ANN 22.06.2017

Vortragsreihe: Julius Meier-Graefe - Grenzgänger der Künste (Berlin, Jun-Jul 17)

Literaturhaus Berlin, 22.06.–16.07.2017

Jun.-Prof. Dr. Stephanie Marchal

Julius Meier-Graefe Grenzgänger der Künste (1867-1935)

Zeitgenossen rühmten die überaus erfolgreichen Bücher des Kunstschriftstellers und Kritikers Julius Meier-Graefe als »neue Schule des Sehens«. In seinen Schriften konzentrierte er sich auf die moderne Malerei, sensibilisierte durch seine ästhetische Neubewertung und literarische Verve das deutsche Publikum für die französische Kunst des 19. Jahrhunderts und prägte maßgeblich den Kanon der heutigen Kunstgeschichte. Meier-Graefe wurde durch seine außerordentliche literarische Produktivität und sein kulturpolitisches Engagement zu einer zentralen Figur für den europäischen Kulturtransfer im frühen 20. Jahrhundert. Freundschaften mit Künstlern wie Munch, van de Velde oder Beckmann, die rege Zusammenarbeit mit Sammlern, Kunsthändlern und Museumsleitern sowie sein unermüdlicher Einsatz für den Jugendstil, Impressionismus und Neoimpressionismus machten Meier-Graefe zu einem einzigartigen Vermittler der Moderne. Die Ausstellung legt die zahlreichen Facetten von Meier-Graefes Denkweise, Schaffen und Wirken frei, zeichnet seine kunstschriftstellerischen Konturen nach, setzt ihn ideengeschichtlich in den Kontext seiner Zeit und fragt danach, wie er auch mithilfe
seinerzeit neuer Reproduktionstechniken Künstler und -Werke im Kunstbetrieb durchzusetzen versuchte. Die einzigartige literarische Sprache Meier-Graefes wird durch Hörstationen mit Lesungen seiner oftmals amüsanten, scharfzüngigen und klugen Texte zu Künstlern und Werken der Moderne erlebbar gemacht. Eine von Moritz Wehrmann (Jg. 1980) in Zusammenarbeit mit Pascale Dassibat entwickelte Rauminstallation setzt sich aus zeitgenössischer Perspektive mit dem für Meier-Graefe zentralen Anliegen auseinander, Farben sprachlich in seinen Texten zu vermitteln.

Freitag, 9.6., 20 Uhr Ausstellungseröffnung Begrüßung: Ernest Wichner; Dr. Ingeborg Becker, Prof. Dr. Stephanie Marchal und Moritz Wehrmann führen in die Ausstellung ein.

Begleitprogramm:

Donnerstag, 15.6., 20 Uhr Kunstreproduktion als Versöhnung: Julius Meier-Graefe und die Marées-Gesellschaft
Die 1917 in Zusammenarbeit mit dem Verleger Reinhard Piper gegründete Marées-Gesellschaft stellte zweifellos eine der ehrgeizigsten Unternehmungen Meier-Graefes dar. In erster Linie widmete sich die Gesellschaft der Veröffentlichung und Verbreitung hochqualitativer Reproduktionen von Werken alter und moderner Meister. Sie profitierte auch von der Mitwirkung bedeutender zeitgenössischer Künstler wie Lovis Corinth und Max Beckmann. Dr. Victor Claass (Deutsches Forum für Kunstgeschichte Paris) spricht über die Entstehung und Entwicklung dieses ästhetischen, sozial-erzieherischen Projekts, mit dem Meier-Graefe versuchte, die zerrissenen kulturellen Netzwerke Europas mithilfe der Kunst und ihrer Bilder zu rekonstruieren.

Samstag, 24.6., 20 Uhr Spanischer Abend
Julius Meier-Graefes »Spanische Reise«, 1910 erschienen, hatte ihn mit einer kleinen Gesellschaft von Freunden für sechs Monate nach Spanien geführt. Was als Reisebericht beginnt, erweitert sich zu einem »Erweckungserlebnis« und erzählt von einer neuen Sensibilität gegenüber der Spanischen Kunst des Siglo de Oro: Eigentlich als glühender Verehrer des Barockmalers Velázquez angereist, wendet sich Meier-Graefe vehement dem damals nahezu unbekannten El Greco zu. Zur Einführung spricht Prof. Dr. Michael Scholz-Hänsel (Universität Leipzig), Max von Pufendorf liest Ausschnitte aus der »Spanischen Reise«, und der Flamenco Gitarrist Ulrich Gottwald lässt musikalische Intermezzi erklingen.

Sonntag, 2.7., 11.30 Uhr Literaturhaus und 13.30 Uhr Georg Kolbe Museum Julius Meier-Graefe und Alfred Flechtheim An die sonntägliche Führung durch die Meier-Graefe-Aus stellung im Literaturhaus von 11.30 Uhr bis ca. 12.30 Uhr mit Prof. Dr. Stephanie Marchal schließt sich eine Kuratorenführung mit Dr. Julia Wallner durch die aktuelle Ausstellung im Georg Kolbe Museum an: „Alfred Flechtheim. Kunsthändler der Moderne“. Sowohl Meier-Graefe als auch Flechtheim prägten in herausragender Weise den Kunstbetrieb der 1920er Jahre, was durch die Zusammenschau beider Ausstellungen besonders eindrücklich zu erleben ist.

Freitag, 7.7., 20 Uhr Was kann Kritik (noch)?
Wenn das Bild mächtiger ist als der Begriff und das Werk sich wie ein Virus in Netzwerken verbreitet, welche Rolle und welche Wirkung kommt dann noch dem ästhetischen Urteil zu? Diese Frage versucht Kolja Reichert (Redakteur für Kunst im Feuilleton der FAZ) in seinem Vortrag zu beantworten.

Donnerstag, 13.7., 20 Uhr Julius Meier-Graefe: Grenzgänger der Künste Die Ausstellung findet in der zeitgleich im Deutschen Kunstverlag erscheinenden Publikation zu Julius Meier-Graefe ihre Fortführung und Vertiefung. Moderiert von den Herausgeberinnen Dr. Ingeborg Becker und Prof. Dr. Stephanie Marchal, beleuchten verschiedene Autoren des Bandes in einem Podiumsgespräch die Figur, das Schaffen und Wirken Meier-Graefes aus unterschiedlichen Perspektiven und lassen die Ausstellung Revue passieren

Quellennachweis:
ANN: Vortragsreihe: Julius Meier-Graefe - Grenzgänger der Künste (Berlin, Jun-Jul 17). In: ArtHist.net, 22.06.2017. Letzter Zugriff 29.03.2024. <https://arthist.net/archive/15868>.

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