um historisch spezifische Formen von Frömmigkeit und religiöser Praxis aus kulturwissenschaftlicher Perspektive zu untersuchen.

Zentrales Erkenntnisinteresse der Tagung ist sowohl die Frage nach dem Umgang mit portablen Dingen des Glaubens in unterschiedlichen Religionen in der Vormoderne als auch die Frage nach dem Wandel der materiellen Kultur von Religion im Zuge von Reformation, Konfessionalisierung und europäischer Expansion. Wie wurden mobile Objekte der Frömmigkeit hergestellt, gebraucht, gedeutet und in ihre jeweiligen Sinnzusammenhänge transformiert? Von welchen Konzepten einer wie auch immer gearteten ‚Wirksamkeit‘ der Dinge ist man ausgegangen? Welchen Stellenwert hatten Stofflichkeit und Materialität der Objekte für die Gläubigen? Wie verwandelten sich Werte und Bedeutungen von Glaubensdingen durch Mobilität und Rekontextualisierungen? Wie veränderte sich der Gebrauch von Artefakten und Bildern durch Reformation und Konfessionalisierung? Welchen Einfluss hatte die elitäre Entwicklung christlich hermetischer, resp. esoterischer Strömungen auf die Genese bis dahin unbekannter Dinge des Glaubens? Welche Rolle spielte die im 16. Jahrhundert voranschreitende Erschließung der Neuen Welt und der Mission in Afrika und Asien, durch die nicht nur exotische Materialien, sondern auch ‚fremde‘ Objekte anderer Religionen in Europa bekannt wurden?

Der 2016 in Wolfenbüttel gegründete Arbeitskreis „Materielle Kultur und Konsum in der Vormoderne“ ist aus dem DFG-geförderten Netzwerk „Materielle Kultur und Konsum im Europa der Frühen Neuzeit. Objekte – Zirkulationen – Aneignungen“ hervorgegangen und versteht sich als interdisziplinäres Forum zur Diskussion aktueller Fragen der Geschichte materieller Kultur und der Konsumforschung. Wir freuen uns über Beiträge aller historisch arbeitenden Geisteswissenschaften, die sich mit den oben genannten Fragen beschäftigten, insbesondere der Geschichtswissenschaft, der Kunstgeschichte, den historisch ausgerichteten Area Studies, der Kirchengeschichte, der Archäologie und der Ethnologie. Besonders willkommen sind zudem Beiträge aus dem Museumsbereich sowie laufende Promotionsprojekte. Neben den thematischen Sektionen ist eine allgemeine Sektion vorgesehen, in der aktuelle Projekte zur Geschichte materieller Kultur in der Vormoderne vorgestellt werden können.

Die Konferenzsprachen sind Deutsch und Englisch.

Die Tagung wird vom Historischen Institut der Friedrich-Schiller-Universität Jena in Kooperation mit der Stiftung Schloss Friedenstein in Gotha ausgerichtet und findet in Jena und Gotha statt. Die Reisekosten der Vortragenden können in begrenztem Umfang erstattet werden. Die Reisekosten von teilnehmenden Studierenden und Doktorierenden ohne Vortrag können bezuschusst werden.

Bitte senden Sie Ihre Abstracts im Umfang von 1.500 Zeichen bzw. Ihre Anmeldung zur Veranstaltung bis zum 15. April 2019 an Anne Mariss (anne.marissgeschichte.uni-regensburg.de) und Berit Wagner (bwagnerkunst.uni-frankfurt.de).

Quellennachweis:
CFP: Dinge des Glaubens (Jena/Gotha, 7-9 Nov 19). In: ArtHist.net, 28.01.2019. Letzter Zugriff 27.04.2024. <https://arthist.net/archive/20020>.

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