STIP 19.09.2014

Herzog-Ernst-Stipendien (Gotha)

Gotha, 01.02.–31.12.2015
Bewerbungsschluss: 15.10.2014

Christian Methfessel

Herzog-Ernst-Stipendien der Fritz Thyssen Stiftung an der Forschungsbibliothek Gotha und am Forschugszentrum Gotha der Universität Erfurt

I. Die Forschungsbibliothek Gotha
Die Forschungsbibliothek Gotha auf Schloss Friedenstein Gotha bewahrt herausragende Sammlungen zur Kulturgeschichte der Frühen Neuzeit und der Neuzeit. Sie ist nach Berlin und München neben der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel die bedeutendste Bibliothek historischer Bestände des 16. bis 18. Jahrhunderts in der Bundesrepublik Deutschland. Seit 2003 gehört außerdem die Sammlung Perthes Gotha zur Bibliothek, die aus den Beständen des 1785 gegründeten Verlages Justus Perthes Gotha hervorgegangen ist. Sie zählt weltweit zu den bedeutendsten geographischen Spezialsammlungen.

Aufgabe der Forschungsbibliothek ist die Sammlung, Bewahrung und Erschließung ihrer Quellen, die Teil des europäischen kulturellen Erbes sind. Insgesamt befinden sich in der Bibliothek etwa 700.000 gedruckte Werke, darunter rund 350.000 Drucke des 16. bis 18. Jahrhunderts. Hinzu kommen ca. 11.500 Handschriftenbände, die eine bedeutende Sammlung von Handschriften, Autographen und Nachlässen zur Kulturgeschichte des Protestantismus in der Frühen Neuzeit enthalten sowie eine Kollektion von rund 3.500 orientalischen Handschriften - die drittgrößte ihrer Art in Deutschland. Die Bibliothek bewahrt ferner eine bemerkenswerte Sammlung von Briefen deutscher Auswanderer nach Amerika.

Die Sammlung Perthes bildet mit ihren drei Bereichen Kartensammlung, Fachbibliothek und Verlagsarchiv ein einzigartiges Zusammenhangsmaterial. Die Kartensammlung enthält ca. 185.000 Blätter des 18. bis 20. Jahrhunderts aus der internationalen und verlagseigenen Kartenproduktion; die kartographisch-geographische Fachbibliothek umfasst 120.000 Bände, eine genealogisch-statistische Büchersammlung sowie ein vollständiges Exemplar des bei Perthes verlegten Almanach de Gotha. Das Verlagsarchiv mit 800 laufenden Metern beinhaltet u.a. die Überlieferung der Schriftleitung von Petermanns Mitteilungen, eine Belegexemplar-Sammlung der Verlagsproduktion sowie 1.650 Kupferplatten.

II. Das Forschungszentrum Gotha
Das Forschungszentrum Gotha (FZG), eine allgemein anerkannte Forschungs- und Begegnungsstätte der internationalen interdisziplinären Forschung für die Geschichte der Neuzeit, ist eine zentrale wis-senschaftliche Einrichtung der Universität Erfurt und arbeitet eng mit der Forschungsbibliothek Gotha zusammen. Die Hauptaufgabe des FZG besteht in der koordinierten Durchführung von Forschungsvorhaben zur Kultur- und Wissensgeschichte der Frühen Neuzeit sowie des 19. und 20. Jahrhunderts in disziplinübergreifender Perspektive. Derzeit laufen am Zentrum Forschungsprojekte bspw. über europäischen Orientalismus im 17. Jahrhundert, Natur- und Kartographiegeschichte des 18. bzw. 19. Jahrhunderts sowie zum Illuminatenorden in der Spätaufklärung. Darüber hinaus organisiert das Haus (Gast-) Vorträge, Konferenzen und Kolloquia und dient als Plattform für Stipendiaten, Gastwissen-schaftler und Forschungsnetzwerke. Geleitet wird das FZG von Prof. Dr. Martin Mulsow (Direktor, Philosophie/Ideengeschichte), und Prof. Dr. Iris Schröder (stellvertr. Direktorin, Globalgeschichte des 19. Jahrhunderts). Ein Direktorium und ein internationaler wissenschaftlicher Beirat begleiten, beraten und unterstützen die Direktion bei ihrer Arbeit.

III. Stipendienprogramm "Herzog-Ernst-Stipendien der Fritz Thyssen Stiftung"
1. Inhaltliche Ausrichtung
Das Herzog-Ernst-Stipendienprogramm fördert und intensiviert die wissenschaftliche Beschäftigung mit den Beständen der Forschungsbibliothek und den zur Forschungsbibliothek gehörenden historischen Sammlungen des Verlages Justus Perthes Gotha. Die wissenschaftlich-inhaltliche Ausrichtung des Stipendienprogramms zielt darauf, den vielfältigen Beständen und der Universalität der Gothaer Bibliothek Rechnung zu tragen. Das Programm besitzt thematisch und disziplinär einen offenen Charakter. Doch sind folgende inhaltliche Schwerpunkte vorgesehen, die besonders markant vertretene Sammelgebiete der Forschungsbibliothek reflektieren:

- Kultur des deutschen und europäischen Fürstenhofes am Beispiel Gotha
- Verlags- und Buchhandelsgeschichte (bezogen auf die Sammlung Perthes Gotha)
- Wissens- und Wissenschaftskulturen als Global-, Transfer- und Verflechtungsgeschichte (16.–20. Jh.)
- Rezeption und Geschichte der europäischen Literatur, vornehmlich 16. bis frühes 19. Jh. (Sammlungen neulateinischer und barocker Dichtung)
- Geschichte der Religionskulturen des klassischen Altertums, des Protestantismus und des Islam (Erwerbungen Cyprians; Bibliotheca Gerhardina sowie Gesangbuchsammlung; orientalische Handschriften)
- Philosophie und Geschichte der deutschen und europäischen Aufklärung
- Heterodoxie, Dissidenz und Subversion 1600–1800
- Wissenschafts- und Wissensgeschichte der Geisteswissenschaften 1500–1800 (Alchemie, Astronomie, Numismatik, Orientalistik, Philologie usw.)
- Wissensgeschichte raumorientierter Disziplinen (Geographie, Geologie, Zoologie, Botanik, Ethnologie und Statistik), 1500–1990
- Kartographie- und Imperialgeschichte (u.a. Nachlässe von Forschungsreisenden und Verlagsbibliothek in der Sammlung Perthes)
- Kartographie und "critical geopolitics" (u.a. Kartensammlung/Sammlung Perthes)

Auf Schloss Friedenstein befinden sich zudem die musealen Sammlungen der Stiftung Schloss Friedenstein sowie das Thüringische Staatsarchiv Gotha, die in die Forschungen einbezogen werden können. Ergänzend bieten sich Recherchen in den mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Handschriften und Drucken der in der Universitätsbibliothek Erfurt aufbewahrten Bibliotheca Amploniana und weiteren historischen Sammlungen an. Auch die räumlich nahen Quellen der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar können konsultiert werden.

2. Vergabemodalitäten
Für die wissenschaftliche Beschäftigung mit den Beständen der Forschungsbibliothek Gotha werden ab dem 01.02.2015 Stipendien für Doktoranden (in Höhe von monatlich € 1.100) für die Dauer von max. neun Monaten und Postdoktorandenstipendien (in Höhe von monatlich € 1.600) bis zu einer Dauer von in der Regel sechs Monaten vergeben.

Die Stipendiaten sind an das Forschungszentrum Gotha angebunden und berichten in einem öffentlichen Kolloquiumsvortrag über ihr Forschungsvorhaben. Zudem legen sie nach Abschluss der Studien einen Bericht über die aus den Gothaer Bibliotheksbeständen gewonnenen Erkenntnisse vor, wobei neue Hinweise zu deren bibliothekswissenschaftlicher Relevanz hervorgehoben werden sollen. Sie sind verpflichtet, in Veröffentlichungen, die aus dem Forschungsaufenthalt in Gotha hervorgehen, auf die Förderung durch das von der Fritz Thyssen Stiftung ermöglichte Herzog-Ernst-Stipendienprogramm hinzuweisen und drei Publikationsexemplare dem Vorsitzenden der Vergabekommission zu überlassen.
Bewerberinnen und Bewerber werden gebeten, ihrem Antrag folgende Unterlagen beizufügen:

1. Bewerbungsformular
2. Curriculum Vitae
3. Kurze Projektskizze (2–5 Seiten) mit einer Begründung, warum zur Durchführung des Arbeitsvorhabens der Aufenthalt am Standort Gotha notwendig ist
4. Zwei Gutachten zum Projekt (Namen beider Gutachter auf dem Bewerbungsformular vermerken); die Gutachten können separat per Post oder E-Mail geschickt werden
5. Zeugniskopien
6. Ggf. Publikationsliste

Anträge auf Stipendien können unter Angabe des Stichworts "Herzog-Ernst-Stipendien der Fritz Thyssen Stiftung" bis zum 15.10.2014 in deutscher und englischer Sprache gestellt werden an:

Vergabekommission
Herzog-Ernst-Stipendien der Fritz Thyssen Stiftung
Prof. Dr. Martin Mulsow
Forschungszentrum Gotha der Universität Erfurt
Schloss Friedenstein
99867 Gotha

Die Unterlagen sind ausschließlich in elektronischer Form an unsere E-Mail-Adresse herzogernstuni-erfurt.de einzureichen. Gegebenenfalls kann Einsicht in die Schriften verlangt werden.

Rückfragen richten Sie bitte an: herzogernstuni-erfurt.de

Quellennachweis:
STIP: Herzog-Ernst-Stipendien (Gotha). In: ArtHist.net, 19.09.2014. Letzter Zugriff 28.03.2024. <https://arthist.net/archive/8439>.

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