Hin und Wegsehen. Erscheinungsformen der Gewalt im Wechselverhältnis von Bild und Betrachter
Gewaltbilder zeichnen sich oft durch eine zwiespältige Wirkung aus: sie schrecken ab und verstören, können aber auch faszinieren und erregen oder zur meditativen Versenkung auffordern. Seit der Antike tritt dieses scheinbare Paradoxon der anziehenden Abstoßung und abstoßenden Anziehung laufend in Erscheinung. Betrachtende finden sich hierbei unter moralischem und ästhetischem Selbsteinschätzungsdruck einem Dilemma ausgesetzt: besser hin- oder doch lieber wegsehen?
Angesichts der aktuellen Präsenz von Gewalt in der tagespolitischen Berichterstattung ist es kaum verwunderlich, dass vielerorts der Eindruck eines bislang nie dagewesenen Ausmaßes an Gewalt entsteht. Unbeachtet bleibt dabei aber, dass aktuelle Pressebilder immer auch auf bestimmte Traditionen und Entwicklungen visueller Wissensordnungen und Bildsetzungen in medial transformierten Gewalthandlungszusammenhängen verweisen.
Ziel der Tagung ist es, nicht nur die Vielfalt der Erscheinungsformen bildlicher Gewalt und ihren motivischen Strang herauszuarbeiten, sondern auch die zwiespältige Wirkkraft bildlicher Gewalt auf den jeweiligen Betrachter in den Blick zu nehmen.
Freitag, 01.06.2018
10:00
Franca Buss, Philipp Müller (Hamburg): Einführung
Blicklenkung und Wahrnehmungsorganisation
Moderation: Julian Blunk (Berlin)
10:30
Matthias Schulz (Braunschweig): Der Raum zwischen den Schlägen. Der Schauplatz als Akteur in der Geißelungsikonografie südlich und nördlich der Alpen im 15. Jahrhundert
11:00 Kaffeepause
11:30
Katrin Weleda (Braunschweig): Den Blick nicht abwenden können - Enthauptung als Blickregime
12:00
Volker Hille (Frankfurt a. M.): Das unerträgliche Bild: Hin- und Wegsehen als Motiv der filmischen Ekphrasis in Martin McDonaghs „In Bruges“ (2008) und Andrés Muschiettis „It“ (2017)
12:30 Kaffeepause
13:00
Barbara Oettl (Regensburg/Düsseldorf): „Ich sehe MICH, weil MAN mich sieht“: Voyeuristische Bilder der Selbsterkenntnis
13:30 Paneldiskussion
14:00 Mittagspause
Wirkung, Wissen, Wirklichkeit
Moderation: Ines Kleesattel
15:30
Elena Korowin (Freiburg): Bilder unsichtbarer Gewalt
16:00
Sylvia Kafehsy (Zürich): The Politics of Trauma als Bilderfahrung am Beispiel von Kader Attia und Rajkamal Kahlon
16:30 Kaffeepause
17:00
Svea Bräunert (Cincinnati): Blindheit, Zeugenschaft, Dokument. Hito Steyerls Bildumschreibungen des Drohnenkriegs
17:30 Paneldiskussion
Samstag, 02.06.2018
Medialisierungsformen und -prozesse
Moderation: Maurice Saß (Hamburg)
09:00
Andreas Plackinger (München): Theater der Grausamkeiten. Zum medialen Echo der Pariser Bartholomäusnacht von 1572
09:30
Anke Napp (Hamburg): „Die Größe des Schicksals, das wir Krieg nennen.“ Kriegerische Gewalt in einem Filmosto-Bildband um 1928
10:00
Sebastian Schönemann (Leipzig/Landau), Ann Kathrin Düben (Leipzig): Gewalt als Leere. Repräsentation und Rezeption der Ikone des Torhauses Auschwitz-Birkenau
10:30 Kaffeepause
11:00
Anna Stemmler (Berlin/Hannover): Die Un/sichtbarkeit der Bilder von 9/11
11:30 Paneldiskussion
12:00 Mittagspause
Nutzungs- und Distanzierungsoptionen
Moderation: Franca Buss, Philipp Müller (Hamburg)
13:30
Thomas Helbig (Berlin): Gewalt/Bild/Politik
14:00
Robert Kahr (Düsseldorf): Mediale Inszenierung von Amok- und Terrorbildern
14:30 Kaffeepause
15:00
Simon Menner (Berlin): Wahrnehmung als Schlachtfeld. Zur Rolle des Bildes in heutigen Konflikten
15:30 Paneldiskussion
Quellennachweis:
CONF: Hin und Wegsehen (Hamburg, 1-2 Jun 18). In: ArtHist.net, 22.05.2018. Letzter Zugriff 20.04.2024. <https://arthist.net/archive/18205>.