CFP 11.04.2002

Kunstdiskurs und weibl. Portraitkultur noerdlich der Alpen (Giessen, 7.- 8.5.03)

Sigrid Ruby

Alpen (Giessen, 7.- 8.5.03)
Date: 4/11/02

X-Post: HUMANITIES - SOZIAL- UND KULTURGESCHICHTE
http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de

Kunstdiskurs und weibliche Portraitkultur noerdlich der Alpen
07./08. Maerz 2003

Eine vielfach zitierte Darstellung aus Albrecht Duerers "Unterweysung der
Messung" (publ. 1538) zeigt den "Zeichner des liegenden Weibes", der
ansetzt, sein Bild vermittels eines Rasters zentralperspektivisch korrekt
zu Papier zu bringen. Das abzubildende Modell ist eine annaehernd nackte
Frau, die in unbequemer Haltung auf dem Tisch des Zeichners posiert. Der
weibliche Koerper fungiert hier nicht nur als Motiv des massgerechten
Zeichnens, sondern zugleich auch als Sinnbild der Zeichenkunst. Einige
Jahre spaeter verfasst der franzoesische Dichter Pierre Ronsard seine "Elegie
a Janet" (publ. 1555). Das Gedicht ist die Beschreibung eines Gemaeldes,
das Ronsard dem Hofmaler Francois Clouet zu malen aufgibt. Es handelt sich
um ein Portrait seiner Geliebten Cassandre, einer "beaute de cour", deren
ideale Schoenheit der Dichter nach petrarkistischer Manier detailliert
schildert. Das in den Versen evozierte imaginative Bild der Frau ist Anlass
und Gegenstand eines paragone, eines fiktiven Wettstreits zwischen Malerei
und Dichtung.

Zwei Stationen eines sich herausbildenden Kunst- und Kuenstlerdiskurses
noerdlich der Alpen, der antike und italienische Vorbilder aufgreift und
damit offenbar auch das Konstrukt vom Bild der schoenen Frau bzw. von der
Frau als schoenes Bild uebernimmt. Wie normativ ist diese Gleichsetzung von
Frau, Schoenheit und Kunst? Welchen Stellenwert hat es fuer die
kuenstlerische Praxis einerseits und fuer soziale Praktiken im Umgang mit
Bildern andererseits? Diese Fragen scheinen fuer den nordalpinen Raum
bislang kaum gestellt zu sein. Um einen Anfang zu machen, will unsere
Tagung vor allem zwei Fragen nachgehen: Inwiefern sind Frauen und ihre
(Selbst-)Darstellungen an der Herausbildung, Weiterentwicklung und
Modifizierung des Kunstdiskurses noerdlich der Alpen beteiligt? Welche
Bedeutungen haben die Frau im Bild und (neue) Vorstellungen von der Frau
als Bild fuer den gesellschaftlichen Status der Frau - und vice versa? Bei
den historischen Frauenfiguren kann es sich um einzelne Kuenstlerinnen,
Maezeninnen, Fuerstinnen, Aebtissinnen u.a., aber auch um weibliche
Interessengruppen, Verbaende und ganz unterschiedlich motivierte
Gemeinschaften von oder mit Frauen aus dem nordalpinen Raum handeln.
Erwuenscht sind Beitraege zu Fallbeispielen, bei denen eine konkrete
weibliche Portrait- bzw. Repraesentationskultur das Spannungsfeld zwischen
Mimesis und Idea, also zwischen unterschiedlichen Darstellungsabsichten
und Realitaetsbezuegen, aufzuzeigen und in seiner sozialen Wirksamkeit zu
diskutieren erlaubt. Besonders willkommen sind Beitraege aus dem Bereich
der Fruehen Neuzeit (16.-18. Jh.).

Um die Zusendung eines Beitragsvorschlags (Titel, abstract von ca. 1-2
Seiten) wird bis zum 1. September 2002 gebeten.

Dr. Sigrid Ruby / Simone Roggendorf M.A.
Kunstgeschichtliches Seminar der JLU Giessen
Otto-Behaghel-Strasse 10 / G
35394 Giessen
Tel.: (0641) 99-28291
Fax: (0641) 99-28289
sigrid.rubygeschichte.uni-giessen.de /
simone.v.roggendorfkunst.geschichte.uni-giessen.de

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Quellennachweis:
CFP: Kunstdiskurs und weibl. Portraitkultur noerdlich der Alpen (Giessen, 7.- 8.5.03). In: ArtHist.net, 11.04.2002. Letzter Zugriff 24.04.2024. <https://arthist.net/archive/24962>.

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