STIP 02.02.2012

Doktorandenstipendium "Wissensräume" (Univ. Trier)

Trier, 01.04.2012
Bewerbungsschluss: 29.02.2012

Theresia Biehl

Im Rahmen der vom Land Rheinland-Pfalz geförderten Forschungsinitiative ist am Historisch-Kulturwissenschaftlichen Forschungszentrum (HKFZ) Trier voraussichtlich zum 01. April 2012 ein Doktorandenstipendium zu vergeben.

Das Stipendium ist vorbehaltlich der Zuweisung der Mittel zunächst auf ein Jahr befristet, in dessen Verlauf entweder eine anderweitige Förderung eingeworben oder nach dessen Ablauf vorbehaltlich der Zuweisung der Mittel eine Verlängerung des Stipendiums bis maximal Dezember 2013 beantragt werden kann. Eine Verlängerung des Stipendiums setzt eine positive Evaluierung durch das HKFZ voraus. Ferner ist eine Verlängerung abhängig von der allgemeinen Zuweisung der Mittel.

Die beteiligten Fachgebiete, in denen die Möglichkeit zur Promotion besteht, sind Anglistik, Germanistik, Geschichte, Jiddistik, Kunstgeschichte, Medienwissenschaft, Philosophie und Romanistik.

Gefördert werden im Rahmen des HKFZ Trier interdisziplinäre, kulturhistorische Untersuchungen zum Thema Räume des Wissens. Orte – Ordnungen – Oszillationen.

Das Historisch-Kulturwissenschaftliche Forschungszentrum (HKFZ) Trier bündelt Forschungsaktivitäten mit einer historischen Ausrichtung aus verschiedenen kulturwissenschaftlichen Disziplinen.
Das historische Forschungsinteresse geht von der Überlegung aus, dass Beiträge zum Verständnis und zur Gestaltung aktueller gesellschaftlicher Strukturen nur auf der Grundlage systematischer Untersuchungen ihrer historischen Wurzeln geleistet werden können. Das Zentrum fördert eine arbeitsteilige inter- und transdisziplinäre Forschung, um so zu Ergebnissen zu kommen, die mit der konventionellen individuellen und einzelwissenschaftlichen Forschungstätigkeit in den Historischen Kulturwissenschaften nicht zu erzielen sind. Die Zusammenarbeit der beteiligten Forschungsprojekte und Fächer erfolgt aufgrund methodischer oder inhaltlicher Verknüpfungen im Sinne des formulierten inter- und transdisziplinären Anspruchs. Weitere Informationen stehen auf der Homepage des Zentrums zur Verfügung: www.hkfz.uni-trier.de

In segmentären, in stratifizierten wie auch in funktional ausdifferenzierten Gesellschaften sind der Erwerb, die Vermittlung, der Erhalt, die Umwertung und die Vernichtung von Wissensbeständen eigenen Orten und Räumen zugewiesen. Die Koppelung von Wissen an Lokalitäten und Raumvorstellungen erscheint nachgerade als Grundmodus okzidentalen Denkens, der sämtliche denkbaren Kategorien des Wissens – also propositionales und praktisches, deskriptives und normatives, wissenschaftliches und lebensweltliches Wissen – betreffen kann. Dabei wird der Begriff des ‚Wissensraums’ häufig mit konkreten Architekturen wie etwa denjenigen der Bibliothek, des Klosters, des Labors oder der Kanzlei, oder mit teils kleineren (z.B. Buch), teils größeren (z.B. Stadt) physischen Einheiten verbunden. Mit Blick auf aktuelle Forschungsdebatten, zum Beispiel im Anschluss an den topographical turn im Sinne Sigrid Weigels oder den topological turn, wie er unter anderem von Stephan Günzel vertreten wird, aber auch mit Blick auf das alltägliche Allgemeinwissen wird darüber hinaus deutlich, dass der Begriff des ‚Wissensraums’ neben Orten, die in der materiellen Welt topographisch lokalisierbar oder topologisch identifizierbar sind, auch konstruierte Größen wie etwa Herrschafts-, Handlungs- oder Kommunikationsräume umfasst. Wissen tritt somit in verschiedenen, sich überlappenden Modi der Verräumlichung auf. Dabei können Wissensräume statischer oder dynamischer Natur sein und sich zum einen in der Konfiguration von real-and-imagined places im Sinne des Kulturgeographen Edward Soja ausdrücken , d.h. sich aus ontologisch unterschiedlichen Ordnungen speisen. Zum anderen stehen diese Konfigurationen in einem reziproken Verhältnis zu prozesshaften Verräumlichungsmodi, die sich als dynamische, hybride und häufig oszillierende Entwicklungen beschreiben lassen. Solche Formierungen und Transformierungen von Wissensräumen zeigen sich beispielsweise in der Speicherung, Löschung, Überschreibung von Wissensbeständen oder auch in deren Hierarchisierung, Enthierarchisierung bzw. Heterarchisierung. Demnach wird Wissen kulturell nicht nur vorgegebenen, von ihm unabhängigen Räumen zugeordnet, sondern ist schon in seiner Formierung selbst an Prozesse der Verräumlichung gebunden. Von besonderem Interesse sind daher gerade Verräumlichungen solcher Entitäten und Konstellationen, deren Wissensräumlichkeit sich nicht auf den ersten Blick erschließt.

Dementsprechend gehen die Überlegungen des HKFZ von drei Leitbegriffen aus:
1. Vom Begriff des Orts als zugleich räumlicher Konkretisation von Wissensbeständen wie auch als konstruierte Größe innerhalb des kulturellen Gedächtnisses einer spezifischen Gruppe (ästhetische Räume im Sinne Ernst Cassirers, Kontaktzonen im Sinne Mary Louise Pratts, Schwellenräume im Sinne Homi Bhabhas, Topotropen im Sinne J. Hillis Millers u.a.m.).
2. Vom Begriff der Ordnung als real-und-imaginierter bzw. materieller und virtueller Systematisierung von Räumen und Wissensbeständen gleichermaßen, die insbesondere in Form der einander bedingenden und überschneidenden Wissenskulturen des Handlungs- und Spezialwissens auftreten, denen wiederum das auf kulturelle und soziale Rudimente verweisende Allgemein- und Alltagswissen gegenübersteht.
3. Vom Begriff der Oszillation als Terminus zur Beschreibung von (Trans-)Formierungsprozessen, denen Wissensräume unterliegen können und die in der Regel als Bewegung innerhalb einer dialektischen Struktur, also als konvergierende Prozesse der Auflösung und Verfestigung, der Dynamisierung und Stabilisierung bzw. der Speicherung und Löschung, erscheinen.

Prozedere für die Bewerbung
Folgende Unterlagen sind einzureichen:
? Lebenslauf mit detaillierter Darlegung des wissenschaftlichen Werdegangs
? Kopien der Abschlusszeugnisse von Schulen und Hochschulen
? Exposé für ein Forschungsvorhaben, aus dem der Bezug zum Thema des HKFZ ersichtlich sein soll (ca. 10-15 S. inklusive Zeitplan).
Das Exposé sollte sich an folgender Gliederung orientieren:
1. Einleitung
2. Stand der Forschung
3. Eigene Vorarbeiten
4. Fragestellung der Forschungsarbeit
5. Arbeitsplan mit Zeitplan
6. Zitierte Literatur

Höhe des Stipendiums
Die Höhe des Stipendiums beträgt monatlich EUR 1.100,-. StipendiatInnen, die mindestens ein Kind zu versorgen haben, erhalten zusätzlich einen Kinderzuschlag. Dieser Zuschlag beträgt Euro 150,- für das erste Kind und erhöht sich für jedes weitere Kind um Euro 50,- Euro. Als Kinder gelten auch die in § 2 Abs. 1 des Bundeskindergeldgesetzes bezeichneten Personen.

Die/der StipendiatIn muss sich verpflichten, keine Nebenerwerbstätigkeit aufzunehmen, an den Aktivitäten des HKFZ teilzunehmen sowie mehrere Zwischenberichte und einen Abschlussbericht zu erstellen. Wohnsitznahme in Trier ist erforderlich.

Wir bitten, Bewerbungsunterlagen nicht in Mappen oder Hüllen und auch nur als unbeglaubigte Kopie vorzulegen, da die Unterlagen nicht zurückgesandt werden; sie werden nach Abschluss des Auswahlverfahrens vernichtet.

Bewerbungen mit Lebenslauf, Zeugniskopien, ev. Schriftenverzeichnis richten Sie bitte in Briefform sowie in digitaler Ausfertigung bis zum 29.02.2012 an den geschäftsführenden Leiter des HKFZ Trier, Prof. Dr. Martin Przybilski, Universität Trier, Fachbereich II/ Germanistik, D-54286 Trier, przybilsuni-trier.de.
Weitere Informationen können auch bei Frau Theresia Biehl eingeholt werden (Referentin der Geschäftsführung HKFZ Trier, 0651/ 201–4218; E-Mail: biehluni-trier.de)

Quellennachweis:
STIP: Doktorandenstipendium "Wissensräume" (Univ. Trier). In: ArtHist.net, 02.02.2012. Letzter Zugriff 29.03.2024. <https://arthist.net/archive/2663>.

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