Der Sturm – Literatur, Musik, Graphik und die Vernetzung in der Zeit des Expressionismus
Zum 100. Jubiläum der Eröffnung der Berliner Galerie Der Sturm von Herwarth Walden fand vom 13.3. bis 10.6.2012 im Von der Heydt-Museum, Wuppertal, die Ausstellung „Der Sturm – Zentrum der Avantgarde“ statt. Das Ausstellungsprojekt entstand in einer Kooperation des Museums mit dem Institut für Kunstgeschichte an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf; im Zuge der langjährigen Vorbereitung traten viele neue Zusammenhänge zutage, die im Rahmen des wissenschaftlichen Katalogbandes nicht behandelt werden konnten und für die es noch ein erhebliches Forschungsdesiderat gibt.
Diese Themen sollen nun auf der Basis der neuesten Forschungen auf einer Tagung im November 2013 an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf zur Sprache kommen. Die frischen, oft radikalen Ideen der Jahrhundertwende fanden nicht nur in den bildenden Künsten ihren Niederschlag, sondern erfassten auch die Literatur, die Musik, den Film und die Druckgraphik. Hier spielen sowohl die Zeitschrift Der Sturm als auch die mit ihm verbundenen Künstler verschiedenster Gattungen eine Rolle. Konnte mit den jüngsten Forschungen zum Teil ein neues Licht auf die Beziehungen der Künstler und Künstlergruppen zu Herwarth Walden und ihren Einfluss auf den Sturm geworfen werden, so stehen diese Forschungen für die Dichter und Komponisten um den Sturm sowie für die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg noch am Anfang. Die Tagung möchte gezielt diese Beziehungen und Verflechtungen untersuchen und die Bedeutung der Zeitschrift Der Sturm für Literatur, Kunsttheorie, Kunstkritik und Druckgraphik sowie die Rolle der Politik für den Sturm auf der Basis der jüngsten Forschungen diskutieren.
Zu fragen wird sein, welche Rolle der Sturm für die Diskussion der Kunsttheorien, für die Entwicklung der graphischen Künste spielte, oder ob die Zeitschrift Einfluss auf die Form der Kunstkritik seit den 1910er Jahren hatte? Die Wanderausstellungen der Galerie Der Sturm verhalfen von Beginn an zu einer wachsenden Prosperität; welche Künstler- und Kunstmarktnetzwerke lagen ihnen zugrunde? Inwieweit war der Sturm an der Entwicklung von expressionistischer Musik und Film beteiligt? Welchen Platz nahm die Zeitschrift Der Sturm in der Fülle der aufkommenden Kunstzeitschriften ein, beispielsweise im Verhältnis zur Aktion, zu den Weißen Blättern und zur Zeitschrift Pan? Wie unterscheidet sich Der Sturm in Aufbau, Struktur und Wirkung von ihnen? Welche Texte trugen die Dichter, Literaten und Publizisten, Else Lasker-Schüler, Alfred Döblin, Karl Kraus, René Schickele, Richard Dehmel, Paul Scheerbart, August Stramm, Kurt Heynicke, Lothar Schreyer, Kurt Schwitters, Hans Arp u.a., zum Sturm bei? Wie verhält sich ihre Präsenz im Sturm zu anderen publizistischen Organen? Gibt es ein Profil der literarischen Veröffentlichungen? Verändert es sich mit der Zeit, beispielsweise als Ablösung der Ausdruckskunst durch die Wort- und Klangkunst? Welche Rolle spielte der Sturm für die Literatur nach 1918? Hat die politische Orientierung Herwarth Waldens Einfluss auf das Programm der Galerie nach 1918, welche Beziehungen hat er zur Novembergruppe?
Die Tagung findet vom 14. bis 16. November 2013 im Haus der Universität in der Stadt, Schadowplatz 14, 40212 Düsseldorf statt und wird thematisch durch zwei Abendveranstaltungen – eine Diskussion mit Zeitzeugen im Goethe-Museum Düsseldorf, ein Abendvortrag zum expressionistischen Theater – eingerahmt.
Die Teilnahme ist kostenlos. Um eine Anmeldung über das Sekretariat der Kunstgeschichte der Heinrich-Heine-Universität wird dennoch gebeten:
sekretariat.kugephil.hhu.de, Tel.: +49 (0)211 81-10790.
Die Veranstaltung wird gefördert durch die Ernst von Siemens Kunststiftung.
Organisation und Leitung:
Prof. Dr. Andrea von Hülsen-Esch (Institut für Kunstgeschichte)
huelsen-eschphil.hhu.de
Prof. Dr. Henriette Herwig (Institut für Germanistik)
herwigphil.hhu.de
Programm:
Donnerstag, den 14. November 2013
10.00–10.45 Uhr | Markus Ender / Ingrid Fürhapter (Innsbruck):
„Herr Walden ist leider anderer Meinung wie Sie“. Der Sturm und Der Brenner – ästhetisch-ideologische Annäherungen und Distanzierungen zwischen Berlin und Innsbruck
10.45–11.30 Uhr | Sören Steding (Iowa, USA):
„Durchbohrt von allen Geschossen der Welt“. Kriegslyrik in Die Aktion, Der Sturm und Die Weissen Blätter während des Ersten Weltkriegs
Kaffeepause
12.00–12.45 Uhr | Irene Chytraeus-Auerbach (Siena):
Richard Dehmel und Arno Holz als Autoren im Sturm (mit einigen Anmerkungen zu F.T. Marinetti)
12.45–13.30 Uhr | Ann-Kathrin Günzel (Köln):
Kunst + Leben = arte-azione. Von der futuristischen serata zur dadaistischen soirée über die Vermittlung Herwarth Waldens und des Sturm
Mittagspause
15.00 – 15.45 Uhr | Friederike Kitschen (Berlin):
„Einseitig sein“ – Herwarth Walden, die Kunstkritik und der Kunsthandel
15.45–16.30 Uhr | Petra Kunzelmann (Erlangen):
Der Sturm und die Kunstkritik. Von der Provokation zum Streit
Kaffeepause
17.00 – 17.45 Uhr | Martina King (Bern / München):
„Ein Ewiger“ oder die letzte Etappe auf dem Weg zur Wortkunst? Aage von Kohl und das Problem des Erzählens im Sturm
19.30 Uhr | STURM-Gespräch. Podiumsgespräch mit Zeitzeugen: Sina Walden und Juan Allende-Blin, moderiert von PD Dr. Christof Wingertszahn, Goethe-Museum Düsseldorf
Freitag, den 15. November 2013
9.15 – 10.00 Uhr | Karla Bilang (Berlin):
Bühnenbild und Figurinen für Theater und Film in der Sturm-Zeitschrift der 1920er Jahre
10.00 – 10.45 Uhr | Volker Kalisch (Düsseldorf):
Das besondere Interesse an der Musik aus der Expressionslogik des Sturm
Kaffeepause
11.15 – 12.00 Uhr | Jenny Anger (Iowa, USA):
Alfred Döblins Gespräche über Kalypso. Über die Musik
12.00 – 12.45 Uhr | Ulrike Steierwald (Lüneburg):
Zur Ästhetik des Schaufensters. Abstraktion und Verdinglichung im Kontext der Zeitschrift Der Sturm
Mittagspause
14.15–15.00 Uhr | Maaike van Rijn (Karlsruhe):
„Die Liebe zur Ausarbeitung und die ungeheuer benervte Ausnutzung des Licht- und Schattenelements“ – Der Holzschnitt beim Sturm zwischen Orginalitätskriterium und druckgraphischem Massenmedium
15.00 – 15.45 Uhr | Sibylle Schönborn (Düsseldorf):
Travestien des Korrespondentenberichts in der Zeitschrift Der Sturm: Else Lasker-Schülers Briefe nach Norwegen
Kaffeepause
16.15 – 17.00 Uhr | Isabel Wünsche (Bremen):
Der Sturm und die Abstrakten
17.00 – 17.45 Uhr | Enno Stahl (Düsseldorf):
Wortkunst und Stramm. Die zweite Phase 1919–1925 (Schwitters, Nebel, Behrens)
17.45 – 18.30 Uhr | Kirsten Fitzke (Osnabrück):
Der ewige Kampf gegen die Konkurrenz. Herwarth Walden und der politische Aufbruch der Avantgarde nach dem Ersten Weltkrieg
19.30 Uhr | Peter Marx (Köln):
Entfesselung und Beharrung – Expressionistische Spielräume auf der Bühne
Samstag, den 16. November 2013
09.15 – 10.00 Uhr | Gertrude Cepl-Kaufmann / Jasmin Grande (Düsseldorf):
Rosenkränzchen, Gereonsclub, Buchhandlung Cohen, Sturmgalerie und mehr. Transferorte der Moderne
10.00 – 10.45 Uhr | András Zwickl (Budapest):
Ausstellungen der Galerie Der Sturm in Budapest
Kaffeepause
11.15 – 12.00 Uhr | Lidia Gluchowska (Zielona Gora, Polen / Bamberg):
„Das internationale Netzwerk von Zeitschriften ist im Aufkommen“. Henryk Berlewi – ein polnisch-jüdischer Sturm-Künstler als Kulturvermittler europaweit
12.00 – 12.45 Uhr | Jessica Sjöholm Skrubbe (Stockholm):
Sturm in Scandinavia
Anschließend: Abschlussdiskussion
Während der gesamten Veranstaltung:
Postersektion der Doktorandinnen:
Franziska Lampe (Florenz): Das fotografische Werk Lyonel Feiningers als Konstrukt und Reflexion der Moderne
Johanna Kaus (Heidelberg): Das System Herwarth Walden
Quellennachweis:
CONF: Der Sturm (Düsseldorf, 14-16 Nov 2013). In: ArtHist.net, 07.11.2013. Letzter Zugriff 24.11.2024. <https://arthist.net/archive/6363>.