Politikstile und die Sichtbarkeit von Politik in der Frühen Neuzeit
Ein herausragendes Charakteristikum der Epoche der sogenannten Frühen Neuzeit ist die durchgängige Ästhetisierung von Politik: Politische Eliten bedienen sich des Mediums der Kunst zu ihrer Selbstdarstellung, in ganz Europa bilden sich in den Zentren der Macht spezifische Politikstile aus, die miteinander in einem ständigen Wettstreit der Überbietung stehen. Herrscherliches Handeln bedient sich immer stärker funktional wie ästhetisch kalkulierter Rituale, Zeremonien und symbolischer Akte, um politisch erfolgreich zu agieren.
Die Tagung möchte die Intentionen politisch konstituierter Herrschaft und die Modi ihrer ästhetischen (Selbst)Darstellung ebenso rekonstruieren wie die kommunikativen Mechanismen, die bei der Durchsetzung politischer wie künstlerischer Interessen zum Einsatz kamen. Sie fragt nach den Interferenzen und Konkurrenzen des Politischen wie des Künstlerischen.
Gleichgewichtig aus historischer wie kunsthistorischer Perspektive sollen für die Epoche zentrale Aspekte einer Politisierung der Kunst einerseits und einer Ästhetisierung der Politik andererseits untersucht werden. Themenfelder sind die frühneuzeitliche Institutionengeschichte (Akademien, Hofbauämter, Kunstagenten), die Professionalisierung des Künstlers, die Interaktionen von Politik, Kunst und Konfession. Die im Zwischenbereich von politisch-ikonographisch orientierter Kunstgeschichte und herrschaftsgeschichtlicher Historiographie angesiedelte Tagung möchte einen innovativen methodischen Beitrag leisten zur Kunst- und Kulturgeschichte des Politischen in der Frühen Neuzeit.
Organisation:
Prof. Dr. Dietrich Erben (TU München), Prof. Dr. Barbara Stollberg-Rilinger (Universität Münster), Prof. Dr. Christine Tauber (ZI und LMU München), Prof. Dr. Gerrit Walther (Universität Wuppertal)
Orte der Tagung:
Carl Friedrich von Siemens Stiftung
Südliches Schloßrondell 23
80638 München
Abendvortrag:
Zentralinstitut für Kunstgeschichte
Katharina von-Bora-Straße 10
80333 München
Anmeldung:
Um Anmeldung zur Tagung wird gebeten unter: politikstilezikg.eu
Programm:
Mittwoch, 10. Juni 2015
13.00h Begrüßung durch die Organisatoren
Sektion I: Politik- und Stilbegriffe in der Frühen Neuzeit (Moderation: Gerrit Walther)
13.15h–13.45h
Barbara Stollberg-Rilinger (Münster):
Einführung: Politikstile und symbolische Kommunikation
13.45h –14.30h
Wolfgang E. J. Weber (Augsburg):
Ästhetisierung versus Pragmatik: Bemerkungen zur Wahrnehmung und Aneignung von ‚Kunst‘ in der politischen Theorie der Frühen Neuzeit
14.30h–15.00h
Kaffeepause
15.00h–15.45h
Ulrich Pfisterer (München):
Der Fürst als Künstler seines Reiches: Malende und bildhauende Potentaten
15.45h–16.30h
Christine Tauber (München):
Künstlerisch den Raum beherrschen: Malerische und politische Dominanz im Palazzo del Te in Mantua
16.30h–17.15h
Dietrich Erben (München):
Die Fiktion der Politik und die Schönheit der Bürokratie – Baupolitik unter Cosimo I de’ Medici
18.15h
Abendvortrag im Zentralinstitut für Kunstgeschichte (Vortragssaal)
Martin Warnke (Hamburg):
Herrschaft und Partizipation: Regimentale Kunst und der Einfluss der Adressaten
Donnerstag, 11. Juni 2015
Sektion II: Antikenrezeption und Stiltransfer (Moderation: Christine Tauber)
9.30h–10.15h
Ulrich Heinen (Wuppertal):
Sichtbare Argumentation als Beitrag zum Politikstil im 17. Jahrhundert
10.15h–11.00h
Gerrit Walther (Wuppertal):
Adlige Politikstile der Frühen Neuzeit
11.00h–11.45h
Klaus Pietschmann (Mainz):
Die Hochzeitsopern der 1660er Jahre als Auslöser konkurrierender höfischer Opernproduktion in Europa
12.00h
Mittagessen
Sektion III: Staatsgewalt und konkurrierende Zeichensysteme (Moderation: Dietrich Erben)
14.30h–15.15h
Godehard Janzing (Paris):
Fallende Wasser. Naturgewalt und politische Herrschaft
15.15h–16.00h
Etienne Jollet (Columbia):
Zum Fundament der Macht: Die Pariser Königsdenkmäler
16.00h–16.30h
Kaffeepause
16.30h–17.15h
Mark Hengerer (München):
Zum Wandel von Politik- und Repräsentationsstilen in der Zeit Ludwigs XIII. und Ludwigs XIV. im europäischen Vergleich
17.15h–18.00h
Eva Krems (Münster):
Konkurrenz oder Koexistenz? Differierende Raumkonzepte bei den Wittelsbachern im frühen 18. Jahrhundert
19.00h
Abendessen
Freitag, 12. Juni 2015
Sektion IV: Politikstile seit der Aufklärung (Moderation: Barbara Stollberg-Rilinger)
9.30h–10.15h
Johannes Süßmann (Paderborn):
Der gebaute Fürstenbund und die Bautradition der „teutschen Libertät“
10.15h–11.00h
Wolfgang Brückle (Bern):
Die Aufgeklärten. Politischer Umgang und Umgang mit „Stil“ im späten 18. Jahrhundert
11.00h–11.30h
Kaffeepause
11.30h–12.15h
Philippe Bordes (Lyon/Paris):
Political Aspects of the Rococo in France
12.15h–13.00h
Wolfgang Hardtwig (Berlin/München):
Politikstile 1870–1939
13.00h
Mittagessen
Ende der Tagung
Quellennachweis:
CONF: Politik in der Frühen Neuzeit (München, 10-12 Jun 15). In: ArtHist.net, 23.04.2015. Letzter Zugriff 29.03.2024. <https://arthist.net/archive/10104>.