STIP 03.09.2012

Herzog-Ernst-Stipendien, Forschungsbibliothek Gotha

Gotha, 01.02.–31.12.2013
Bewerbungsschluss: 15.10.2012

Stefanie Kießling

Herzog-Ernst-Stipendien der Fritz Thyssen Stiftung an der
Universitäts- und Forschungsbibliothek Erfurt/Gotha

I. DIE FORSCHUNGSBIBLIOTHEK GOTHA

Die vormalige Herzogliche Bibliothek auf Schloss Friedenstein in Gotha
beherbergt eine der wichtigsten Sammlungen alter Drucke und
Handschriften in der Bundesrepublik Deutschland – 380.000 vor 1900
gedruckte Werke und ca. 11.300 Bände Handschriften. Den Grundstein zur
Bibliothek wie auch zum Schloss legte Herzog Ernst I. (1601–1675),
genannt der Fromme. Die Gothaer Bibliothek darf sich als eine der
großen deutschen Bibliotheken bezeichnen.

Ihr Charakter als höfische Bibliothek zeigt sich besonders in
Bestandsgruppen, die an akademischen Bibliotheken gemeinhin nicht zu
finden sind, wie Biographien und Memoiren, Musik sowie Geographie mit
umfangreichen Beständen an Kartensammlungen aus dem 18. Jahrhundert
und älterer geographischer sowie Reiseliteratur zu Europa und
Außereuropa. Die gezieltesten und fruchtbarsten Sammlungsaktivitäten
für die fürstliche Bibliothek unternahmen dabei Ernst Salomon Cyprian
(Reformation, Pietismus), Johann Gottfried Geissler (illuminierte und
deutschsprachige Handschriften des Mittelalters, Inkunabeln, frühe
Naturwissenschaften) und Ulrich Jasper Seetzen (orientalische
Handschriften). Der Tätigkeit von Naturwissenschaftlern verdankt Gotha
auch die erste Sternwarte des Kontinents, deren Archiv und Bibliothek
Teil der Forschungsbibliothek sind. Besondere Erwähnung verdienen
schließlich die umfangreiche, mehr als 8000 Titel umfassende
Leichenpredigtensammlung der Anna Sophia Hülsemann sowie die
einzigartige geographisch-kartographische Sammlung des Verlages Justus
Perthes Gotha.

II. STIPENDIENPROGRAMM "HERZOG-ERNST-STIPENDIEN DER FRITZ THYSSEN
STIFTUNG"

1. INHALTLICHE AUSRICHTUNG

Das Forschungsförderungsprogramm für Gastwissenschaftler
„Herzog-Ernst-Stipendien“ fördert und intensiviert die
wissenschaftliche Beschäftigung mit den Beständen der
Forschungsbibliothek und den zur Forschungsbibliothek gehörenden
historischen Sammlungen des Verlages Justus Perthes Gotha.

Die wissenschaftlich-inhaltliche Ausrichtung des Stipendienprogramms
zielt darauf, den vielfältigen Beständen und dem universellen Geist
der Gothaer Bibliothek Rechnung zu tragen. In diesem Sinne besitzt das
Programm thematisch und disziplinär einen offenen Charakter. Doch sind
folgende inhaltliche Schwerpunkte vorgesehen, die besonders markant
vertretene Sammelgebiete der Forschungsbibliothek reflektieren:

- Kultur des deutschen und europäischen Fürstenhofes am Beispiel Gotha
(Herzogliche Privatbibliotheken; Korrespondenzen; Hofkalender)
- Herzogliche Bibliothek und Kulturtransfer sowie Ausbildung von
Wissenskulturen und Wissenschaftskulturen – von den frühneuzeitlichen
Reiseberichten und Länderkunden zu den modernen Geo- und
Astrowissenschaften (Politica und Reiseberichte; Bibliotheken von
Herzog Ernst II. von Sachsen-Gotha-Altenburg; Sammlung Friedrich
Christian Kries sowie der Sternwarte; ab 1800 in enger Beziehung zu
den Beständen des Perthes-Verlages)
- Rezeption und Geschichte der europäischen Literatur, vornehmlich 16.
bis beginnendes 19. Jh. (Sammlungen neulateinischer und barocker
Dichtung)
- Geschichte der Religionskulturen des klassischen Altertums, des
Protestantismus und des Islam (Erwerbungen Cyprians; Bibliotheca
Gerhardina sowie Gesangbuchsammlung; orientalische Handschriften)
- Philosophie und Geschichte der deutschen und europäischen Aufklärung
(Privatbibliotheken von Louise-Dorothée und Prinz August;
Theaterliteratur)
- Heterodoxie, Dissidenz und Subversion 1650–1750
- Wissenschaftsgeschichte der Geisteswissenschaften 1500–1800

Auf Schloss Friedenstein befinden sich zudem die musealen Sammlungen
der Stiftung Schloss Friedenstein sowie das Thüringische Staatsarchiv
Gotha, die für weitergehende Forschungen kontaktiert werden können.
Ergänzend bieten sich Recherchen in den mittelalterlichen und
frühneuzeitlichen Handschriften und Drucken der Bibliotheca Amploniana
und der 1816 geschlossenen alten Universität Erfurt an. Auch die
räumlich nahen Quellen der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in Weimar
können ergänzend konsultiert werden.

2. VERGABEMODALITÄTEN

Für die wissenschaftliche Beschäftigung mit den Beständen der
Forschungsbibliothek Gotha werden ab dem 01.02.2013
Forschungsstipendien für Doktoranden (in Höhe von monatlich € 1.100)
für die Dauer von max. neun Monaten und Postdoktorandenstipendien (in
Höhe von monatlich € 1.600) bis zu einer Dauer von sechs Monaten
vergeben.

Bewerberinnen und Bewerber werden gebeten ihrem Antrag folgende
Unterlagen beizufügen:

1. Bewerbungsformular
2. Curriculum vitae
3. Kurze Projektskizze (2–5 Seiten) mit einer Begründung, warum zur
Durchführung des Arbeitsvorhabens der Aufenthalt am Standort Gotha
notwendig ist
4. Zwei Gutachten zum Projekt (Namen beider Gutachter auf dem
Bewerbungsformular vermerken); die Gutachten können separat per Post
oder E-Mail geschickt werden
5. Zeugniskopien
6. Ggf. Publikationsliste

Anträge auf Stipendien können unter Angabe des Stichworts
„Herzog-Ernst-Stipendien der Fritz Thyssen Stiftung" bis zum
15.10.2012 in deutscher, englischer, französischer, italienischer und
spanischer Sprache gestellt werden an:

Vergabekommission
Herzog-Ernst-Stipendien der Fritz Thyssen Stiftung
Prof. Dr. Martin Mulsow
Forschungszentrum Gotha der Universität Erfurt
Postfach 10 05 61
99855 Gotha

Die Unterlagen sind ausschließlich in elektronischer Form an unsere
E-Mail-Adresse herzogernstuni-erfurt.de einzureichen!

Rückfragen richten Sie bitte an: herzogernstuni-erfurt.de

Die Stipendiaten sind an das Forschungszentrum Gotha angebunden und
berichten in einem öffentlichen Kolloquiumsvortrag über ihr
Forschungsvorhaben. Zudem legen sie nach Abschluss der Studien einen
kurzen Bericht über die aus den Gothaer Bibliotheksbeständen
gewonnenen Erkenntnisse vor, wobei neue Hinweise zu deren
bibliothekswissenschaftlicher Relevanz hervorgehoben werden sollen.
Des Weiteren sind sie verpflichtet, in der Veröffentlichung, die auf
der Grundlage des Forschungsaufenthalts in Gotha entstanden ist, auf
die Förderung durch das von der Fritz Thyssen Stiftung ermöglichte
Herzog-Ernst-Stipendienprogramm hinzuweisen und drei
Publikationsexemplare dem Vorsitzenden der Vergabekommission zu
überlassen.

Quellennachweis:
STIP: Herzog-Ernst-Stipendien, Forschungsbibliothek Gotha. In: ArtHist.net, 03.09.2012. Letzter Zugriff 20.04.2024. <https://arthist.net/archive/3672>.

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