CFP 16.09.2011

Kunstgeschichte in den besetzten Gebieten (1939-1945)

Institut für Kunstwissenschaft und Historische Urbanistik, TU Berlin, 27.–29.04.2012
Eingabeschluss : 30.10.2011

Henrike Haug

Kunstgeschichte in den besetzten Gebieten (1939–1945): Diskurse, Strukturen, Praktiken

Tagung Technische Universität Berlin (27.04.-29.04. 2012), organisiert von Magdalena Bushart (Technische Universität Berlin), Agnieszka G?sior (Geisteswissenschaftliches Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas an der Universität Leipzig) und Alena Janatkova (Humboldt Universität Berlin)

Lange vernachlässigt nimmt die Beschäftigung mit der Kunstgeschichte im Nationalsozialismus heute einen festen Platz in der Erforschung der Fachgeschichte ein. Sie kann dabei auf hervorragende Materialsammlungen wie die Datenbank „Geschichte der Kunstgeschichte im Nationalsozialismus“ oder das biographische „Handbuch deutschsprachiger Kunsthistoriker im Exil“ zurückgreifen. Auch zur Kunstgeschichte in den besetzten Gebieten liegt eine Reihe grundlegender Untersuchungen vor, wobei das Interesse in erster Linie den Handlungen der Besatzer galt und gilt: den Fotokampagnen des Marburger Instituts, der Übernahme von Lehrstühlen und Ämtern, der Gründung neuer Institutionen, vor allem aber den Aktionen des organisierten Kunstraubs. Weniger Beachtung hat die Situation in den betroffenen Ländern gefunden. Hier sahen sich die Fachvertreter infolge der Besetzung mit reichsdeutschen Kollegen konfrontiert, die den Krieg als Möglichkeit begriffen, ihre eigenen Forschungsperspektiven und -interessen durchzusetzen. Der Verdrängungsdruck führte zu Konflikten – persönlichen Konkurrenzen, fachinternen Kontroversen, kulturpolitischen Machtkämpfen –, deren Folgen von der Marginalisierung „unbequemer“ (im Sinne der deutschen Besatzer) Positionen bis hin zur offenen Repression reichten. Doch nicht alle Diskurse der Zwischenkriegszeit wurden mit der Besetzung unterbrochen; gerade im Bereich regionalgeschichtlicher Studien konnten sie neu ausgerichtet und unter veränderten Vorzeichen fortgeführt werden. Damit boten sich in einigen Ländern auch Möglichkeiten der Kollaboration mit deutschen Stellen und der Profilierung in gemeinsamen Projekten.

Um diese Konfrontation und ihre Folgen in den kunsthistorischen Praxisfeldern (Publizistik, Lehre, Museen, Denkmalpflege) wird es in einer gemeinsam vom Institut für Kunstwissenschaft und Historische Urbanistik der Technischen Universität Berlin und dem Geisteswissenschaftlichen Zentrum Geschichte und Kultur Ostmitteleuropas an der Universität Leipzig veranstalteten Tagung gehen. Dabei soll eine transnationale Perspektive eingenommen werden, die sich auf die besetzten Gebiete im Osten (insbesondere Polen, das Baltikum und die Tschechoslowakei), im Westen (Frankreich, die Niederlande, Belgien) und Norden (Norwegen, Dänemark) ebenso richtet wie auf die Gebiete der Verbündeten (Beispiel Italien). Die Vergleichskriterien entstehen aus dem Spannungsfeld von Kunstgeschichte und ihren jeweiligen kulturpolitischen Rahmenbedingungen während der Kriegsjahre: Welche Prozesse der Umstrukturierung, Neuorientierung, Anpassung oder Auflösung sind zu beobachten? Welche gesetzlichen Vorgaben waren richtungsweisend? Welche Wissenschaftler und fachwissenschaftliche Positionen konnten sich an öffentlichen Kultureinrichtungen etablieren? Welche Handlungsmuster sind dabei zu erkennen? Wie gestalteten sich die Handlungsräume der Kunstgeschichte angesichts kulturpolitischer Vorgaben innerhalb der einzelnen Bereiche? Gab es Nischen, die von Übergriffen unberührt blieben? Wie wurden Inhalte und Methoden der Wissenschaft, beispielsweise der „Kulturbodenforschung“, in der kunsthistorischen Praxis umgesetzt? Wie wirkten Okkupationen und Annexionen auf die reichsdeutsche Kunstgeschichte zurück? Aus dieser Perspektive wäre auch nach der Rolle der „Volksdeutschen Forschungsgemeinschaften“ und der Auslandsinstitute zu fragen.

Die Tagung findet von Freitag, den 27. bis Sonntag, den 29. April 2012, am Institut für Kunstwissenschaft und Historische Urbanistik der Technischen Universität Berlin statt. Tagungssprachen sind Englisch und Deutsch.
Vortragsvorschläge im Umfang von maximal 2500 Zeichen werden bis zum 30. Oktober 2011 an die drei Veranstalterinnen erbeten: Prof. Dr. Magdalena Bushart (magdalena.busharttu-berlin.de), Dr. Agnieszka G?sior (gasiorrz.uni-leipzig.de) und Dr. Alena Janatkova (alena.janatkovaculture.hu-berlin.de).

Quellennachweis:
CFP: Kunstgeschichte in den besetzten Gebieten (1939-1945). In: ArtHist.net, 16.09.2011. Letzter Zugriff 25.04.2024. <https://arthist.net/archive/1854>.

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