CONF 25.05.2013

Kunst als Avantgarde einer Weltkultur? (Kiel, 6-8 Jun 13)

Kiel, Kunsthalle zu Kiel, Düsternbrooker Weg 1, 06.–08.06.2013

Maike Schulken

Globalisierung als Zivilisationsmaschine oder Kunst als Avantgarde einer
Weltkultur?
Ein Versuch

Weltkunst heute: Da ist ein Global Player wie Ai Weiwei, dessen
Bedeutung vielleicht mehr als durch seine eigentlichen Werke in der
subtilen Untersuchung der systemischen Bedingungen der Global Art liegt.
Damit steht er durchaus in der Tradition der 'art engagé' seit den Tagen
Courbets. Da ist der Tibeter Gonkar Gyatso, dessen subtile Analyse
buddhistischer Traditionen, chinesischer Kulturrevolution, tibetischer
Moderne und dem globalen Kunstmarkt die Überlagerungen neuartiger Welt-
(Künstler-)Identitäten zur Anschauung bringt. Da ist aber auch die
Vielzahl von Kunstgalerien in Hanoi, deren 'Produkte', halbindustriell
hergestellt, eher dem entsprechen, was in Europa als Kaufhauskitsch
immer schon mindestens als sehr 'low' galt. Ähnlich variiert der
offizielle chinesische Künstlerbund exotische Tibeterinnen als erotisch
aufgeladene Landmädchen im süßlichen Stil und zuletzt finden alle Phasen
der Moderne seit Mitte des 19. Jahrhunderts ihre jeweiligen Pendants in
den asiatischen Ländern: Wahlweise kann man in unterschiedlichster
Qualität und Originalität einen chinesischen, indischen oder tibetischen
Millet, Courbet, Munch und vor allem den internationalen Star
schlechthin - Van Gogh - bewundern. Von der chinesischen Popart ganz zu
schweigen.
Wie wir dies aus europäischer Sicht auch beurteilen wollen, entscheidend
ist, dass alle diese unterschiedlichen Ansätze Teil des öffentlichen
Kunstdiskurses in ihren Ursprungsländern sind. Denn dieser besteht eben
nicht nur aus den uns bekannten Exponaten der Documenta und Biennalen,
sondern auch aus dem aktuellen 'Tibetkitsch' in Pekinger Galerien und
der 'Massenproduktion' chinesischer Kunstfabriken. Gelegentlich fällt es
uns 'Westlern' schwer, dabei nicht an Kitsch oder schlichte Nachahmung
in lokaler Variante zu denken.
Wie also dies analysieren oder beschreiben ohne in zu schlichte
eurozentrische und naive Fortschrittsmodelle zu verfallen? D.h. alle
diese Formen sind Ausdruck der Spezifität eigenständiger kultureller
Identitäten. Wenn man politisch korrekt diese Formen als Ausdruck
gleichberechtigter autochtoner Traditionen auffasst, dann müsste man
auch den 'Tirolerkitsch' aus dem Kaufhaus als gleichberechtigte Kunst
anerkennen.
Das folgende ist ein Versuch über dieses Dilemma.

Man darf in freier Aneignung Panofskys hier der Kunst wohl den Charakter
einer symbolischen Form für diesen alles umfassenden Prozess der
Globalisierung zuschreiben. Nur: welche Zukunft findet hier ihre
symbolische Form? Kaum ein Phänomen ist für eine allzu naive
Aufklärungsromantik so voller Paradoxien anfällig wie eben die
Globalisierung. Es geht um den Widerspruch zwischen jedem möglichen
Anspruch auf autochtone kulturelle Identität und der Historizität eines
modernen autonomen Kunstbegriffs, der sich von solchen Bindungen auch in
Europa emanzipierte und charakteristisch ist für moderne
Funktionsgesellschaften. Das Bild trat an Stelle des Kults (Belting).
Die Entstehung eines eigenständigen Subsystems Kunst seit der
Frühneuzeit in Europa ist ja nicht von der Entwicklung des modernen
Rationalismus und Individualismus zu trennen.
Problematisch ist jedenfalls die häufige, ob affirmierende oder
negierende Beschreibung der neuen 'Weltkunst' als Konfrontation zwischen
dem Westen und dem Rest der Welt, zwischen Orient und Okzident als feste
Entitäten. Ist es nicht eher eine Auseinandersetzung zwischen Tradition
und Moderne, so wie eben Europa im langen Weg der Entwicklung der
neuzeitlichen Kunst einschließlich des Durchbruchs der ästhetischer
Autonomie seit Mitte des 18. Jahrhunderts hinter sich brachte? Das heißt
die Zivilisation trat an die Stelle der Kultur (Brock).
Diese Perspektive kann man mit Recht etwa aus Sicht der Postcolonial
Studies als kulturimperialistisch kritisieren, denn sie stellt die
westliche Moderne als Ziel eines universalen Fortschrittsmodells dar
(Said). Wäre dies nach dem 'Ende der Kunstgeschichte' nicht eine
Rückkehr Hegelscher Geschichtsteleologie nunmehr durch die Hintertür
einer 'Weltkultur' (Bredekamp)?
Allein gelingt es diesen kritischen Ansätzen nicht, die Paradoxie
zwischen ihrem 'modernen' Anspruch auf Emanzipation und gleichzeitiger
'vormoderner' kultureller Identität zu vermitteln. Gilt nicht vielmehr
die harte Einsicht Heinrichs Heines, dass die Freiheit eben doch hoch zu
Ross in Form imperialer Macht daherkommt, so wie eben einst Napoleon.
Dass Kunst und Design auch eine Machtpraxe sind sollte ohnehin nicht
mehr geleugnet werden (Bourdieu). Mindestens Goethe wusste sich von den
damaligen Identitätsreflexen der Deutschen zu distanzieren und
vielleicht ist dies heute wieder das Problem, jetzt eben wirklich global
(Elias). Eben diese historische Dimension zeigt sich in den
Erscheinungen einer nunmehr wirklich weltumspannenden Kunstszene.
Das Symposion versucht diese Fragestellungen anhand der Erscheinungen
der neueren globalisierten Weltkunst am Beispiel Süd- und Ostasiens
sowie der islamischen Welt zu diskutieren. Der Blick richtet sich nicht
nur auf jene Formen, die wir aus dem europäischen und US-amerikanischen
Kunstbetrieb kennen, die allesamt durch die Selektionskanäle des
westlichen Kunstsystems vorsortiert sind, sondern auch auf die Vielfalt
der Erscheinungen, die die neuen Kunstmärkte Asiens vor Ort prägen.
Neben die bekannten 'Stars' treten im Westen weniger bekannte Formen der
High- und/oder Low-art in diesen Ländern.


Programm

Donnerstag, 6. Juni 2013

18.30 – 19.00 Uhr
Norbert M. Schmitz :
Begrüßung und Einleitung

19.15 Uhr
Bazon Brock :
Universalisierung gegen Globalisierung

Seit universale Geltung (z. B. der Menschenrechte) mit kulturellem
Pathos bestritten wird oder sogar die universale Geltung der Physik
durch den kulturalistischen Blödsinn (›verjudete Physik ‹) unterlaufen
werden soll, hat man das Konzept Globalisierung erfunden. Es bedeutet
das kalkulierte Gegenteil dessen, was mit ihm assoziiert werden soll.
Statt Einheit des Universellen schafft Globalisierung die Zerfetzung der
Welt in lauter kleine Partikel, die gegeneinander im Namen ihrer Götter
ihre regionalen Kochrezepte und Tanzschritte blutige Kriege entfalten.
Das fiel früher unter den Begriff Imperialismus: Man zwingt die
Unterworfenen zur blutigen Zwietracht und braucht so keinen Aufstand
gegen Willkür und Versklavung zu befürchten. Globalisierung ist also die
zeitgemäße Form des Imperialismus. Sie ist demnach die Verhässlichung
der universellen Schönheit.

Prof. Bazon Brock, Denker im Dienst und Künstler ohne Werk, ist
emeritierter Professor am Lehrstuhl für Ästhetik und Kulturvermittlung
an der Bergischen Universität Wuppertal. Weitere Professuren in Hamburg
(1965 – 76) und Wien (1977 – 80). Ehrendoktorwürde der Eidgenössisch
Technischen Hochschule, Zürich und Hochschule für Gestaltung Karlsruhe.
Er entwickelte die Methode des ›Action Teaching ‹, bei dem der
Seminarraum zur Bühne für Selbst- und Fremdinszenierungen wird. Von 1968
– 92 führte er in Kassel die von ihm begründeten
documenta-Besucherschulen durch. Rund 2000 Veranstaltungen und
Aktionslehrstücke u. a. Lustmarsch durchs Theoriegelände 2006 in elf
Museen. Er repräsentiert das › Institut für theoretische Kunst,
Universalpoesie und Prognostik‹, und ist Gründer der Denkerei /Amt für
Arbeit an unlösbaren Problemen und Maßnahmen der hohen Hand mit Sitz in
Berlin (www.denkerei-berlin.de). Zahlreiche Veröffentlichungen.


Freitag, 7. Juni 2013

9.30 – 10.45 Uhr
Lecture Performance von Michael Schirner und Kexin Zang :
Let's Go Weast

Michael Schirner und Kexin Zang entwickelten das Programm Future Street
View. In Kiel zeigen sie Street Views ihrer Ausstellung Shooting
Beijing/Shooting Karlsruhe. Die Ausstellung zeigt die Stadt, das Leben
und die Arbeit im Jahr 2050. Danach präsentiert Michael Schirner
Pictures in the Minds of People 2050. Schließlich lädt Kexin Zang zu
einer Reise in eine Zone ein, die es uns erlaubt, zugleich an zwei
verschiedenen Orten zu sein – im Westen und im Osten – und in zwei
Zeiten zu leben: in der Gegenwart und in der Zeit vor 5.000 Jahren.

Prof. Michael Schirner und Kexin Zang sind Künstler, Kurator, Autor,
Kommunikationsdesigner
, Leiter_innen der Schirner Zang Institute of Art
and Media GmbH Berlin /Beijing, der gemeinnützigen Schirner Zang
Foundation Berlin /Beijing für Kunst und Kultur, Wissenschaft und
Forschung, Bildung und Erziehung sowie internationalen Kulturaustausch
und der ›Akademie fürs Denken mit dem Knie ‹. Michael Schirner ist
Professor in Bremen, Karlsruhe, Beijing, China und Fukuoka, Japan,
Ehrenmitglied des Art Directors Club Deutschland und Mitglied der Hall
of Fame der Werbung. Er hat bewiesen, dass Werbung nur Kunst und Kunst
nur Werbung ist, also beides nichts Besonderes, aber das Höchste und
Erhabenste.

11.00 – 12.00 Uhr
Bettina Möllring :
Designausbildung in Singapur – Arbeitsbericht oder wer lernt was von
wem?

Prof. Dr. Bettina Möllring ging 2001 und 2002 als Gastdozentin für
Entwurfsbetreuung und für Designgeschichte an das Product Design and
Development Center der Nanyang Polytechnic in Singapur, als einem jener
asiatischen Länder, in denen westliche Ökonomie und Kultur mit am
weitesten Einzug gehalten hat. Die heutige Hochschulprofessorin für
Industriedesign in Kiel berichtet über ihre Erfahrungen vor Ort zwischen
kultureller Differenz und globalisierter Angleichung.

Prof. Dr. Bettina Möllring studierte Industrial Design an der Hochschule
der Künste in Berlin und am Royal College of Art in London. Anschließend
begann sie neben der Arbeit an eigenständigen und kooperativen
Gestaltungsprojekten an verschiedenen Hochschulen zu lehren, u. a. 1991
– 96 an der Hochschule der Künste Berlin in der Entwurfsbetreuung und
von 1996 – 2001 als wiss. Mitarbeiterin für Designtheorie, 1997 – 98
lehrte sie als Gastprofessorin für Designtheorie an der Universität GH
Essen. 2002 gründete sie in Berlin die station_m für Konzept und
Gestaltung und arbeitete vermehrt im Bereich Webgestaltung. Seit 2006
Professorin für Designgrundlagen im Industriedesign an der Muthesius
Kunsthochschule, seit 2010 Vize-Präsidentin.

13.00 – 14.15 Uhr
Norbert M. Schmitz :
Paradoxien des Globalisierungsdiskurses

Die zahllosen Ausstellungen zur globalisierten Kunst der Gegenwart in
aller Welt kennzeichnet ein Bruch zwischen Beschreibung und Gegenstand.
Der Behauptung des völlig Neuartigen und Eigenständigen steht der
Umstand entgegen, das trotz aller erstaunlichen Qualität, Originalität
und Variantenreichtum die klare Unterscheidung zu sonstigen Artefakten
als Kunst im Sinne eines modernen Kunstbegriffs erhalten bleibt. Das
gilt auch für alle Formen der Überschreitung zwischen Antikunst und
sozialem Networking, die ja schon im Westen auf eine längere Geschichte
zurückblicken können. Geht es nicht vielmehr darum, diese Kunst als
solche jenseits romanischer Identitäts- und Authentizitätsbehauptungen
anzuerkennen? Der Vortrag untersucht die paradoxen Axiome der
Globalisierungsdebatte, d. h. auch die Historizität des Kunstbegriffes
jenseits wohlmeinender euroamerikanischer Projektionen.

14.30 – 15.45 Uhr
Rainer W. Ernst :
Bazar Teheran – Ein Bericht über Beobachtungen zu
kulturellen-ökonomischen Differenzen

Auf der Grundlage eines Überblicks der Selbstwahrnehmung der von Europa
ausgehenden Globalisierung von Kultur und Wirtschaft werden am Beispiel
einer Projektstudie über den Bazar Teheran grundlegende
kulturelle-ökonomische Differenzen zwischen Iran und Europa erläutert
und auf dem Hintergrund aktueller Globalisierungsphänomene reflektiert.

Prof. Rainer W. Ernst ist Architekt, Stadtplaner und -theoretiker,
Hochschullehrer für Stadtplanung, Städtebau und Entwerfen, Mitglied im
Bund Deutscher Architekten (BDA) und im Deutschen Werkbund (DWB). Eine
Amtsperiode Vizepräsident der HdK, heute UdK Berlin, von 1996 – 04
Rektor der Kunsthochschule Berlin-Weißensee (KHB), an der er bis 2008
lehrte. Zahlreiche internationale Projekte. Initiator des
Studienschwerpunkts › Bau- und Stadtentwicklung in außereuropäischen
Kulturen ‹ an der HdK Berlin. 2008 – 13 Präsident der Muthesius
Kunsthochschule. Zahlreiche Publikationen, realisierte Bau- und
Planungsprojekte, Forschungsarbeiten, Wettbewerbserfolge, Moderationen
und performative Auftritte.

16.00 – 17.15 Uhr
Regina Höfer :
Om Money Padme Hum – Zeitgenössische tibetische Kunst und Global Art

Der Vortrag untersucht die Position zeitgenössischer tibetischer Kunst
im Global Art Diskurs. Anhand des Werkes von Gonkar Gyatso zeigt er
Elemente traditioneller, religiöser tibetischer Kunst, internationaler
High Culture und globaler Populärkultur auf und verweist dabei auf die
einzigartige Positionierung zwischen dem Westen sowie den Global Playern
Indien und China.

Regina Höfer, M. A. Schwerpunkt indische und tibetische Kunst und
kuratorische Tätigkeiten. Studium an der Universität Bonn und London
(School of Oriental and African Studies). Wiss. Mitarbeiterin der Abt.
für Asiatische und Islamische Kunstgeschichte der Universität Bonn,
zuvor am Institut für Kunstgeschichte der Universität Wien und am Center
for Interdisciplinary Research and Documentation of Inner and South
Asian Cultural History in Wien, davor Assistenzkuratorin am Museum für
Asiatische Kunst in Berlin. Aktuell arbeitet sie zur Sammlungsgeschichte
indischer Kunst des 19. Jhdts. Ihre Forschungsinteressen sind
historische indische Fotografie, Global Art, moderne und zeitgenössische
tibetische Kunst, Museumstheorie, Sammlungsgeschichte asiatischer Kunst
/Museen in Asien sowie ethnologische Fragestellungen. Homepage:
http://ghilman.ioa.uni-bonn.de /~ aikhiwi /Hoefer_de /

18.00 Uhr
Kinoveranstaltung
Michael Glawogger : workingman's death (D/Ö 2005)
im Kommunalen Kino, Haßstraße 22


Samstag, 8. Juni 2013

9.30 – 10.45 Uhr
Jürgen Wasim Frembgen :
Das Heilige und das Vulgäre : Sufi-Poster und Filmplakate aus Pakistan

Nach einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Begriff › Kunst ‹
werden die Popularität und Kommodifizierung pakistanischer Bildwelten am
Beispiel von zwei Genres analysiert, die zwar beide die Sinne intensiv
ansprechen, aber auf unterschiedliche Weise ästhetisch wahrgenommen
werden und zu verschiedenen Bedeutungskontexten gehören.

Prof. Dr. Jürgen Wasim Frembgen Ethnologe, Islamwissenschaftler und
Autor, Leiter der Orient-Abteilung am Staatlichen Museum für Völkerkunde
München und Professor für Religions- und Kulturgeschichte des Islam an
der Ludwig-Maximilians- Universität München. Studium der Ethnologie,
Vergleichenden Religionswissenschaft und Orientalischen Kunstgeschichte
in Bonn und Heidelberg. Gastprofessuren in Islamabad, Lahore und
Columbus, Ohio. Seit 1981 alljährliche Forschungsaufenthalte in
Pakistan. Zahlreiche Ausstellungen und wissenschaftliche
Veröffentlichungen über Kulturen der muslimischen Welt, vor allem
zwischen Iran und Indien, sowie mehrere ethnographische Erzählberichte
über Pakistan. Lesungen aus seinen literarischen Reisebüchern u. a. beim
Münchner Literaturfest 2010 sowie beim Karachi Literature Festival
(2011, 2012).

11.00 – 12.15 Uhr
Sarah Khan :
In Konkurrenz mit dem White Cube. Zur Legitimation der Kunst im
Internetzeitalter

In dem am 20. Mai 1996 in der Libération gedruckten Text Le Complot De
L' Art verurteilte Jean Baudrillard die zeitgenössische Kunst als
transästhetisch, da sie sich nur noch zwischen ästhetischer
Bedeutungslosigkeit und kommerziellem Rausch bewege.Baudrillard führt
diesen Zustand auf die Zuweisung der Kunst durch Autoritäten zurück und
fordert ihre Befreiung von der Mediation durch Kuratoren und Galerien.
Mit dem Medienwandel des 21. Jahrhunderts scheint Baudrillards Kritik
jedoch nochmals eine andere Dimension angenommen zu haben, konkurrieren
nun neben den Autoritäten auch institutionell unabhängige virtuelle
Plattformen um den Anspruch nach der Legitimation von Kunst. Wo diese
zunehmend an gesellschaftlicher Bedeutung gewinnenden virtuellen
Plattformen von und für Kunst neben den traditionellen Autoritäten für
Kunst im Internetzeitalter anzusiedeln sind und welche Rolle beiden
öffentlichen Plattformen auch vor dem Hintergrund eines sich wandelnden
Bildbegriffs zukommt, sucht der Beitrag zu erhellen.

Dr. Sarah Khan. Bis 1997 Studium der Literaturwissenschaft und des
Französischen an der Sorbonne Paris sowie der Kunstwissenschaft,
Soziologie und Nordamerikanistik an der Freien Universität Berlin. 2002
Promotion an der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich. Von
2005 – 08 Juniorprofessorin für Kunstgeschichte des Mittelalters am
Kunsthistorischen Institut der Philipps-Universität Marburg. Seit 2009
Mithilfe beim Aufbau einer Institution für internationale
Kunstpositionen und Tätigkeiten im Bereich internationaler
Kunstvermittlung in der Schweiz sowie associated fellow des
Exzellenzclusters Asien und Europa im globalen Kontext: Wechselnde
Asymmetrien in kulturellen Austauschprozessen der Universität
Heidelberg.

13.30 – 14.45 Uhr
Stefan Kramer :
Ästhetiken der Wirksamkeit : Chinesische Weltkonstitutionen und die
technischen Bildschirmmedien

Der Vortrag wird entlang der Theorie des chinesischen Philosophen Zhang
Dongsun (1886 – 1973) Ästhetik als ›Theorie einer pluralistischen
Erkenntnis ‹ vorstellen, von der her sich chinesische Spezifika der
visuellen Weltkonstitution beschreiben und auf die Dispositionen der
kinematographischen und postkinematographischen Bildschirmmedien
übertragen lassen. Die auf Wirksamkeit setzende chinesische ›Æsthetis ‹,
so die anhand von verschiedenen Medienbeispielen zu diskutierende These,
kommt den Dispositionen der postkinematographischen Bildschirmmedien
sehr viel näher als die in den › westlichen ‹ Medienprogrammen der
industriellen Moderne entworfenen und die hegemonialen Interpretationen
von Welt – auch in ihren Widerstandsdiskursen – nach wie vor prägenden
Repräsentationsmodelle einer ästhetischen › Passion des Realen ‹ (Alain
Badiou).

Prof. Dr. Stefan Kramer Medienwissenschaftler und Sinologe, Professor
für Gesellschaft Chinas an der Universität Leipzig, Honorarprofessor für
Medienphilosophie an der University of Guangzhou; Buchpublikationen u.
a.: Schattenbilder (Dortmund 1996), Geschichte des chinesischen Films
(Stuttgart, Weimar 1997, koreanisch Seoul 2002), Vom Eigenen und Fremden
(Bielefeld 2004), Globalization, Cultural Identities and Media
Representations (mit Natascha Gentz, Hg., New York 2006), Das
chinesische Fernsehpublikum (Bielefeld 2006), Networks of Culture (mit
Peter Ludes, Hg., Münster, London, 2010).

15.00 – 16.15 Uhr
Dagmar Brunow :
Bollywood im Zeitalter der Globalisierung : eine transnationale
Perspektive auf populäres Hindikino

Das populäre Hindikino, schon immer hybrid, ist seit den 1990er Jahren
ein globales Phänomen. Die Ausrichtung auf ein internationales Publikum
hat Konsequenzen für die Produktion, Ästhetik und Distribution der
Filme. Inwiefern kann eine transnationale Perspektive dem Wandel
Bollywoods vom Kino zur Kulturindustrie (Rajadhyaksha) Rechnung tragen?
Der Beitrag untersucht veränderte Distributionsbedingungen, lokale
Rezeptionen und Aneignungen sowie Bollywoods globale Fankultur.

Dagmar Brunow. Filmwissenschaftlerin. Seit 1998 Lehrtätigkeit an den
schwedischen Universitäten Halmstad, Växjö, Lund und Södertörn. Derzeit
Promotion über kulturelles Gedächtnis im Dokumentar- und Essayfilm an
der Universität Hamburg. Gründungs- und Vorstandsmitglied des Verbands
für Filmwissenschaften in Schweden (filmvet.se, 2007 – 11) sowie
Mitglied im Redaktionskomitee vom Journal of Scandinavian Cinema
(intellect, 2011 –). Initiatorin der Arbeitsgruppe › Cultural memory and
media ‹ (2013 –) beim European Network for Cinema and Media Studies.
Zahlreiche Veröffentlichungen.

Quellennachweis:
CONF: Kunst als Avantgarde einer Weltkultur? (Kiel, 6-8 Jun 13). In: ArtHist.net, 25.05.2013. Letzter Zugriff 26.04.2024. <https://arthist.net/archive/5458>.

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