ANN 28.01.2021

Arbeit&Gender (online, 5 Feb 21)

online / Ulmer Verein. Verband für Kunst- und Kulturwissenschaften e. V. und Arbeitskreis Provenienzforschung, 05.02.2021

Ulmer Verein

Arbeit & Gender.
Zum Verhältnis von Produktions- und Reproduktionsarbeit

Eine Kooperation zwischen dem Ulmer Verein. Verband für Kunst- und Kulturwissenschaften e. V. und dem Arbeitskreis Provenienzforschung

Organisation: Ann-Kathrin Hubrich und Dr. Ute Haug

Datum: 5. Februar 2021 13 bis 15 Uhr
Online über Zoom (der Link findet sich auf der Seite des Ulmer Vereins http://www.ulmer-verein.de)

Die Corona-Pandemie macht in vielerlei Hinsicht prekäre Arbeitsbedingungen sichtbar. Die Umstellung auf digitale Konzepte (ob in der Lehre, im Ausstellungswesen oder im Projektmanagement), die massive Belastung von Familien durch das Wegbrechen von Betreuungsmöglichkeiten und damit verbundenem Unterricht zu Hause sowie Care-Arbeit oder der Entzug jeglicher Arbeitsgrundlage (Wegfall von Recherchemöglichkeiten für Wissenschaftler:innen, Schließung von Kultureinrichtungen) – all dies sind offensichtliche Folgen der aktuell bestehenden Krise. Doch vieler dieser Phänomene sind uns bereits bekannt, existieren sie auch jenseits des herrschenden Ausnahmezustands!

Unter dem Titel Arbeit & Gender widmen wir uns den Formen und Bedingungen von tradierten und überkommenen Geschlechterrollen im Bereich der kunsthistorischen Arbeit. Im Fokus steht dabei das Verhältnis von Erwerbsarbeit zur Reproduktions- und Care-Arbeit. Obwohl sie gleichermaßen zu einer funktionierenden Gesellschaft beitragen, wird letzteren weder die notwendige finanzielle Vergütung zugestanden noch ihnen eine entsprechende Anerkennung und Wertschätzung zuteil. Zu betonen ist: Frauen leisten häufiger die genannte Care-Arbeit. Im April 2019 wendeten Frauen durchschnittlich 7,4 Stunden dafür auf, Männer hingegen nur 3 Stunden (werktags). Eine jüngst erhobene Studie zur Aufteilung der Care-Arbeit zwischen Männern und Frauen während der Pandemie* zeigt, dass die zusätzlichen Belastungen zwar gerecht aufgeteilt werden – beide Geschlechter investieren täglich 0,5 Stunden mehr in die Hausarbeit und 2,5 Stunden mehr in die Kinderbetreuung. Doch bedeutet dies, dass die Arbeitszeit sich damit insgesamt auf 10,4 Stunden in der Sorgearbeit für Frauen und auf 6 Stunden für Männer erhöht.

Zudem hat die Wahrnehmung und Bewertung von Reproduktions- und Care-Arbeit entscheidenden Einfluss auf Karriere- und Lebenswege, und so fragen wir in diesem Sinne: In welchem Verhältnis stehen Produktions- und Reproduktionsarbeit in unserem Alltag an Hochschulen, Kultureinrichtungen und in Betrieben? Welche strukturellen und institutionsspezifischen Rahmenbedingungen beeinflussen hierbei unsere Arbeitsweisen? Welche Rolle spielt die Kategorie Gender in diesem Zusammenhang? Welche Rolle spielt das Netzwerk oder Kollektiv? Wie können tradierte Strukturen in Bezug auf sich verändernde Rollen- und Wertemuster angepasst werden?

Der Workshop will einen Anstoß geben, sich eingehender mit diesen Fragen auseinanderzusetzen und wählt hierfür bewusst ein offenes Format. Nach einer kurzen Einführung wird Änne Söll einen Impulsbeitrag zu Reproduktionsarbeit in der zeitgenössischen Kunst halten. Es folgt eine Diskussionsrunde mit Änne Söll, Eva Kuschinski, Melanie Schütze unter der Moderation von Ute Haug und Ann-Kathrin Hubrich.

Änne Söll ist Kunsthistorikerin und Professorin für Kunstgeschichte mit den Schwerpunkten Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts sowie Kultur- und Geschlechterforschung, insbesondere der Männlichkeitsforschung. Sie lehrt seit 2015 am Kunstgeschichtlichen Institut der Ruhr-Universität Bochum und widmet sich aktuell Fragen der Reproduktionsarbeit in der Kunst und globalisierten Arbeitswelten.

Eva Kuschinski ist Soziologin und seit Oktober 2015 wissenschaftliche Mitarbeiterin am Arbeitsgebiet Geschichte und Theorie der Stadt. In ihrem Dissertationsprojekt forscht sie zum Zugang zu Wohnraum für Bewohner:innen der Hamburger Frauenhäuser im Kontext der Wohnungs- und Sozialpolitik. Sie ist Mitglied im AK Geographie & Geschlecht und Vertreterin der Mittelbau-Initiative Hamburg.

Melanie Schütze ist Gründerin und CEO von nushu Female Business. Beruflich tätig war sie zuvor in einer Unternehmensberatung, einer eigenen Agentur und im Personalwesen verschiedener Start-ups. 2015 gründete sie das branchen- und positionsübergreifende Vorläufer-Netzwerk Alsterloge in Hamburg. Sie befasst sich in Vorträgen und Publikationen, u. a. die Netzwerkstudie 2017, mit der Bildung und Etablierung von Frauennetzwerken.

*Die Studie ist ein Verbundprojekt zwischen dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) am DIW Berlin und der Universität Bielefeld.

Die Veranstaltung versteht sich als Fortsetzung des vom Ulmer Verein und vom Arbeitskreis Provenienzforschung am 23.11.2019 an der TU Berlin durchgeführten Workshop zu Arbeitsbedingungen und Berufsperspektiven in der Kunstgeschichte unter dem Titel Forschung gestalten! Im November 2020 hat sich in Folge hieraus im Ulmer Verein die AG Arbeitsbedingungen Kunstwissenschaft gebildet.

Bei Fragen wenden Sie sich gerne an hubrichulmer-verein.de

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Online-Diskussion "Prekäre Arbeitsbedingungen in der Pandemie: Einladung zur Diskussion und zum Erfahrungsaustausch"
AG Arbeitsbedingungen Kunstwissenschaft (AG AK) // Ulmer Verein e. V.
Diskussion und Erfahrungsaustausch, Donnerstag, 4. März 2021, 18 Uhr
Online über Zoom (der Link findet sich auf der Seite des Ulmer Vereins http://www.ulmer-verein.de)

Nicht erst seit der Corona-Pandemie sind Kunstwissenschaftler:innen, Kunst- und Kulturschaffende ganz unmittelbar von prekären Arbeitsbedingungen betroffen. Die Krise jedoch verschärft die Situation und verdeutlicht, wie rechtlos, ausgeliefert und abhängig nicht festangestellte Mitarbeiter:innen sind.

Die AG Arbeitsbedingungen Kunstwissenschaft (AG AK) des Ulmer Vereins (Verband für Kunst- und Kulturwissenschaften e. V.) lädt aus diesem Grund Kolleg:innen aus den unterschiedlichen Tätigkeitsfeldern – von der Universität über Museen und Archive, freiberufliche Kurator:innen und Kunstvermittler:innen – am Donnerstag, den 4. März 2021 um 18 Uhr zum Erfahrungsaustausch ein.

Wir wollen uns gemeinsam einen Ein- und Überblick über die momentane Beschäftigungssituation verschaffen: Wo brechen Anschlussverträge weg, wer ist davon in welchem Maße betroffen? Wie wirkt sich die zeitliche Extrabelastung durch die digitale Lehre auf die anderen Arbeitsgebiete aus – und wie auf die Qualifikationsarbeiten? Welche Universitäten und Museen haben schon Hilfsangebote umgesetzt – u. a. durch die Verlängerung von Arbeitsverträgen, durch die Entlastung von Forscher:innen mit care-Aufgaben und/oder Mitarbeiter:innen am Ende der Vertragslaufzeit? Wie gestaltet sich die Situation für Freiberufler:innen durch eine veränderte Auftragssituation? Welche unmittelbaren Schwierigkeiten ergeben sich etwa durch die Schließung von Museen und öffentlichen Institutionen? Welche Rechte haben wir und welche Forderungen wollen wir stellen? Wo brauchen wir besonders dringend Unterstützung und Solidarität?

Geplanter Ablauf:
- Vorstellung der AG Arbeitsbedingungen Kunstwissenschaft (AG AK)
- Präsentation des Projekts "aktivierender Fragebogen" zur geplanten Umfrage "Arbeiten mit befristeten Verträgen: Die Situation in den Kunstwissenschaften"
- Erfahrungsaustausch und Diskussion

Die Veranstaltung findet digital über Zoom statt – Teilnehmer:innen sind herzlich dazu eingeladen, auch in anonymisierter Form (also ohne Namensnennung und ohne Einschaltung der Kamera) an der Diskussion teilzunehmen oder uns vorher ihre Berichte und Einschätzungen zu übersenden: arbeitsbedingungenulmer-verein.de.

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AG Arbeitsbedingungen Kunstwissenschaft (AG AK)

Zeitverträge, zunehmend kürzere Laufzeiten, Drittmittelabhängigkeit und unsichere Karriereperspektiven prägen unseren Berufsalltag an den Universitäten, in Forschungseinrichtungen, an Museen, privaten und öffentlichen Institutionen, im Denkmalschutz, in Galerien, Auktionshäusern, Stiftungen, etc. – unabhängig davon, ob wir angestellt sind, freiberuflich arbeiten oder auf Honorarbasis beschäftigt werden. Dabei stehen gute Lehre, erfolgreiche Forschung und qualitätvolle, nachhaltige Arbeit in einem direkten Zusammenhang mit sicheren Beschäftigungsverhältnissen und stabilen beruflichen Perspektiven.

Nicht erst seit der Corona-Pandemie sind wir unmittelbar von prekären Arbeitsbedingungen betroffen. Keines unserer Tätigkeitsfelder – von der universitären Kunstwissenschaft über die Arbeit für Museen und Archive bis hin zu freiberuflichem Kuratieren und der Kunstvermittlung – ist davon ausgenommen. Erhebungen wie der vom Stifterverband und McKinsey herausgegebene Hochschulbildungsreport (https://www.hochschulbildungsreport2020.de) sowie der Hochschulreport des Deutschen Gewerkschaftsbundes (https://www.dgb.de/themen/++co++701f435a-2589-11eb-b49a-001a4a160123) haben die prekäre Situation zahlloser Beschäftigter an deutschen Hochschulen zum wiederholten Male offengelegt; eine Umfrage des Arbeitskreises Provenienzforschung von 2019 bestätigt den Befund. Auch in anderen Feldern kunstwissenschaftlicher Arbeit sind Kettenbefristung, Lohndumping und Überstunden die Regel.

Die AG Arbeitsbedingungen Kunstwissenschaft (AG AK) ist eine Initiative von Kunst- und Kulturwissenschaftler:innen im Ulmer Verein, die für ein Ende der Befristungspolitik und faire Beschäftigungsverhältnisse eintreten. Als Netzwerk zur solidarischen Unterstützung zwischen Beschäftigten im Kunst- und Kulturbetrieb, Unterstützer:innen und Bündnispartner:innen aus Universitäten, Museen, Gewerkschaften u. a. will die AG Arbeitsbedingungen Kunstwissenschaft (AG AK) Prekarität und Prekarisierung sichtbar machen und dazu beitragen, bessere Arbeitsbedingungen dauerhaft und nachhaltig zu etablieren.

Ziele und Projekte der AG Arbeitsbedingungen Kunstwissenschaft (AG AK)

- Prekarisierung sichtbar machen und thematisieren
- aktivierende Umfragen als Grundlage für zielgerichtete Kritik
- Erfahrungsaustausch und Diskussion ermöglichen, um Strategien für bessere Arbeitsbedingungen zu entwickeln
- Prekarisierung durch konkrete Forderungen und Maßnahmenpakete entgegenwirken
- Vernetzung, Solidarität und Solidarisierung organisieren

Wer sich engagieren möchte, ist herzlich eingeladen mitzumachen. Bei Interesse könnt ihr Kontakt über arbeitsbedingungenulmer-verein.de aufnehmen.

Weitere Informationen unter: www.ulmer-verein.de

Quellennachweis:
ANN: Arbeit&Gender (online, 5 Feb 21). In: ArtHist.net, 28.01.2021. Letzter Zugriff 24.04.2024. <https://arthist.net/archive/33294>.

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