CONF 04.02.2016

Revisited (Bochum, 26-27 Feb 16)

Situation Kunst (für Max Imdahl), Nevelstraße 29, 44795 Bochum, 26.–27.02.2016

Maria Schulte

Revisited: Site-Specificity in Recent Outdoor Sculpture

Seit den 1960er Jahren entwickelten viele Künstlerinnen und Künstler Werke, die sich jeweils auf einen bestimmten Ort bezogen und dessen architektonische, städtebauliche, historische, soziokulturelle und sonstige Bedingtheiten reflektierten, sogenannte "ortsspezifische" Werke. Dies geschah häufig in kritischer Distanz zu etablierten Ausstellungsinstitutionen und -praktiken sowie mit einem besonderen Interesse an dem Verhältnis von Kunst und Öffentlichkeit. Für das Publikum, aber auch für Kunsthistoriker und Museumsmitarbeiter, stellen solche Werke oft besondere Herausforderungen dar, die anlässlich der Tagung diskutiert werden sollen.

Im Zentrum steht dabei die Frage nach den spezifischen Bezugsverhältnissen einzelner Skulpturen zu ihren Standorten. Welchen Änderungen und Neubewertungen unterliegen solche Bezugsverhältnisse im Laufe der Zeit? Welche Konsequenzen ergeben sich aus den fluiden Strukturen der heutigen Lebenswelt für historische und zeitgenössische Konzeptionen von Kunst im Außenraum? Welche Rolle übernehmen Kunstwerke bei der Gestaltung von Öffentlichkeit angesichts des Schwindens öffentlicher Sphären in urbanen Räumen? Entstehen durch die Eigengesetzlichkeit künstlerischer Ortsbezüge oder einer Situationsspezifik (König) potenzielle "counter-environments" (Marshall McLuhan), die jenseits der ökonomischen eine gesellschaftliche Relevanz durch die Schaffung von Erfahrungsräumen anderer Ordnung entfalten? Welche Herausforderungen stellen sich Institutionen und KünstlerInnen, wenn Umplatzierungen von Kunstwerken im Zuge städtebaulicher, kulturpolitischer oder konservatorischer Veränderungen gefordert sind? Und wie wirken sich soziokulturelle Umbrüche, ökonomische oder institutionelle Interessenskonflikte auf die diskursiven Potenziale von Kunst im Außenraum aus?

Die einführende Sektion am Freitag, dem 26. Februar 2016, behandelt an ausgewählten Installationen von Richard Serra das Problem der Temporalisierung von Werken, die in Folge von Dis- und Relozierungen ihrem ursprünglichen Standort entfremdet wurden. Die jeweils unterschiedlichen Vermittlungsprozesse zwischen künstlerischem Konzept, musealer und konservatorischer Praxis, urbanem Wandel, öffentlichem Diskurs und politischer Einflussnahme und nicht zuletzt auch Überlegungen zu den Möglichkeiten und Grenzen der Dokumentation dieser Prozesse bilden Kernpunkte der Diskussion, die in Form eines "öffentlichen Arbeitsgesprächs" als Erfahrungsaustausch zwischen betroffenen MuseumskuratorInnen aus Maastricht, Münster, Otterlo und Rotterdam stattfinden wird.

In der zweiten Sektion am Samstag, dem 27. Februar 2016, geht es um die theoretischen Bezugspunkte der seit den 1970er Jahren anhaltenden Debatte um Aspekte der Ortsspezifik von Kunst und um die seither zu beobachtende Vervielfältigung der künstlerischen Arbeitsweisen im öffentlichen Raum. In Erweiterung der politisch und ontologisch aufgefassten Ansätze einer site-specificity, die in den 1970er Jahren prominent vertreten war, hat sich unter dem Eindruck dynamisierter Ortsbezüge in einer sich tendenziell entortenden kulturellen Gegenwart der Begriff der "diskursiven Räume" (Miwon Kwon) für das Zusammenspiel von Kunst und öffentlichen Räumen etabliert. Von hier aus richtet sich der Blick auf die Zukunft ortspezifischer Arbeitsweisen. In einer Zeit, in der die Erfahrung physischer Präsenz angesichts allgegenwärtiger Vernetzungen mit einer Vielzahl entfernter Räume keineswegs selbstverständlich erscheint, öffnen sich in der Ablösung von materialisierten Ortsbezügen neue Perspektiven auf mediale, raumübergreifende Konzepte einer Kunst im erweiterten Feld des öffentlichen (Außen-) Raums.

Die Tagung ist ein Kooperationsprojekt der Stiftung Situation Kunst mit dem Institut für Kunstgeschichte der Universität Münster (Prof. Dr. Ursula Frohne) sowie dem Department of Literature & Art der Maastricht University (Prof. Dr. Renée van de Vall).


PROGRAMM

Freitag, 26. Februar 2016

14.00 Uhr
Student workshop: Site-specific works in and around Situation Kunst

SECTION 1: SERRA ON THE MOVE

16.00 Uhr
Begrüßung und Einführung
Dr. Silke von Berswordt, Stiftung Situation Kunst;
Prof. Dr. Ursula Frohne, Westfälische Wilhelms-Universität Münster

16.15 Uhr
Bereicherung durch neue Akzente oder Beeinträchtigung? Gegenwartskunst an historischen Orten, am Beispiel der Skulptur "Fassbinder" von Richard Serra in Münster
Dr. Hermann Arnhold, Direktor LWL Museum Münster; Dr. Holger Mertens, Landeskonservator Landschaftsverband Westfalen-Lippe

17.15 Uhr
"Serra on The Move" project
Dr. Lydia Beerkens, Chefkonservatorin für moderne Kunst SRAL Maastricht

17.30 Uhr
Waxing Arcs, 1980 / 1999
Saskia Kampen-Prein, Kuratorin Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam

17.45 Uhr
Spin out, for Robert Smithson, 1972-1973
Susanne Kensche, Restauratorin Kröller-Müller Museum, Otterlo

18.00 Uhr
The Hours of the Day, 1990
Ingrid Kentgens, Sammlungsleiterin Bonnefantenmuseum Maastricht;
Prof. Dr. Renée van de Vall, Universität Maastricht

18.15 Uhr
Diskussion
Moderation: Renée van de Vall; Ursula Frohne


ABENDVORTRAG / KEYNOTE LECTURE
19.30 Uhr
The Language of Site Specificity
Prof. Martha Buskirk, Montserrat College of Art, Beverly, USA


Samstag, 27. Februar 2016

SECTION 2: SITE-SPECIFICITY THEN AND NOW – CONCEPTS, THEORIES, CONTEXTS

10.00 Uhr
Einführung
Prof. Dr. Ursula Frohne, Münster

10.15 Uhr
On site-specific installation art and spatiality. A Descriptive Model for Site-specific Installation Art
Tatja Scholte, Cultural Heritage Agency, Amsterdam

11.15 Uhr
Where is Folk? Site-Specificity from a Global Perspective
Prof. Dr. Eva Ehninger, Universität Basel

12.15 Uhr
Site-Specifity and Theories of Space
Prof. Dr. Stephan Günzel, Hochschule für Gestaltung, Berlin

14.00 Uhr
Enträumlichung und Relokalisierung. Konstitutive Spannungsfelder medialer Ortsbezüge in der zeitgenössischen Kunst
Prof. Dr. Annette Urban, Ruhr-Universität Bochum/Ludwig-Maximilians-Universität München

15.00 Uhr
Exhibition as Site
Dr. Marianne Wagner, LWL Museum Münster und Skulptur Projekte Münster 2017

15.45 Uhr
Abschlussdiskussion
Moderation: Prof. Ursula Frohne

16.30 Uhr: Ende der Konferenz


Konferenzsprachen sind englisch und deutsch.
Die Teilnahme ist kostenfrei.

Ansprechpartnerin:
Maria Schulte, Stiftung Situation Kunst,
ms(at)situation-kunst[dot]de

Quellennachweis:
CONF: Revisited (Bochum, 26-27 Feb 16). In: ArtHist.net, 04.02.2016. Letzter Zugriff 26.04.2024. <https://arthist.net/archive/12147>.

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