CONF 04.05.2011

ÖFG-Symposium: Staub

Technische Universität Graz, Rechbauerstraße 12, 8010 Graz, Hörsaal 2, 20.–21.05.2011
Anmeldeschluss: 19.05.2011

Leitgeb Christine

Staub
Symposium der Arbeitsgemeinschaft „Wissenschaft und Kunst“ der Österreichischen Forschungsgemeinschaft am Institut für Architekturtheorie, Kunst und Kulturwissenschaften der Technischen Universität Graz

Staub ist allgegenwärtig und sein Aufkommen nimmt stetig zu – wie auch die Strategien zur Staubvermeidung. Sein sehr kleines Gewicht erleichtert seine keinen Fleck auslassende Verteilung; denn Teilchen werden zu Staub, wenn sie nur wenig schwerer sind als Luft. Staub reiht sich somit in seiner Zustandsform und Materialität unter die „letzten Dinge“ ein: Unter dem Kriterium des Gewichts kann alles – von Gold über Blüten bis Asbest – zu Staub werden. Zudem bezeichnet der Staub ein zentrales Element der Vermischung und der Zirkulation, wie uns unser Hausstaub alltäglich vorführt, der aus allen möglichen Quellen stammen kann. Seine Sammlung gibt daher generell auch Aufschluss über die gegenwärtige Umwelt. Die Vielzahl seiner unterschiedlichen Bestandteile sowie deren notorische Verteilung macht Staub zu einem Material, das zahlreiche künstlerische und wissenschaftliche Fragestellungen bündelt. Die Erforschung des Staubs ist keineswegs nur die Angelegenheit einer einzelnen Disziplin. Vielmehr begründet Staub bereits an und für sich einen interdisziplinären Zugang, dessen spezifische Untersuchungen sich über viele Fachbereiche erstrecken. Staub als Thematik einer interdisziplinären Tagung aufzugreifen, ermöglicht es insofern, wissenschaftliche Staubforschung und künstlerische Projekte miteinander in Beziehung zu setzen, die vom gleichen Gegenstand ausgehen.

Staub als Material: Staub kann einen Restbestandteil von Prozessen der Auflösung größerer Formen bilden, im übertragenen Sinne einen sinnentleerten Rest, doch was lässt sich umgekehrt mit Staub selbst produzieren? Wie wird die Materialität des Staubs zum kreativen Element? Welche Möglichkeiten eröffnet Staub als Material der Kunst? Besteht das Kennzeichen von Staub in seiner Fähigkeit zur Aneignung von nahezu allem – mit seinen organischen wie anorganischen Bestandteilen – und zur Integration in sein System der Zirkulation? Oder geht es im Gegenteil eher um die Erzeugung von absolut staubfreien Reinräumen und Produktionsbedingungen?

Ordnungen des Staubs: Unterschiedliche Ordnungen des Staubs lassen sich in seinen dissipativen Strukturen erkennen, die sich in immer neuen Systemkonfigurationen bilden. Die Entropie des schwebenden Staubs kennt insofern keine Grenze, nur permanente Verteilung. Welche Ordnungsschemata lassen sich dennoch an die kleinen Teilchen anlegen? Welche Modelle einer chaotischen, aleatorischen, stochastischen Verteilung generiert Staub? Wie verändern sich die Klassifikationen von Staub als Ordnungssysteme?

Erkenntnisse des Staubs: Unlängst ist die japanische Raumsonde „Hayabusa“ nach ihrer siebenjährigen Reise durchs All beim Wiedereintritt in die Erdumlaufbahn planmäßig verglüht, doch ihr wichtigstes Element – eine kleine Probenkapsel für Asteroidenstaub – landete unversehrt auf der Erde. Eine so kostspielige Expedition zur Sammlung von Staub wirft die Frage nach der Erzeugung und Emergenz von Wissen auf, das sich am und im Staub bildet: Was gibt der Staub zu denken? Staub ist nicht nur Zeichen von etwas, dessen Emission oder Zusammensetzung er bezeugt, sondern auch die Grundlage von Inskriptionen, die Spuren im Staub sichtbar machen. Einerseits schreiben sich also Vorgänge in Staub ein, andererseits wird der Staub in Staublaboren selbst zum Untersuchungsgegenstand. Das Panel fragt nach den unterschiedlichen Erkenntnisformen am konkreten Gegenstand Staub.
Idee und Konzept: Daniel Gethmann, Anselm Wagner, Graz
Die Teilnahme ist kostenlos.
Wir bitten um Anmeldung: http://www.oefg.at/feedback/formmail.html

PROGRAMM

Freitag, 20. Mai 2011
14.15
Hans SÜNKEL, Otto NEUMAIER: Begrüßung und Eröffnung
Daniel GETHMANN: Einführung

Panel: STAUB ALS MATERIAL
15.00
Wladyslaw SZYMANSKI, Wien: Wenn der Staub schwebt
Monika WAGNER, Hamburg: Re-Kompositionen. Künstler als Staubfänger
17.15
Anselm WAGNER, Graz: Historie versus Hygiene. Staub in der Architekturtheorie
Gerhard NIERHAUS / Andrés GUTIÉRREZ MARTÍNEZ, Graz: Algorhythmische Komposition / Staub in der elektronischen Musik
(Kooperation mit dem Institut für Elektronische Musik und Akustik an der Kunstuniversität Graz)

Imbiss

20.30
Staub – ein Film von Hartmut BITOMSKY (im Filmzentrum im Rechbauerkino, Reservierung unter oefg(at)oefg.at erforderlich)

Samstag, 21. Mai 2011
Panel: ORDNUNGEN DES STAUBS
10.00
Bettina VISMANN, Berlin: Schwebende Auswahl (Performance / Lecture)
Thomas MACHO, Berlin: Der Staub der Vergangenheit
12.15
Ernst STADLOBER, Graz: Feinstaub: Statistische Modellierung und Prognose
Julia FELDTKELLER, Tübingen: Der Feind Staub. Restaurierung und Sauberkeit

Panel: ERKENNTNISSE DES STAUBS
15.00
Anna GORBUSHINA, Berlin: Life in the Dust: Historic Samples and Modern Microbial Hitchhikers
Klaus TORKAR, Graz: Kometenstaub als Informationsträger aus dem Sonnensystem: Das Staubmikroskop MIDAS auf Mission zum Kometen Churyumov-Gerasimenko
17.15
Roland MEYER, Berlin: Staub als Spur
Bertl MÜTTER, Steyr: Im Staubstaubereich – ein musikalischer Kehraus
19.00 Abschluss der Veranstaltung

Quellennachweis:
CONF: ÖFG-Symposium: Staub. In: ArtHist.net, 04.05.2011. Letzter Zugriff 19.03.2024. <https://arthist.net/archive/1322>.

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