CONF 06.06.2021

Block Beuys (online, 11 Jul 21)

Darmstadt/online, 11.07.2021
Anmeldeschluss: 08.07.2021

Dr. Gabriele Mackert, HLMD Darmstadt

Tagung Block Beuys Darmstadt 2021

Online-Tagung (Zoom-Webinar)
Online-Start / Einloggen ab 10.30 Uhr

Gerade als in den 1960er Jahren viele Institutionen radikal in Frage gestellt wurden, wollte Joseph Beuys seine Kunst in Museen präsentieren. Und so übernahm es der Künstler im Jahr 1970 persönlich, im Hessischen Landesmuseum Darmstadt zweihundertneunzig seiner Arbeiten aus der Darmstädter Sammlung Karl Ströher zu installieren. In sieben Galerieräumen im zweiten Stock entstand auf diese Weise »Block Beuys« als weltweit größter zusammenhängender Werkkomplex des Künstlers. Durch diesen einmaligen Sammlungsbestand ist Darmstadt ein Zentrum der Beschäftigung mit dem Werk von Joseph Beuys.
Das Hessische Landesmuseum Darmstadt hat sich kontinuierlich mit dem Werk auseinandergesetzt und ihm viele Ausstellungen, Vorträge und Publikationen gewidmet. 2020 haben wir das 50jährige Jubiläum der Einrichtung von »Block Beuys« mit einer großen Ausstellung unter dem Titel »Kraftwerk Block Beuys« gefeiert. Die Ausstellung zeigte mit Dokumenten, Zitaten, Fotos und vor allem Filmen, den engen Zusammenhang von Werken aus »Block Beuys« sowie den Aktionen des Künstlers und ordnete diese in den gesellschaftspolitischen Kontext ihrer Zeit ein.
Nach dem Symposium »Joseph Beuys. Verbindungen im 20. Jahrhundert, 2000«, das wichtige Vorläufer:innen für Beuys aus Kunst, Literatur und Musik vorstellte, sowie den großen Debatten zur Sanierung der Räume von »Block Beuys« 2006 und 2008, thematisiert diese Tagung »Block Beuys« anhand unterschiedlicher Objekte aus verschiedenen Perspektiven und Generationen.


PROGRAMM

10.30 Uhr Online-Start

11.00 Uhr Begrüßung
Dr. Martin Faass, Direktor, HLMD
Dr. Gabriele Mackert, Sammlungsleiterin Kunst 18.-21. Jh., HLMD

11.15 – 12.00 Uhr
Dr. Nicole Fritz, Kunsthalle Tübingen
Fee küsst Berggeist. Zur Rolle des Aberglaubens im Werk von Joseph Beuys

12.00 – 12.45 Uhr
Prof. em. Dr. Antje von Graevenitz, Amsterdam
Ein anderes Verständnis von Fluxus: Joseph Beuys auf dem »Festum Fluxorum Fluxus« in Düsseldorf, 1963

12:45 – 13:30 Uhr Pause

13.30 – 14.15 Uhr
Dr. Magdalena Holzhey, Kunstmuseen Krefeld
Fragen und Antworten an die Physik

14.15 – 15.00 Uhr
Dr. Melitta Kliege, Neues Museum Nürnberg
Das partizipative Präsentationskonzept als künstlerischer Anlass zur Entstehung von »Block Beuys«

15:00 – 15:30 Uhr Pause

15.30 – 16.15 Uhr
Dr. Gabriele Mackert
Make a Chair! Man sollte Joseph Beuys’ Kritik an Marcel Duchamp nicht überbewerten

16.15 – 17.00 Uhr
Univ.-Prof. Dr. Matthias Weiß, Paris Lodron Universität Salzburg
Hessische Iphigenien. Auftritt Beuys in Darmstadt, Frankfurt am Main und im bundesdeutschen Fernsehen


Die Teilnahme ist kostenfrei!
Anmeldung und Zugangslink ab 9. Juni bis zum 9. Juli 2021 online auf www.hlmd.de

Teilnehmer:innen erhalten nach Anmeldung per E-Mail die Zugangsdaten


Dr. Nicole Fritz
Fee küsst Berggeist. Zur Rolle des Aberglaubens im Werk von Joseph Beuys
Das Werk von Joseph Beuys ist von christlichen, schamanistischen und alchemistischen Traditionen, aber auch vom heimischen Volksaberglauben mitgeprägt worden. Nicole Fritz nimmt aus kulturwissenschaftlicher Perspektive das Werk des bekannten deutschen Künstlers in den Blick und zeigt, wie und warum Beuys Energien der Volksmythologie und -magie in der Rolle des Künstler-Schamanen im Rahmen seiner individuellen Mythologie für die Gegenwart produktiv gemacht hat.

Prof. em. Dr. Antje von Graevenitz
Ein anderes Verständnis von Fluxus: Joseph Beuys auf dem »Festum Fluxorum Fluxus« in Düsseldorf, 1963
Die Teilnehmer:innen des zweitägigen »Festum Fluxorum Fluxus« staunten nicht schlecht, als sie Joseph Beuys Aktion »Sibirische Symphonie 1. Satz«, miterlebten. Hier wurde zwar auch mit Gegenständen umgegangen, aber ganz andere, weitreichende Bedeutungen damit vorausgesetzt, als in ihren Performances. War dies noch mit der Fluxus-Bewegung zu vereinbaren? Diese Frage soll auch mit Sicht auf Beuys’ Aktion »Hauptstrom FLUXUS« 1967 in Darmstadt beantwortet werden. Ausgangspunkte werden Beuys’ Inspirationen sein wie die des alchemistischen ‘mons philosoforum’, der Rosenkreuzer und der Musik von Erik Satie. Ferner wird über die Tatsache zu sprechen sein, dass die beiden mechanischen Harlekine, deren »Komposition mit 2 Musikanten« das »Festum Fluxorum Fluxus« 1963 bereicherten, von Beuys dem Darmstädter Schrank »Szene aus der Hirschjagd« zugeführt wurden.

Dr. Magdalena Holzhey
Fragen und Antworten an die Physik
Das Werk von Joseph Beuys – auch und insbesondere »Block Beuys« – ist durchzogen von Formulierungen energetischer Zusammenhänge. Wie ein Leitmotiv lässt sich in Zeichnungen, Aktionen und Installationen das physikalische Phänomen der leuchtenden Entladung in Gasen verfolgen, die durch die Spannungsübertragung zwischen zwei Polen verursacht wird – etwa beim Lichtbogen oder Blitz. Der Vortrag zeigt beispielhaft, wie der Künstler Naturkräfte als Basis seines erweiterten Kunstbegriffs nutzt und in universale Gestaltungsprinzipien überträgt.

Dr. Melitta Kliege
Das partizipative Präsentationskonzept als künstlerischer Anlass zur Entstehung von »Block Beuys«
Es ist schon erstaunlich und widerspricht dem Hintergedanken des Kommerziellen, wenn einem Künstler daran gelegen ist, sein Œuvre aus zwei Jahrzehnten in einem Ensemble zusammenzuführen, er dabei auf den Verkauf von einzelnen Arbeiten oder Werkgruppen verzichtet, damit »der wesentliche Teil seines Werkes geschlossen erhalten bleibt und der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht« werden kann. Durch Ankäufe soll zudem in diesen Werkblock noch investiert, neue Werke finanziert oder auch Arbeiten zurückgekauft werden. Ein solches Projekt verfolgte Joseph Beuys, als er 1967 die Gelegenheit bekam, seine Arbeiten dem Darmstädter Unternehmer Karl Ströher zu überlassen, damit diese nach einer Ausstellungstournee im Hessischen Landesmuseum in Darmstadt ihren festen Platz finden konnten. Der Vortrag behandelt die Bedeutung der Kontexte bei der Präsentation seiner Werke. Denn mit Beginn der Ausstellungstätigkeit entwickelte Beuys durch die Platzierung seiner Arbeiten ein, der Idee der jeweiligen Einzelwerke entgegenstehendes Konzept, um seine Vision von einer voraussetzungslosen Beteiligung des Betrachters umzusetzen. Diese kann als eine Ursache für die Entstehung des Darmstädter Werkblocks angesehen werden.

Dr. Gabriele Mackert
Make a Chair! Man sollte Joseph Beuys’ Kritik an Marcel Duchamp nicht überbewerten
Das Diktum »Das Schweigen von Marcel Duchamp wird überbewertet« aus dem Jahre 1964 ist weit mehr als ein provokanter Künstlerkommentar. Es gibt keinen Künstler, über den Beuys in der Folge öfter geredet hätte. Mit Duchamps radikaler Absage an traditionelle Kunst formulierte Beuys seinen »erweiterten Kunstbegriff«. Die »soziale Plastik« definierte er im Dialog mit Duchamps Überzeugung, dass das Leben Kunst genug sei. Im Darmstädter »Block Beuys« platzierte Beuys diesen Künstler-Dialog auf Dauer, in dem er 1970 eine Vitrine mit dem Bretterwinkel seiner Aktion und seinem ikonischen »Stuhl mit Fett« einrichtete. Diese Konstellation ist Anlass, ihrer Historie, beginnend mit dem Fernseh-Auftritt bis zum Nachleben der Aktionselemente in verschiedenen Sammlungen in Werk und Kunstbegriff exemplarisch nachzugehen.

Univ.-Prof Dr. Matthias Weiß
Hessische Iphigenien. Auftritt Beuys in Darmstadt, Frankfurt am Main und im bundesdeutschen Fernsehen
László Glózers 1971 ausgestrahlter Fernsehbeitrag »Wie modern ist moderne Kunst?« endet mit einer mehrminütigen Sequenz, die als »Künstlerbegegnung im Museum« angekündigt wird. Der für die Begegnung gewählte Ort ist das Hessische Landesmuseum Darmstadt. Der Künstler ist Joseph Beuys. Sein Kunstverständnis erläuternd, steht er vor Anselm Feuerbachs 1862 gemalter »Iphigenie«, ohne einen auf den ersten Blick kenntlichen Bezug zu dem figurativen Tafelbild herzustellen. Es folgen Fahrten durch »Block Beuys« und weitere Einlassungen des Künstlers, der gegen Ende der Sequenz einen seiner Filzanzüge an die Wand nagelt.
Aufmerken lässt die zu Beginn des Beitrags gesuchte Konstellation mit der mythischen Königstochter, weil sich Beuys zwei Jahre zuvor schon einmal zu ihr ins Verhältnis gesetzt hatte – und zwar im Rahmen der in Frankfurt am Main zweimal aufgeführten Aktion »Titus Andronicus/Iphigenie«, über die ebenfalls Fernsehberichte vorliegen. Zu verdeutlichen sein wird deshalb zweierlei: Erstens, inwiefern sich das Gemeinsame der Kunstkonzeptionen von Beuys und Feuerbach nur in der Zusammenschau beider Auftritte erschließt. Und zweitens, welche eminent wichtige Rolle das Fernsehen für die Aktionskunst von Joseph Beuys spielte.

Konzept und Organisation: Dr. Gabriele Mackert, gabriele.mackerthlmd.de

Mit freundlicher Unterstützung der Hessischen Kulturstiftung

Quellennachweis:
CONF: Block Beuys (online, 11 Jul 21). In: ArtHist.net, 06.06.2021. Letzter Zugriff 16.04.2024. <https://arthist.net/archive/34292>.

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