CFP 16.04.2014

Re-Visionen des Museums?

Eingabeschluss : 01.06.2014

Jennifer John

CALL FOR ARTICLES // Deadline: 1. Juni 2014 bzw. 1. Oktober 2014
Re-Visionen des Museums? Praktiken der Sichtbarmachung im Feld des Politischen
FKW // Zeitschrift für Geschlechterforschung und visuelle Kultur

Im Mittelpunkt der kommenden Ausgabe (Nr. 58) der FKW // Zeitschrift für Geschlechterforschung und visuelle Kultur stehen Folgen und Effekte der feministischen Kritik, der Gender-, Queer- und postkolonialer Theorie auf die museale Praxis. Museen gelten als Kultur legitimierende Institutionen sowie Speicher des kulturellen und kollektiven Gedächtnisses. Das hier bewahrte und sichtbar gemachte Wissen scheint mit Wahrheit und Authentizität verknüpft zu sein. Die Aufnahme in die museale Sammlung und Inszenierung verspricht die Partizipation an einer produktiven Macht. In Folge dessen ist das museale Display ein umkämpfter Ort von Sichtbarkeiten und Repräsentationen von materiellem und objektivem, im Sinne von (ver-)objektiviertem und somit gesichertem Wissen.

Sichtbarkeit ist ein zentraler Aspekt politischer Präsentation, weil Gesehen-Werden eng mit „Anerkennung“ verbunden ist. So ist die Zielsetzung vieler marginalisierter politischer Gruppen bereits die Sichtbarwerdung im Feld der hegemonialen Repräsentation. Mithin hat die feministische Forschung bereits seit den 1970er Jahre auf Ausschlüsse und Lücken in den großen Erzählungen der Museen verwiesen und die institutionelle Ordnung in Frage gestellt. Sichtbarwerdung bedeutet indessen keineswegs das Ende der Ideologie. Vielmehr lassen sich museale Praktiken nicht ohne normative Zuweisungen denken. So werden trotz oder auch gerade durch die Visualisierung Subjekte negativ oder positiv konnotiert qua Geschlecht, Hautfarbe, Alter oder sexueller Orientierung usw., da diese Kategorien mit bestimmten Zuschreibungen verknüpft sind und über ein gesellschaftlich anerkanntes Bildrepertoire wirken. Es greifen machtvolle visuelle Effekte, die nicht zuletzt Angebote der Identifikation bereitstellen und so gesellschaftspolitisch wirken. Bedeutsam ist deshalb die Art und Weise der Repräsentation, die das Sichtbargemachte mit Bedeutung belegt. Es geht demnach nicht um die wertfreie Sichtbarmachung, die auf den ersten Blick die Teilhabe an Macht und Ressourcen verspricht, sondern um das Wie des Sichtbar-Seins und Sichtbar Werdens.

Seitens der Forschung wird insbesondere durch die Cultural Studies seit den 1990er Jahren problematisiert, dass Museen Definitionsmacht haben, dass sie Wahrheiten und Wirklichkeiten herstellen und gleichzeitig Möglichkeits- oder Unmöglichkeitsräume liefern, in denen Identitäten, Werte und Normen performativ erprobt, ausgehandelt und geschaffen werden (vgl. z.B. Tony Bennett (1995), Eilean Hooper-Greenhill (1992)). So vermitteln sie über die intendierten Informationen weitergehende explizite oder implizite Zusammenhänge und Ideologien. Als Stichwort zur Frage der Praktiken des Museums sei hier der White Cube genannt: Brian O´Doherty hat in seiner 1976 im Artforum erschienen Artikelreihe mit diesem Begriff den weißen Ausstellungsraum und dessen auratisierende und ideologische Wirkung umschrieben, die daher rührt, dass er als scheinbar objektiver Rahmen wahrgenommen wird, der die Universalität der Exponate und ihrer Werte zu garantieren vorgibt. Die damit verbundene autoritäre und immer schon zutiefst ideologisch geprägte Geste des Zeigens wird mittels dieser Inszenierung unsichtbar gemacht. Gegenwärtig wird dieser Topos vor allem an neoliberalen und neokolonialen Blickachsen und Machtkonstellationen diskutiert.
Während migrantische und queere Perspektiven zunehmend in Ausstellungen aufgegriffen werden, wird etwa die feministische Naturwissenschafts- und Technikkritik im Museum noch kaum rezipiert.

In der Ausgabe Nr. 58 der FKW // Zeitschrift für Geschlechterforschung und visuelle Kultur geht es darum zu fragen, ob und wie diese Debatten in den Museen aufgenommen werden. Wie wird die Krise der Repräsentation in der musealen Praxis verhandelt? Haben sich die Erkenntnisse in den Repositorien und Ausstellungshäusern niedergeschlagen? Wie wurde in der Sammlungs-, Ausstellungs- und Vermittlungspraxis daraufhin reagiert? Der Fokus der Beiträge sollte auf der expliziten Überkreuzung von bisher zumeist isoliert voneinander gedachten Differenz- und Ungleichheitskategorien der feministischen, postkolonialen und wissenschaftsgeschichtlichen Repräsentationskritik liegen. Folgende Themenbereiche sind denkbar:

// Fallbeispiele und Erfahrungsberichte aus kunst- und kulturhistorischen sowie naturkundlichen, technik-, wissenschafts- und alltagsgeschichtlichen Museen oder aus dem öffentlichen Raum, die die verschiedenen disziplinären Kritikstränge in ihre Konzeption einbinden

// Analysen von Museen und Ausstellungen, die sich explizit der Inklusion von marginalisierten Gruppen widmen (z.B. Sonderausstellungen, Frauen- oder Migrationsmuseen) sowie deren Auswirkungen auf die institutionelle Museumslandschaft

// Künstlerische Interventionen mit Blick auf die Effekte und Veränderungen der etablierten musealen Praxis

// Umgestaltungen des Museums durch digitale Medien (etwa in Hinblick auf Inszenierung, Sammlung, Speicherung, Partizipation, etc.) und deren Wirkungen auf die (Re-)Produktion von hegemonialen bzw. marginalisierten Wissensordnungen

// Theorien und Praktiken des kritischen Kuratierens sowie der kritischen Kunst- und Kulturvermittlung

// Szenarien und Strategien eines postrepräsentativen Museums, die die Möglichkeiten eines reflexiven Sammelns, Ausstellens und Vermittelns ausloten

Wir freuen uns auf das Einreichen von Abstracts im Umfang von einer bis max. zwei Seiten sowie einer kurzen Biographie und Publikationsliste bis zum 1. Juni 2014. Nach der Auswahl der Beiträge durch die Herausgeberinnen sind diese im Umfang von max. 30.000 Zeichen (inkl. Bibliographie)
bis zum 1. Oktober 2014 einzusenden. Die Online-Publikation erscheint im Frühjahr 2015.

Zur Zeitschrift:
FKW // Zeitschrift für Geschlechterforschung und visuelle Kultur analysiert visuelle Repräsen-tationen und Diskurse in ihrer gesellschaftlichen und geschlechterpolitischen Bedeutung. So ver-bindet FKW kunst- und kulturtheoretische, bild- und medienwissenschaftliche, genderspezifische, politische und methodische Fragestellungen zu einer kritischen Kulturgeschichte des Visuellen. Die Zeitschrift erscheint seit 1986 (unter dem Titel Frauen Kunst Wissenschaft bis 2007); seit 2013 (mit Ausgabe Nr. 54) wurde die Druckausgabe des Periodikums durch die digitale Open-Access-Veröffentlichung ersetzt.

www.fkw-journal.de

Kontakt:
Dr. Jennifer John jenniferjohn-ette.de
Dr. Daniela Döring dadoerinuni-potsdam.de

Quellennachweis:
CFP: Re-Visionen des Museums?. In: ArtHist.net, 16.04.2014. Letzter Zugriff 18.04.2024. <https://arthist.net/archive/7465>.

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