Bahnhof verstehen
Seminartagung
Institut für Kunstgeschichte, Universität Wien
Im Jahr 2009 wurde der Betrieb des Wiener Südbahnhofs eingestellt, die Gebäude in den Jahren danach demoliert und der neue Hauptbahnhof errichtet, welcher feierlich im Oktober 2014 eröffnet wurde. Der Neubau veränderte nicht nur die Gleisführungen von, nach und in Wien, sondern markierte ebenso eine Veränderung der Rolle des Bahnhofs als Ort. Der abgerissene Südbahnhof war (als übrigens drittes Bahnhofsgebäude an dieser Stelle) 1955 bis 1961 gebaut worden und damit in einer Zeit, als das Auto noch nicht das dominierende Nah- und Fernverkehrsmittel war. Architektonisch hat sich das beispielsweise in der großen Eingangshalle gezeigt. Hier konnte der lange Moment des Ankommens zelebriert werden. Der neue Hauptbahnhof dagegen muss sich genau mit der Konkurrenz des Individualverkehrs befassen und überdies mit der des Flugzeugs anzukommen ist hier ein Moment der Assimilation in den Stadtraum. Zudem wurde der Hauptbahnhof zu einer Zeit eröffnet, in welcher der öffentliche Raum zum umstrittenen Gut wird, wie die Diskussionen um Gentrifizierung und Überwachungskameras zeigen. Und schließlich ist der Bahnhof zu einem politisch und emotional aufgeladenen Ort geworden, als er im vergangenen Jahr zum Ort der Ankunft tausender aus ihren Heimaten Vertriebenen wurde.
Tagungsprogramm
Freitag, 17.06.2016
09:00 Uhr Eröffnung
10:00 - 12:00 Panel 1: Der Bahnhof als transitorischer Ort
- Anna Möslinger: Aus der Bahn geworfen - Die Flüchtlingskrise am Wiener Hauptbahnhof
- David Swoboda: Ort der Veränderung - Bahnhöfe als Leitbilder ganzer Stadtteile
- Alexandra Schwalsberger: Die Fahrplanänderung 2015 und deren Auswirkungen
11:30 Diskussion
12:00 - 13:00 Pause
13:00 - 15:00 Panel 2: Die Verkehrsarchitekturgeschichte Wiens
- Theresa Dobbler: Endstation. Vom Anfang und Ende
- Lukas Goedhart: Stadtbahn oder Statt-Bahnhof. Betrachtung der Wiener Stadtbahn als Ersatz für einen gesonderten Hauptbahnhof
- Simon-Desiree Srna: Kein Platz und ungewollt. Der lange Weg zum Hauptbahnhof
14:30 Diskussion
15:00 - 15:30 Pause
15:30 - 17:30 Panel 3: Die Bahnhofsarchitektur und ihre funktionale Veränderung
- Theresa Bonell: Die Bühne „Bahnhof“. Wie ein Transitort damals theatralisch inszeniert und heute funktionalisiert wurde
- Katja Weingartshofer: Bahnhöfe als Museen. Eine Kombination zweier Traumhäuser
- Claudia Lingenhöl: train to go - Der Ausverkauf der Eisenbahn im Zeitalter der Gleichzeitigkeit
17:00 Diskussion
Samstag, 18.06.2016
11:00 - 13:00 Panel 4: Kommunikationsstrategien der Bahn
- Eveline Buchinger: Am besten mit der Bahn. Mobilitätskonkurrenz im Bahnwerbeplakat
- Johann Gallis: Symbol des Wiederaufbaus oder hässlichster Bahnhof Österreichs? Der Wiener Südbahnhof - seine öffentliche Vermittlung und Rezeption
- Daniela Schadauer: Gebaute Urbanität am gefühlten Rande der Stadt. Das bahnorama als visuelles Kommunikationsformat bei der Errichtung des Wiener Hauptbahnhofs.
12:30 Diskussion
13:00 - 13:30 Pause
13:30 - 15:30 Panel 5: Die Eisenbahn als kulturelles Medium
- Matthias Moroder: "Und wenn das Ding noch so beschissen ist: mit nem’ Bahnhof fängt alles an!" Der Bahnhof als Ort des Anfangs in der kulturellen Produktion des späten 19. und 20. Jahrhunderts.
- Hamida Sivac: Der Blick aus dem Abteilfenster. Wie die Eisenbahnreise im 19. Jahrhundert die Weichen für eine radikale Verbildlichung der Raumanschauung stellte
- Stefanie Zingl: Die Kartographie eines Nicht-Ortes. Über die Praktiken eines Modelleisenbahners
15:00 Uhr Diskussion
15:30 - 16:00 Pause
16:00 Abschlussdiskussion
Quellennachweis:
CONF: Bahnhof verstehen (Wien, 17-18 Jun 16). In: ArtHist.net, 03.06.2016. Letzter Zugriff 18.04.2024. <https://arthist.net/archive/13172>.