CFP 01.03.2018

vita perfecta? (Göttingen, 13-15 Mar 19)

Universität Göttingen, 13.–15.03.2019
Eingabeschluss : 31.05.2018

Christian Schmidt

Interdisziplinäre Tagung
"vita perfecta? Formen der Aushandlung divergierender Ansprüche an ein religiöses Leben"

Mittelalterliche Entwürfe einer vita religiosa schließen das Streben nach christlicher Vollkommenheit ein – dieser Zusammenhang ist evident und bildet einen Topos der Erforschung von Ordens- und Frömmigkeitskulturen. Die geplante Tagung geht von der Annahme aus, dass das Ziel der perfectio jedoch keineswegs einheitliche, sondern hochgradig divergierende Ansprüche an ein religiöses Leben generiert. Ausgehend von den Unterscheidungen zwischen vita activa und contemplativa oder vita communis und solitaria hat die Forschung bereits den Blick auf Antagonismen, Ausgleichsbemühungen und Überlagerungen von gemeinschaftlichen und solitären, weltlichen und geistlichen, laikalen und monastischen Lebensweisen gelenkt. Die Tagung greift diese Ansätze auf und akzentuiert dabei die Beobachtung, dass selbst stark divergierende Ansprüche an eine religiöse Lebensführung einer gemeinsamen Teleologie unterliegen: Sie bleiben in ihrer ganzen Heterogenität auf das Streben nach perfectio ausgerichtet.

Ziel der Tagung ist es, unter dieser Perspektive religiöse Lebensformdiskurse im Kontext des Strebens nach Vollkommenheit und umgekehrt Modelle christlicher Vervollkommnung im Kontext religiöser Lebensformdiskurse neu interpretierbar zu machen. Wenn die Verhandlung von Lebensformkonzepten latent mit Modellen christlicher perfectio verknüpft ist, ist davon auszugehen, dass sich ganz unterschiedliche Textsorten und Medien dem Problem ihres Verhältnisses widmen. Insbesondere dort, wo das Streben nach perfectio die Erfüllung voneinander abweichender oder widersprüchlicher Erwartungen verlangt, können religiöse Normenkonkurrenzen und -konflikte, Krisenmomente, aber auch Bewältigungsstrategien und Resilienzen sichtbar gemacht werden. Über dieses Erkenntnisinteresse ergeben sich Schnittstellen zwischen Theologie bzw. Religionswissenschaft, Philosophie, Geschichte, Kunstgeschichte und Literaturwissenschaft.

Die einzelnen Beiträge mögen von dem breiten Spektrum religiöser Textsorten (wie Legendarik, Mystik, Traktat, Predigt, Gebet) ausgehen und systematisch auf inhaltliche Konstellationen aufmerksam machen, die Wege einer ,Vervollkommnung von Lebenʻ zwischen den Ansprüchen spiritueller Vereinzelung und christlicher communitas diskutieren. Ergänzt werden kann die texthermeneutische Erschließungsarbeit durch soziokulturelle und intermediale Perspektiven. Darüber hinaus soll nach textsortenspezifischen Aushandlungen einer vita perfecta differenziert werden, um für den Bereich der literarischen Stilisierung die verschiedenen semantischen, motivischen, rhetorischen, und narrativen Gestaltungsmodi deutlich zu machen.

Die Tagung legt einen Schwerpunkt auf den deutschsprachigen Raum in Mittelalter und Früher Neuzeit, steht aber ausdrücklich auch für Anknüpfungsmöglichkeiten, die diesen Rahmen zeitlich und räumlich transzendieren, offen; so sind gerade auch Beiträge, die die fundierende griechisch-lateinische Bildungs- und Literaturtradition seit der Spätantike und die lateinisch geführte theologische Diskussion in Mittelalter und Früher Neuzeit in den Blick nehmen, sehr willkommen.

Vorschläge für Beiträge sind bis zum 31. Mai erbeten. Eine ausführliches Tagungskonzept sowie Details zur Einsendung der Vorschläge finden Sie über den obenstehenden Link.


Göttingen, im Februar 2018
Daniel Eder, Henrike Manuwald und Christian Schmidt

Quellennachweis:
CFP: vita perfecta? (Göttingen, 13-15 Mar 19). In: ArtHist.net, 01.03.2018. Letzter Zugriff 23.04.2024. <https://arthist.net/archive/17476>.

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