Die Presse-Kontroverse um die Flick-Collection
Date: 14. December 2004
Steffen Haug, Berlin
Vor der Eröffnung der „Friedrich Christian Flick Collection“ im Hamburger
Bahnhof ist die Frage, ob man die Sammlung an diesem Ort zeigen soll,
kontrovers bis polemisch diskutiert worden. Dass es in der Presse nun
ruhiger um die Ausstellung geworden ist, lässt sich als Anlass nehmen,
die Debatte zu rekapitulieren. Dabei stellt sich die Frage, welche der
Argumente auch Ausgangspunkte für weitere Reflexionen des Themas bilden
könnten. Die Fülle des Materials ist in der folgenden Rückschau in vier
Komplexe gegliedert.
I. Die Diskussion in Zürich 2001
II. Die Geschichte des Flick-Konzerns und das „Dritte Reich“
III. Die Diskussion in Berlin 2003-2004
III.1 Der Steuerflüchtling und die Finanzierung der SMPK
III.2 Die NS-Vergangenheit: „Weißwaschung von Blutgelt“
III.3 Flick als Stellvertreter für ein gesamtgesellschaftliches Problem
III.4 Museumspolitik: Das Verhältnis von Institution und Sammler
IV. Die begleitenden Publikationen
I. Die Diskussion in Zürich 2001
Der Sammler Friedrich Christian Flick plant Anfang 2001 in der Zürcher
Hardturmstraße den Bau eines Privatmuseums, mit dessen Entwürfen er den
Architekten Rem Koolhaas betraut. Ungefähr zur gleichen Zeit berichtet am
26. Februar 2001 Hans Leyendecker in einem Artikel der Süddeutschen
Zeitung, dass von Seiten der deutschen Wirtschaft noch rund 1,4
Milliarden DM im Stiftungsfond für die Entschädigung von Zwangsarbeitern
fehlen und dass auch einige Erben großer Vermögen wie Horten und Flick
bisher keinen Beitrag geleistet haben, wobei er sich auf die gesamte
Familie Flick bezieht.[1]
Auf diesen Artikel hin wenden sich am 9. März 2001 die Leiter des Zürcher
Schauspielhauses Marthaler, Viebrock und Carp gegen das Vorhaben. In
ihrem öffentlichen Brief heißt es: „Wir können den Gedanken nicht
verdrängen, dass die Exponate mit Kriegsverbrecher-Geld und enteignetem,
arisiertem jüdischem Vermögen bezahlt wurden. Die Kunst der Sammlung
können wir nicht trennen vom Wissen darüber, dass sich die Familie Flick
bis heute weigert, Entschädigungsgelder zu zahlen.“ Ihr Brief löst eine
Auseinandersetzung aus, in der die Haltung Flicks ebenso in Frage
gestellt wird, wie diejenige seiner Kritiker. So stellt Urs Steiner in
der Neuen Zürcher Zeitung vom 17. März die „Scheinheiligkeit“ einer
Stellvertreterdiskussion zur Debatte. Er verweist etwa auf den Deutsch-
Schweizer Waffenhändler Emil Bührle, der seine Kunstsammlung und den
Umbau des Zürcher Kunsthauses aus Gewinnen seiner Rüstungsgeschäfte mit
den Nazis finanziert hat. F. C. Flick selbst ergriff erst am 24. März das
Wort mit der Ankündigung, „als Ausdruck persönlicher historischer
Verantwortung eine Stiftung gegen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und
Intoleranz zu gründen“ und gleichzeitig am Museumsprojekt festzuhalten.
In einem Interview mit der NZZ am 21. April erklärt er, deshalb nicht in
den Stiftungsfond einzuzahlen, weil dadurch allein die garantierten
Ausfallzahlungen der Deutschen Bank gemindert würden und ehemalige Flick-
Firmen bereits gespendet hätten.
Ein zweiter offener Brief vom 20. Juni trägt dann maßgeblich dazu bei,
das Museumsprojekt aufzugeben. Unterzeichnet wird er von Künstlern wie
Frank Castorf, Günther Grass, Siegfried Lenz, Jochen Gerz, Sasha Waltz,
György Konràd und anderen. Darin heißt es, „es ist in keiner Weise
hinnehmbar, wenn ein namhafter Erbe, wie F.C. Flick, den Eindruck
erweckt, sich u.a. durch den Bau eines Ausstellungsgebäudes einer
Unterstützung des Fonds entziehen zu wollen. Mit aller Entschiedenheit
verwahren wir uns gegen jede Form vom Kompensationsgeschäften im
Zusammenhang mit dem Bemühen um die Entschädigung ehemaliger
Zwangsarbeiter „Der Einsatz von künstlerischen Werken als Ablasswährung
ist zynisch.“ Weil diese direkte Verbindung von F.C. Flick nicht gezogen
wurde, ist dem Brief in der NZZ vorgeworfen worden, schlecht recherchiert
zu sein. Auch ist bemerkenswert, dass ein Großteil der unterzeichnenden
Künstler in Berlin arbeitet, sich aber in der Diskussion zum Hamburger
Bahnhof so nicht nochmals zu Wort gemeldet hat. Rückblickend erweisen
sich einerseits die Vorwürfe gegen Flick als teils polemisch, indem sie
ein allgemeines Problem auf die Person zuspitzen und andererseits ist
seine Haltung der verweigerten Entschädigung nicht nur in ihrer Symbolik
schwer nachvollziehbar. Besonders unverständlich war dies – und das
unterscheidet die Zürcher Ausgangslage von der Berliner – vor dem
Hintergrund der drohenden Blamage der Stiftungsinitiative, in der die
Wirtschaft sich teils beharrliche weigerte, ihren Anteil an einer
Entschädigung noch lebender Zwangsarbeiter zu leisten.
II. Die Geschichte des Flick-Konzerns und das „Dritte Reich“
Thomas Ramges legt in seinem 2004 erschienen Buch „Die Flicks. Eine
deutsche Familiengeschichte über Geld, Macht und Politik“ die
Konzerngeschichte Flicks im „Dritten Reich“ ausführlich dar, die im
folgenden kurz vorgestellt werden soll, um die Hintergründe der
Streitfragen zu skizzieren. [2]
Friedrich Flick wurde 1883 als Sohn eines Holzgroßhändlers geboren und
hatte sich bereits im Alter von 30 im Vorstand der Charlottenhütte
emporgearbeitet. Insbesondere seine Gewinne in der Inflation ließen ihn
schon vor der Machtergreifung zum mächtigen deutschen Industriellen
aufsteigen. Nachdem Hitler und Göring 1933 bei einem Treffen der
deutschen Großindustrie das Ende der deutschen Demokratie
unmissverständlich beschworen, begann Flick an die NSDAP zu spenden.
Erste Rüstungsverträge wurden im Dezember 1933 abgeschlossen. Zudem
pflegte er private Beziehungen zu Hermann Göring und war Mitglied im
Freundeskreis Heinrich Himmlers. Beide revanchierten sich bei
Arisierungen und mit Kriegsbeute: Flick übernahm bedeutende Betriebe für
rund 10% ihres Wertes und erhielt die Mehrzahl der eroberten
Stahlbetriebe im Osten. 1944 sind von den 120.000 Arbeitern in Flick-
Konzernen mindestens 40.000 Zwangsarbeiter, deren besonders schlechte
Bedingungen die Ankläger im Nürnberger Prozess hervorhoben. Zu sieben
Jahren Haft verurteilt, wurde Flick bereits 1950 begnadigt und stieg im
so genannten Wirtschaftswunder erneut zum reichsten Mann Deutschlands
auf. Sein Enkel, der 1944 geborene Friedrich Christian Flick, bereitete
sich ab den 1960er Jahren auf die Firmenleitung vor, schied jedoch
gemeinsam mit seinen Geschwistern nach Streitigkeiten mit ihrem Onkel
Friedrich Karl Flick 1975 aus dem Konzern aus. Seine Abfindung
vervielfältigte er in der Schweiz als „private Investor“, feierte mit dem
Jet Set und begann Anfang der 1990er Jahre intensiv Kunst zu sammeln. Als
enger Berater steht ihm Iwan Wirth zur Seite, dessen Zürcher Galerie
Hauser & Wirth zentrale Künstler der Sammlung vertritt.
III. Die Diskussion in Berlin 2003-2004
Nach dem gescheiterten Anlauf in Zürich nimmt F.C. Flick Gespräche über
die Präsentation seiner Sammlung mit verschiedenen Städten auf. Am 9.
Januar 2003 geben die Staatlichen Museen zu Berlin den Vertragsabschluss
mit Flick bekannt, der beinhaltet, die Sammlung auf sieben Jahre im
Hamburger Bahnhof zu zeigen. In einem Artikel der Jüdischen Allgemeinen
vom 28. Mai 2003 zeichnet Klaus-Dieter Lehmann, Präsident der SMPK, den
Entscheidungsprozeß nach: der regierende Bürgermeister Klaus Wowereit
habe sich mit Flick über eine Präsentation in Berlin verständigt, die
Staatlichen Museen hätten dann ein Portfolio der Sammlung bewertet und
der Stiftungsrat des Preußischen Kulturbesitzes, in dem Bund und Länder
je mit Sitz und Stimme vertreten sind, schließlich einstimmig die
Präsentation der Sammlung beschlossen.
Die Presse reagiert unmittelbar und zwiespältig, eine größere öffentliche
Debatte bleibt aber bis April/ Mai 2004 aus und das, obwohl die
Geschichte mit Berlin als ehemaliger Reichshauptstadt und Firmensitz
besondere Bedeutung haben müsste. Auch als am 12. November 2003 F.C.
Flick und Heinz Berggruen im Kanzleramt zur Frage „Sammeln von Kunst:
Leidenschaft oder Verpflichtung?“ sprechen, wird Flicks Aussage, der
„dunklen Seite der Familiengeschichte eine hellere hinzufügen zu wollen“,
erst Monate später politisch in Frage gestellt. Bereits zu Beginn seiner
Sammlertätigkeit hatte Flick 1997 in einem Brief bei seinem Onkel mit dem
Hinweis, er sei „überzeugt, dass mit dieser kulturellen Leistung der Name
Flick auf eine neue und dauerhaft positive Ebene gestellt werden könne“
um finanzielle Beteiligung geworben.
III.1 Der Steuerflüchtling und die Finanzierung der SMPK
Die öffentliche Auseinandersetzung um die Flick-Sammlung beginnt mit dem
ZEIT-Artikel von Hanno Rauterberg am 7. April 2004, „Kunst mit
Nebenabsichten“. Ausgehend von Anfragen zweier Bundestagsabgeordneter
berichtet er über die heikle Finanzierung: „Bezahlt werden muss all dies
aus dem laufenden Etat. [Christina] Weiss empfiehlt in ihrer Antwort
„eine Umschichtung von Prioritäten“ und die „Umverteilung vorhandener
Personalkapazitäten“. Und Stiftungspräsident Lehmann räumt ein, dass man
die Präsentation der Flick-Sammlung aus dem Budget für Sonderschauen
finanzieren müsse „Die Brücke [zu den in die Ausstellung einbezogenen
Rieckhallen hinter dem Hamburger Bahnhof] lasse sich aus dem Etat für
Bauunterhaltung bestreiten, andere Museen müssten mit der Renovierung
halt ein wenig warten.“ Verstärkt wurde die Kritik an der Kostendeckung,
durch einen Leihvertrag zwischen Flick und den Museen, in dem die
Sammlung als Eigentum der Contemporary Art Ltd. geführt wird, deren
„Sitz“ im Steuerparadies Guernsey liegt. Dem hält Flick in Interviews
entgegen, mit seiner Kunstsammlung keine finanzielle Interessen zu
verbinden.
III.2 Die NS-Vergangenheit: „Weißwaschung von Blutgelt“
Die „politische“ Diskussion bringen dann hauptsächlich die Einwürfe von
Salomon Korn, Vizepräsident des Zentralrats der Juden, zurück auf die
Tagesordnung. Im Handelsblatt drückt er am 7. Mai 2004 seine Vorbehalte
gegen die Ausstellung mit den Worten aus: „Da es sich dabei um eine Art
moralische Weißwäsche von Blutgeld in eine gesellschaftlich akzeptable
Form des Kunstbesitzes handelt, ist es mehr als bedenklich, dass sich die
Bundesregierung dafür einsetzt.“ Sein offener Brief vom 17. Mai in der SZ
schließt unter Verweis auf die Symbolik des Namens mit der Forderung, auf
die Präsentation zu verzichten. Die Härte seiner Wortwahl wird vielfach
kritisiert und ist auch als Reaktion auf den so lange ausgebliebenen
Diskurs zu deuten.
Der neuralgische Punkt dieser Auseinandersetzung, die Beziehung von
aktueller Sammlung und Geschichte der Flicks, wird dabei nicht nur von
den Kritikern hergestellt. Sie findet sich auch bei den Aussagen der
Ausstellungs-Initiatoren, trotz ihrer wiederholten öffentlichen
Forderung, man müsse die Kunst von der Vergangenheit trennen, dürfe sie
nicht „stigmatisieren“, „in Sippenhaft nehmen“ usw. So sprach Christina
Weiss davon, dass die Sammlung „eine Wunde schließt, die die Nazizeit
geschlagen hat“. Peter-Klaus Schuster äußert im FAZ-Interview vom 30.
Juni 2004: „Denken Sie an Jan Philipp Reemtsma, einen der ganz großen
Beförderer der NS-Forschung. Warum soll Friedrich Christian Flick auf
seine Weise nicht etwas ähnliches tun können?“ Und Klaus-Dieter Lehmann
schrieb in der bereits zitierten Jüdischen Allgemeinen „Seine Sammlung
zeigt in eindringlicher Weise die Unmenschlichkeit und Brutalität des 20.
Jahrhunderts, die Verwerfungen und Reibungen. Sie kann beim Besucher mehr
auslösen als jede Dokumentation. Ich glaube an die Kraft der Kunst.“ Die
Frage, welche Beziehungen behauptet oder ausgeblendet werden und mit
welcher Berechtigung dies jeweils geschieht, bleibt somit in vielen
Artikeln strittig.
III.3 Flick als Stellvertreter für ein gesamtgesellschaftliches Problem
Dass diese Streitpunkte vielfach nicht nur die Familie Flick betreffen,
sondern ganz Nachkriegsdeutschland, stellte Jens Jessen am 3. Juni in der
ZEIT unter dem Titel „Kleine Ariseure, große Profiteure“ heraus. Er
schreibt: „Die Bundesrepublik als Ganze steht in einer erschütternden
Kontinuität zum »Dritten Reich« und den Folgen des zweiten Weltkrieges,
die durch nichts mehr aufzulösen ist. Letztlich ist die Empörung über den
Flick-Enkel und seinen vermuteten Unernst im Umgang mit der Vergangenheit
nur eine gewaltige Ablenkung von der unzureichenden Entnazifizierung nach
1945. Damals hat man den Staat neu gegründet, aber die Gesellschaft auf
den Fundamenten des Hitlerreiches bestehen lassen.“ Gerade die große
gesamtwirtschaftliche Rolle, die die Zwangsarbeit spielte, stellte auch
die Ausstellung „Zwangsarbeit in Berlin“ im Prenzlauer-Berg-Museum
heraus, die nach der Weigerung des Hamburger Bahnhofs, die
Familiengeschichte in einer Begleitausstellung zu thematisieren, um ein
Kapitel zum Flick-Konzern erweitert wurde.
In den letzten zwei Monaten vor der Eröffnung wurde die Diskussion
zunehmend intensiv geführt. Flicks Schwester Dagmar Ottmann meldete sich
zu Wort und die ZEIT vom 16. September 2004 befragte mehrere Künstler zu
ihrer Meinung. Dabei greift Stephan Huber die Rolle der öffenttlichen
Museen mit den Worten an: „Es ist doch eine lächerliche
Milchmädchenrechnung, Ankaufsetats zu kappen, dann aber Sammlermuseen
bauen zu müssen, um überhaupt noch zeitgenössische Kunst zeigen zu
können. Das ist die Bankrotterklärung der deutschen Museumskultur.“
III.4 Museumspolitik: Das Verhältnis von öffentlicher Institution und
Sammler
Die Museumspolitik wurde auch von Thomas Wagner in der FAZ vom 18.
September 2004 in Frage gestellt. Er schreibt: „Die Flick-Collection ist
längst als Katalysator wirksam, der eine Entwicklung beschleunigt und
dauerhaft zementiert, die spätestens mit dem Erwerb der Sammlung Marx für
den Hamburger Bahnhof eingeleitet worden war. Dabei geht es um nicht
weniger als die Selbstentmachtung der Museen und die Apotheose der
privaten Sammler.“ Gefragt wurde, welche Kunst gefördert wird und ob die öffentlichen Institutionen an diesen Entscheidungen teilnehmen oder sie
den privaten Sammlern überlasse. Als schließlich am 22. September 2004
die Ausstellung von Gerhard Schröder eröffnet wurde, überwog in den
Kommentaren die Wertung, dass die Sammlung hohes Niveau habe, ihr aber
ein erkennbares Profil fehle. So schreibt die FAZ: „So fällt doch auf,
dass F. C. Flick zwar viele raumgreifende und bedeutende Werke angekauft
hat, dass er selbst als exemplarischer Betrachter freilich nirgends
fassbar wird. Er operiert lediglich mit einer abstrakten Form von
Bedeutsamkeit – mit großen Werken, großer Künstler in großer Zahl.“ Mit
der Eröffnung ist nun in der langen Debatte die Kunst selbst Gegenstand
der Artikel geworden.
Rückblickend hat die Zeitungsdiskussion zur Berliner Ausstellung erstens
ein vielfältigeres Spektrum an Themen aufgeworfen, als in Zürich.
Zweitens ziehen sich in einigen Zeitungen gefestigte Haltungen
kontinuierlich durch die Debatte. Dabei zeigt die Vermischung von Bericht
und Meinung, wie ungeklärt das Thema weiterhin ist und wie schwer es
gelingt, sich in ihm zu orientieren. Dafür bedürfte es einer
wissenschaftlichen Aufarbeitung mehrer Disziplinen: So müsste die
Kunstgeschichte das Verhältnis von Kunst, Kunstmarkt und Politik klären.
In die Geschichtswissenschaften gehört die Frage des Umgangs mit der
Kontinuität der NS-Vergangenheit. Aufschluss über den Umgang mit
Geschichte zwischen Aufarbeitung und Normalisierung der Rot-Grünen
Regierung, der Berliner Republik, könnten zudem die Politikwissenschaften
geben.
IV. Die begleitenden Publikationen
Im Rahmen der Ausstellungsdebatte sind mehrere Publikationen erschienen:
Peter Kessens „Von der Kunst des Erbens“, kontrastiert die
Konzerngeschichte mit den Erinnerungen zweier Zwangsarbeiterinnen.
Zugleich beschreibt es die Berliner Politik und, wie im Titel anklingt,
das komplexe Verhältnis zwischen Generationen, in denen nicht nur Geld,
sondern auch Traditionen weitergegeben werden.[3] Die Berliner Künstler
Renata Stih und Frieder Schnock, haben mit „Die Kunst des Sammelns“ ein
Heft zu Ihrer Plakataktion im September herausgegeben, das unter anderem
ein Interview mit F. C. Flick und einen Essay von Tom Freudenheim
enthält. In ihm wird das Verhältnis von Kunst(sammlungen) und ihren oft
brutalen Geldquellen am Beispiel der New Yorker „Frick Collection“
beschrieben.[4] Zuletzt hat der Hamburger Bahnhof eine Handzeitung zur
Eröffnung publiziert, die überblicksartig einige Zeitungsartikel zur
Diskussion wiederabdruckt und ein langes Interview zwischen dem Kurator
Eugen Blume und dem Sammler enthält. Hierin werden einerseits die
Streitpunkte offen angesprochen, andererseits wird Flicks Antwort stets
ohne Nachfrage stehen gelassen, so dass man es nicht wirklich als eine
„Diskussion“ bezeichnen kann.[5]
So sind auch nach der Vielzahl und Vielfalt der Beiträge mit der
Ausstellungseröffnung die Streitfragen nicht beantwortet. Vielmehr stellt
sich in spätestens sieben Jahren die Diskussion erneut. Zieht F.C. Flick
seine Werke ab, so steht der Hamburger Bahnhof wieder ohne profilierte
Sammlung da. Wird die Flick-Collection in Berlin ihren dauerhaften Ort
finden, dann bedeutet dies eine kunst-politische Entscheidung, deren Für
und Wider weiter strittig ist.
Anmerkungen:
[1] Die Zeitungsartikel sind aus Platzgründen nicht vollständig
nachgewiesen, jedoch stets so, dass sie eindeutig identifiziert werden
können.
[2] Thomas Ramge, Die Flicks. Eine deutsche Familiengeschichte über Geld,
Macht und Politik, Frankfurt/ New York (Campus Verlag) 2004. Eine
Darstellung des Flick-Konzerns im „Dritten Reich“ gibt auch Ramges in
seinem Artikel „Totaler Krieg – totaler Profit“, Die ZEIT, Nr. 34/2004,
der im Internet abrufbar ist www.zeit.de/2004/34/Flick].
[3] Peter Kessen, Von der Kunst des Erbens. Die „Flick-Collection“ und
die Berliner Republik, Berlin/ Wien (Philo-Verlag) 2004.
[4] Renata Stih/ Frieder Schnock (Hg.), Die Kunst des Sammelns. Beiträge
zur Erinnerungskultur, Berlin (NGBK) 2004.
[5] Staatliche Museen zu Berlin (Hg.), Museum für Gegenwart, Nr. 1/2004.
Die Eröffnungsausstellung „Friedrich Christian Flick Collection“ ist im
Hamburger Bahnhof Berlin noch bis 23. Januar 2005 zu sehen. Weitere
Informationen unter: www.hamburgerbahnhof.de.
Redaktion: Caroline Philipp
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03.01.2005
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