CONF 13.05.2011

Funktion und Gebrauch mittelalterlicher Goldschmiedekunst (Köln, 16-17 Jun 2011)

Köln, Universität zu Köln, WiSo-Gebäude, Hörsaal XXIII, 16.–17.06.2011

Stefanie Seeberg

"Funktion und Gebrauch mittelalterlicher Goldschmiedekunst"
3. Tagung der Reihe "Kunst und Liturgie"

Im Mittelalter genoss Goldschmiedekunst eine große Wertschätzung, wegen der kostbaren Materialien und der hohen Kunstfertigkeit der Objekte wie wegen ihrer wichtigen Rolle im kirchlichen und weltlichen Zeremoniell. Für das Allerheiligste, den Altar, das Sakrament und die Reliquien der Heiligen, waren nur edle Materialen angemessen, ebenso für die Insignien der Herrscher, Fürsten und Städte. Auch im privaten Bereich fand Goldschmiedekunst Verwendung, für Schmuck, Gefäße und Siegel, doch ist dieser Bereich heute aufgrund der schlechten Überlieferungslage schwerer fassbar. Diesem vielfältigen mittelalterlichen Einsatz von Goldschmiedewerken - in der Liturgie wie im Zeremoniell, als liturgischer oder privater Gebrauchsgegenstand, als Andachtsobjekt bei Heiltumsweisungen und Prozessionen, als Träger ständischer Repräsentation wie persönlicher Memoria - widmet sich die diesjährige Arbeitstagung Funktion und Gebrauch mittelalterlicher Goldschmiedekunst. Wie die beiden vorangegangenen Tagungen zu „Kunst und Liturgie“ will sie ein Forum für aktuelle Forschungen zu diesem Themenspektrum bieten.

Bislang widmete sich die Forschung vor allem Goldschmiedewerken im sakralen Kontext. Neben stilgeschichtliche und ikonographische Arbeiten traten dabei in jüngerer Zeit zunehmend gattungsgeschichtliche Untersuchungen, die stärker die Frage nach den Funktionen und der Bedeutung der Objekte fokussieren. Dabei ist bisher kaum die Vielfalt von Goldschmiedewerken in den Blick genommen, die in der Liturgie gemeinsam Verwendung fanden: neben Kelchen und Patenen, Kreuzen, Ostensorien und Monstranzen gehören dazu Schreine, Reliquiare und Tragaltäre, aber auch Chormantelschließen und Buchdeckel. Die Tagung ist Teil der Vorbereitung eines in Münster angesiedelten Ausstellungsprojekts, das sich unter dem Titel „Goldene Pracht – Mittelalterliche Schatzkunst in Westfalen“ erstmals mit breitem interdisziplinärem Ansatz dem Thema widmet. Gleichberechtigte Partner bei der Konzeption und Umsetzung der Ausstellung sind das LWL-Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte, das Bistum Münster sowie der Exzellencluster „ „Religion und Politik in den Kulturen der Vormoderne und Moderne“ an der WWU Münster.

Ein zentraler Aspekt ist das mittelalterliche Stiftungswesen, basierend auf der Idee der Memoria. Allerdings verbanden sich mit dem frommen Stiftungsakt auch weitergehende soziale und gesellschaftliche Ansprüche. Goldschmiedestiftungen dienten insofern auch der Herausbildung und Festigung gesellschaftlicher Hierarchien. Sie eigneten sich aufgrund ihrer Kostbarkeit, ihres typologischen Bedeutungsspektrums und durch den Einsatz von Inschriften in besonderem Maße zur Umsetzung dieser Anliegen. Die solchermaßen durch Schenkungen und Stiftungen entstandenen Schätze in geistlicher und weltlicher Hand sollen hinsichtlich ihrer Genese und Zusammensetzung, ihrer Aufbewahrung, ihrer Inszenierung, ihrer Zugangsmöglichkeiten und in Hinblick ihrer Funktion als geistliches, symbolisches und ökonomisches ‚Unterpfand’ behandelt werden. Schätze dienten der Traditionsbildung und Repräsentation, sie waren Bestandteil und Abzeichen sakraler und profaner Herrschaftsansprüche. Im Rahmen einer auf mehreren Ebenen vollzogenen Kommunikation zwischen den beteiligten, auch konkurrierenden gesellschaftlichen Gruppen kam ihnen eine wichtige identitätsstiftende Bedeutung zu.

Die Tagung ist als Arbeitsgespräch konzipiert und lädt zur Diskussion über die künstlerische, religiöse und gesellschaftliche Bedeutung mittelalterlicher Goldschmiedekunst ein.

Programm
Donnerstag 16.6.2011
14.00 – 14.15 Marx/ Kempkens/ Wittekind/ Seeberg: Begrüßung
14.15 – 15.00 Albrecht Gerhards/ Bonn: "Würdig und schön" – Goldschmiedekunst im Dienst der Liturgie
15.00 – 15.45 Birgitta Falk/ Essen: Das Essener Kapitelskreuz

Pause

16.15 – 17.00 Ulrike Surmann/ Köln: Die Reliquienkreuze aus dem Schatz der Dominikanerkirche in Lüttich - Zum Stand der Forschung
17.00 – 17.45 Hildegard Schäfer/ Münster: Der Suitbertus-Schrein in Kaiserswerth und seine liturgische-funktionale Einbindung
17.45 – 18.15 Dorothee Kemper/ Hildesheim: Der Dreikönigenschrein im Kölner Dom unter funktionalen Aspekten

- Fahrt zum Kölner Dom/Domschatzkammer -
18.30 – 20.00 Leonie Becks/ Dorothee Kemper: Führung im Kölner Domschatz und Domchor

Freitag, 17.6.2011
9.00 – 9.45 Pierre-Alain Mariaux/ Neuchâtel: Gebrauchs- und Geschichtsspuren an mittelalterlichen Reliquiaren. Beispiele aus dem Schatz von St. Maurice d' Agaune
9.45 – 10.30 Bernadette Burchard/ Münster: Westfälische Kirchenschätze im Mittelalter

Pause
11.00 – 11.45 Petra Marx/ Münster: Stifterbilder in der mittelalterlichen Goldschmiedekunst
11.45 – 12.30 Melanie Prange/ Rottenburg: Der Reliquienarm der Beatrix von Holte

Mittagspause

14.00 – 14.45 Martina Junghans/ Köln: Körperteilreliquiare im liturgischen Gebrauch
14.45 – 15.30 Gia Toussaint/ Hamburg: Die Ästhetik des Fragments. Überlegungen zu Spolien und Reliquien in der mittelalterlichen Goldschmiedekunst

Pause
16.00 – 16.45 Evelin Wetter/ Leipzig-Riggisberg: Mittelalterliche Vasa Sacra im frühneuzeitlichen Ungarn und Siebenbürgen. Ihre Handhabung im konfessionellen Diskurs
16.45 – 17.05 Marina Cremer/ Köln: Niederrheinische Goldschmiedekunst im konfessionellen Spannungsfeld

Pause
17.20 – 17.40 Jitka Ehlers/ Köln: Intermediale Text-Bild-Verbindungen auf vasa sacra des Hochmittelalters
17.40 – 18.00 Marika Halbach/ Wien-Köln: Das Triptychon von Alton Towers: Form und Funktion
18.00 – 18.20 Birgitta Falk, Anke Freund/ Essen: Werkstattbericht zum Theophanueinband

Veranstalter: Prof. Dr. Susanne Wittekind und Dr. Stefanie Seeberg/ Kunsthistorisches Institut der Universität zu Köln
Dr. Petra Marx/ Westfälisches Landesmuseum Münster und Holger Kempkens M.A./ Domkammer Münster

Quellennachweis:
CONF: Funktion und Gebrauch mittelalterlicher Goldschmiedekunst (Köln, 16-17 Jun 2011). In: ArtHist.net, 13.05.2011. Letzter Zugriff 19.04.2024. <https://arthist.net/archive/1385>.

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